"Es war doch einfach geil": STW-Akteure haben Frieden mit 1999 gemacht

Die Grenzen der Sportlichkeit wurden beim STW-Finale 1999 auf dem Nürburgring überschritten, doch letztlich sind sich alle einig: "Es war eine geile Zeit"

(Motorsport-Total.com) - Keine Frage, die Eskalation beim STW-Finale 1999 war sportlich mehr als fragwürdig, trotzdem geht der Blick heute positiv zurück. Das gilt nicht nur für die Fans, sondern auch für die Fahrer. Es sind Kontroversen, die in Erinnerung bleiben und Sportler zu Legenden machen. So wie am 17. Oktober 1999 auf dem Nürburgring.

Titel-Bild zur News: Christian Abt im cockpit: Damals verbissen, heute gelassen

Christian Abt im Cockpit: Damals verbissen, heute gelassen Zoom

Christian Abt und Uwe Alzen sind nach dem Ende ihrer Rennfahrerkarriere Freunde geworden, schon in den späteren Jahren fuhren sie gemeinsam Porsche auf der Nürburgring-Nordschleife. "Heute lachen wir darüber. Damals haben wir nicht viel miteinander geredet, aber wir hatten schon damals großen Respekt voreinander. Wir wussten genau, dass wir zwei echte Racer sind", sagt Christian Abt im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

Und er bringt es auf den Punkt: "Wir haben brutal gekämpft, aber wir haben es gelebt. Wir haben den Motorsport mit Herzblut gelebt. Und das haben wir auch den Zuschauern vermittelt. Wir haben den Zuschauern deutlich gemacht, was wir machen."

"Und man durfte auch mal Dinge sagen wie: 'Pass auf, du kommst heute nicht bis zur ersten Kurve' oder Ähnliches. Im Fernsehen wurde auch mal geschimpft und geflucht. Das war eine einzigartige Saison. So ein spezielles Duell über die ganze Saison sieht man selten."

Was er damit meint? "Das habe ich schon lange nicht mehr gesehen, dass es so etwas in einer Rennserie gibt, dass zwei so spezielle Typen gegeneinander kämpfen. Die wirklich das Herz auf der Zunge tragen, die sagen, was sie denken, was sie meinen und wie sie sind."

"Das ist heute nicht mehr möglich. Das war einfach toll in unserer Zeit. Deswegen wissen die Leute heute noch, wer ein Uwe Alzen oder ein Christian Abt ist. Weil wir einfach Typen waren."

In der DTM trafen Abt und Alzen wieder aufeinander

In der DTM trafen Abt und Alzen wieder aufeinander Zoom

"Das gibt es auch nicht mehr. Das war nur einmal. Wenn man von der letzten Kurve absieht, war das einfach die geilste Saison, die ich in meinem Motorsportleben hatte. Es waren geile Rennen, Höhen, Tiefen, Dramatik pur bis zur letzten Kurve. Und egal, was ich noch gewonnen habe, ich werde immer auf dieses eine Rennen angesprochen."

Uwe Alzen: Das war doch eine Megagaudi!

Uwe Alzen sieht es ähnlich. Im Gespräch mit Motorsport-Total.com sagt er: "Heute kann ich darüber nur lächeln, aber damals war das teilweise schon kein Spaß mehr - auch abseits der Strecke. Wir waren nicht so gut befreundet. Das war auch ganz normal. Wir waren Konkurrenten und da ging es wirklich um etwas. Heute hat sich das relativiert."

"Natürlich war es im ersten Moment ärgerlich, die Meisterschaft am grünen Tisch zu verlieren. Umgekehrt wäre es genauso ärgerlich für sie gewesen, wenn sie die Verhandlung verloren hätten. So ist eben der Rennsport."

"Aber irgendwann ist auch das vorbei und dann trifft man sich wieder. Bei Kris Nissen ist auch nichts hängen geblieben. Er gratuliert mir jedes Jahr zum Geburtstag, das vergisst er wirklich nie. Wir haben nie über diesen Vorfall gesprochen."

Annäherung: Zwischen 2006 und 2008 fuhren Abt und Alzen gemeinsam Porsche auf der Nordschleife

Annäherung: Zwischen 2006 und 2008 fuhren Abt und Alzen gemeinsam Porsche auf der Nordschleife Zoom

Auch Alzen bestätigt, dass es für ihn die schönste Zeit im Motorsport war: "Ich könnte 1.000 Geschichten erzählen. Wie wir damals im Qualifying mit dem Seitenschneider den Keilriemen durchgeschnitten haben und zwei Runden ohne Lichtmaschine nur auf Batterie gefahren sind."

"Es ist schon verrückt, was wir früher gemacht haben. Das war eine schöne Zeit, die schönste Zeit im Motorsport. Ich bin die schönsten Autos gefahren, in den besten Serien mit GT1-Fahrzeugen in Le Mans und in der STW mit Opel."

"Es war auch generell so eine tolle Zeit, das kommt in der Form nicht wieder. Wir mussten zusätzliche Tribünen aufbauen, um die ganzen Leute unterzubringen. Allein im Fahrerlager waren 20.000 Leute. Das Medieninteresse [auch von Medien außerhalb des Motorsports] war riesig. Daran sieht man, wie sich die ganze Zeit verändert hat. Leider nicht zum Guten."

Damit meint er nicht nur die allgemeine Einstellung der Gesellschaft zum Auto, sondern auch den Motorsport selbst: "Für die Zuschauer war das eine Mega-Gaudi. Das war eine geile Zeit, da konntest du deinem Gegner noch den Spiegel abfahren. Da ging es noch richtig zur Sache. Das war cool!"

"Heute bestrafen wir Unsafe Release und wirklich jeden Mist, der gemacht wird. Das kann man sich nicht mehr anschauen. Die Leute wollen Action sehen. Da wird heute viel zu viel eingegriffen und das macht es für die Zuschauer langweilig." Ein Argument, dem man nur schwer widersprechen kann.

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