"Passe noch in meine Lederkombi" - Katja Poensgen mit WorldWCR-Wildcard?

Katja Poensgen schwärmt von der neuen Frauen-WM, will den Fahrerinnen mit ihrer Expertise helfen und kann sich vorstellen, selbst noch einmal anzutreten

(Motorsport-Total.com) - Beim zurückliegenden WSBK-Wochenende in Misano debütierte die Frauen-WM (WorldWCR) im Rahmenprogramm der Superbike-WM. Katja Poensgen reiste auf Einladung von Motorrad-Weltverband FIM nach Misano und verfolgte das erste Rennen der WorldWCR-Geschichte als Zuschauerin. Zudem gab sie den teilnehmenden Frauen einige Tipps. Wir sprachen mit der ehemaligen Grand-Prix-Pilotin über ihren Besuch, das Format der Frauen-WM und deren Zukunft.

Titel-Bild zur News: Katja Poensgen

Katja Poensgen fuhr Anfang der 2000er in der Motorrad-WM und schrieb Geschichte Zoom

"Es ist toll! Es ist super spannend!", freut sich Poensgen über das Debüt der WorldWCR. "Mein größter Traum war es immer, Weltmeisterschafts-Siege einzufahren. Das habe ich nicht geschafft. Ich habe EM-Titel und DM-Titel, aber keinen WM-Titel. Ich finde es toll, dass wir in jedem Jahr eine Frau haben werrden, die den WM-Titel trägt."

Die Spanierin Maria Herrera gewann beim WorldWCR-Auftaktwochenende beide Rennen und kassierte die Maximalpunktzahl. Einige schwere Unfälle am Samstag überschatteten die Premiere der Frauen-WM. Doch am Sonntag sahen die Fans tollen Rennsport mit spannenden Manövern.

Dass die Frauen jetzt eine eigene WM haben, ist laut Poensgen überfällig. Die ehemalige WM-Pilotin ist ein bekennender Fan der WorldWCR. "Absolut!", begrüßt sie die Frauen-WM. "Jetzt haben alle Frauen die Chance, bei überschaubaren Kosten auf hohem Niveau Motorsport zu betreiben. Das war früher schwieriger."

"Es ist spitze für die Frauen, dass es jetzt diesen Marken-Cup gibt. Damit öffnet sich die Welt des Motorrad-Rennsports für die Frauen", lobt Poensgen. "Ich finde es sehr sinnvoll. Sie können sich jetzt untereinander messen."

Einheits-Cup mit der Yamaha R7, aber wie geht es weiter?

In der WorldWCR-Debütsaison treten die Frauen auf Einheits-Yamahas an. Gefahren wird mit der etwa 75 PS starken R7. "Die R7 ist super zum anfangen. Viele Fahrerinnen kommen von der 300er und der Sprung zur R7 ist nicht so groß", begrüßt Poensgen die Materialwahl.

Yamaha R7

Die WorldWCR wird mit Einheitsmotorrädern von Yamaha ausgetragen Zoom

Vorstellbar ist, dass die Serie in Zukunft geöffnet wird oder man ein anderes Einheits-Motorrad auswählt. Auch eine fortführende Klasse ist eine Überlegung. "Sie sind aber wild am überlegen, wie es weiter geht, damit sie unter sich bleiben können. Die logische Idee wäre, eine weitere Klasse mit größeren Motorrädern zu öffnen, wie es bei den Jungs auch ist", so Poensgen.

Welche Nachteile die Frauen laut Katja Poensgen haben

In ihrer aktiven Karriere schrieb Poensgen in der Saison 2001 Geschichte. Beim Grand Prix von Italien fuhr sie in der 250er-Klasse in die Punkteränge. Für P14 kassierte sie als erste Frau WM-Punkte. "Ich bin gern gegen Männer gefahren. Ich war es gewohnt, ab und an mal einen Ellbogen abzubekommen", blickt sie zurück.

Doch im Kampf gegen die männlichen Rivalen musste Poensgen mit Nachteilen leben. "Ich erinnere mich an ein Rennen auf dem Salzburgring. Damals stand mein Vater in der Schikane und meinte nach dem Training zu mir, dass ich wie eine alte Oma fahre", schildert sie ein prägendes Ereignis.

Katja Poensgen

Katja Poensgen fuhr 2003 ihre letzte Saison in der 250er-WM Zoom

"Christian Kellner war mein Teamkollege und offensichtlich legte er das Motorrad viel schneller von der einen auf die andere Seite, während es bei mir schwerfälliger aussah. Doch er hatte viel mehr Kraft, um das Motorrad hin und her zu wuchten", berichtet sie und stellt fest: "Das fällt den Frauen schwerer."


Fotostrecke: WorldWCR 2024: Die Fahrerinnen der neuen Motorrad-WM für Frauen

"Ich musste meine Unterarme viel stärker trainieren als die Männer, damit ich das Motorrad besser verzögern konnte. Das ist ein Bereich, in dem die Frauen benachteiligt sind. Mein Genick musste ich auch sehr stark trainieren. Andererseits ist es auch reizvoll, gegen Männer zu fahren", bemerkt Poensgen. "Es macht schon Spaß, wenn ein Mann gefühlt auf der letzten Rille bremst und sich dann plötzlich ein blonder Zopf vorbei bremst."

Katja Poensgen liebäugelt mit einer WorldWCR-Wildcard

Welche Rolle kann sich Poensgen im Rahmen der WorldWCR vorstellen? "Ich würde gern als Coach agieren, nicht nur für eine Frau sondern für alle. Ich sehe viel auf der Strecke und kann sicher einige Tipps geben, damit es sicherer wird für alle", erklärt sie.

Katja Poensgen; Lucy Michel

Katja Poensgen im Austausch mit Lucy Michel, der deutschen Teilnehmerin in der WorldWCR Zoom

Aber auch die Rolle der aktiven Teilnehmerin reizt die mittlerweile 47-jährige Deutsche, die Mutter von drei Töchtern ist. "Ich bin noch unter dem Alterslimit. Herr Ezpeleta meinte, ich kann noch mitfahren", bemerkt Poensgen lachend und stellt klar, dass sie zumindest einen Gaststart nicht ausschließt.

"Das würde ich mir auf jeden Fall überlegen, wenn es mir jemand anbietet. Ich passe noch in meine Lederkombi rein", kommentiert Poensgen, die 2017 ihr bisher letztes Motorradrennen fuhr. Ihr finales Jahr in einer Weltmeisterschaft liegt allerdings weiter zurück: 2003 absolvierte sie ihre finale Saison in der 250er-WM.