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Teams fordern feste Startplätze und Preisgeld: Franchise in der IndyCar-Serie?
Die IndyCar-Serie möchte ein ähnliches Charter-System wie in der NASCAR-Serie einführen - Die Teams sollen so zusätzlichen Wert erhalten
(Motorsport-Total.com) - Hinter den Kulissen der IndyCar-Serie, die am 10. März 2024 mit einem Penske-Sieg von Josef Newgarden in St. Petersburg in die neue Saison gestartet ist, brodelt es. Viele Teamchefs fordern ein Charter-System, also ein Franchise-System, wie es beispielsweise aus der amerikanischen NASCAR-Serie bekannt ist. Damit sollen die Teams mehr Wert erhalten, doch im Fahrerlager gibt es auch kritische Stimmen.
© Motorsport Images
IndyCar erwägt die Einführung eines Charter-Systems Zoom
Doch was ist eigentlich ein solches Charter- oder Franchise-System? Die Ursprungsidee stammt aus dem Ballsport in den USA: Weder in der NFL (Football), NBA (Basketball) oder NHL (Eishockey) gibt es ein Auf- und Abstiegssystem wie beispielsweise in der deutschen Fußball-Bundesliga. Die Mannschaften, die an den Meisterschaften teilnehmen, sind Franchise-Nehmer und haben somit einen festen Platz im Oberhaus des Sports.
Diese Unternehmen oder Franchises sind gesetzt und können unabhängig vom sportlichen Erfolg Jahr für Jahr um die Meisterschaft kämpfen. Sie partizipieren an den Einnahmen der Liga und können sich auch in schlechten Zeiten auf ihr Startrecht verlassen. Gleichzeitig haben die Franchises die Möglichkeit, von einer Stadt in eine andere umzuziehen oder ihre Marke zu ändern - so geschehen bei den Washington Red Skins, die jetzt Washington Commanders heißen.
Vorbild: NASCAR
NASCAR hat 2016 ein solches Franchise-System für den Motorsport adaptiert. Ein Team, in den USA ein Fahrzeug mit einem Charter-Bertrag, hat einen sicheren Startplatz bei den 36 Meisterschaftsrennen, aber auch eine Teilnahmepflicht, sonst geht der Charter-Vertrag an NASCAR zurück. Das Team erhält einen größeren Anteil am Preisgeldtopf und kann den Franchise-Vertrag nach Belieben verkaufen.
Und hier liegt der Hund begraben: Das Franchise-System soll einen neuen Wert für die Teams schaffen. Bisher besteht das Vermögen eines Rennstalls aus Material und Autos, aber das ist nicht viel. Ein Charter-Vertrag mit einem festen Startplatz - vor allem beim legendären Indy 500 - und einem höheren Anteil am Preisgeld würde also einen neuen Wert schaffen.
In der NASCAR gingen die ersten Charter-Verträge für kleine Millionbeträge über die Ladentheken, doch schnell entwickelte sich eine Dynamik, die den Wert der Franchise-Papiere massiv in die Höhe trieb. Zwei IndyCar-Teamchefs kennen sich damit bestens aus: Roger Penske und Chip Ganassi. Beide waren bei der Einführung der Charter in der NASCAR aktiv und kennen das Thema wie ihre Westentasche. Penske ist bekanntlich Eigentümer der IndyCar-Serie.
Ganassi und Penske haben Charter-Erfahrung
Während Penske noch in der NASCAR aktiv ist, hat Ganassi sein Team Ende 2021 an Justin Marks und seine Trackhouse-Organisation verkauft - inklusive der beiden Charter-Verträge, für die Ganassi jeweils zehn Millionen Dollar kassiert hat. Im Jahr 2024 kostet ein Charter-Vertrag in der NASCAR, um in den Genuss der Vorteile der Cup-Serie zu kommen, bis zu 40 Millionen Dollar, wenn überhaupt ein solcher Vertrag auf dem Markt ist.
Das Problem: Auch in der NASCAR brodelt es, weil das Franchise-System ausläuft und die Teams stärker an den Einnahmen der Serie partizipieren wollen, weshalb die Charter-Verträge noch nicht verlängert wurden. Zurück zur IndyCar-Serie: Eigentlich klingt es sehr positiv, wenn der Wert der Teams steigt und die Top-Teams bei allen Rennen einen festen Startplatz bekommen. Aber es gibt auch Widerstand im Fahrerlager.
Ganassi ist einer der Teamchefs, die sich Sorgen machen. "Es ist sehr gesund, dass wir zehn Teambesitzer haben, die zehn verschiedene Dinge wollen", sagt er. "Das zeigt, dass die Serie einen guten Job macht, denn niemand kann genau sagen, was wir brauchen. Diese Themen gehören in die Winterpause, da haben die Jungs Zeit. Es ist gut, wenn das Racing wieder losgeht, denn dann hört der ganze Mist wieder auf."
Andretti kritisiert Penske
Laut Ganassi gab es in der CART schon früher eine Art Franchise-System, aber damals waren einige Teamchefs noch nicht involviert. "Ich erinnere mich an die CART-Tage, als es 25.000 Dollar pro Rennen gab. Bei 16 Rennen waren das 400.000 Dollar. Das war der Wert deines Franchise und das war damals viel Geld."
Michael Andretti hingegen beharrt auf einem solchen System. Penskes erste Charter-Idee, bei der die Teams jeweils eine Million Dollar für das Papier zahlen sollten, bezeichnete Andretti als "humorvoll". Alle zehn Teamchefs lehnten diesen Vorstoß ab.
Andretti fordert Penske auf, mehr Geld in die Serie zu investieren. Andernfalls solle er die Meisterschaft - oder zumindest Teile davon - wieder verkaufen, um mit dem Geld die nötigen Investitionen zu tätigen. Laut Andretti gäbe es potenzielle Investoren, die bereit wären, die nötigen Mittel aufzubringen.
Penkse soll Geld investieren
"Es gibt viele Leute da draußen, die einen Rohdiamanten sehen, der nur geschliffen werden muss, wenn man es richtig macht", sagt er. "Aber man braucht viel Geld im Rücken, um dieses Niveau zu erreichen. Wenn er [Penske] nicht bereit ist, das zu tun, dann sollte er aussteigen und jemand anderen die Serie kaufen lassen."
Laut Andretti will Penske aber keine Partner an Bord holen, die Anteile an der Serie bekommen würden. "Ich habe ihm gesagt, er soll einen Teil der Serie an jemanden verkaufen und das Geld investieren. Er behält die Kontrolle, aber er bekommt das Geld zum Investieren, aber er will keine Partner." Andretti kritisiert den Besitzer der IndyCar-Serie, bekommt aber sofort Rückendeckung von Ganassi.
"Wenn Michael ein Milliardär wäre, würde er das vielleicht anders sehen", sagt Ganassi. "Jeder, der den Indianapolis Motor Speedway ohne Fans auf den Tribünen betreiben kann, hat meine Stimme." Ganassi spielt damit auf die Coronavirus-Pandemie an, die alle Sportarten hart getroffen hat. Doch Penske hat es geschafft, die IndyCar-Serie und die Strecke, die seit 2019 in seinem Besitz ist, über Wasser zu halten.
Ganassi deckt Penske den Rücken
"Er hat das Geld zusammenbekommen, um die Strecke zu kaufen, er hat sie während COVID am Laufen gehalten und er hat die Serie am Laufen gehalten", sagte Ganassi. "Es tut mir leid, aber ich gebe ihm dafür einen Freifahrtschein für ein paar Jahre, damit er wieder auf die Beine kommt." Während Ganassi seinen Weggefährten unterstützt, will Andretti nicht, dass Penske das Geld der anderen Teamchefs einsammelt und hortet.
Aber warum glaubt Ganassi, dass ein Franchise-System helfen könnte? "Es gibt zu viele unbeantwortete Fragen", sagt er. Die zentrale Frage ist: Was bringt ein solches System der Serie? Wenn alle ein solches System als sinnvoll erachten, könne es weitergehen, so der Teamchef. Aber die Frage nach dem Warum muss beantwortet werden. Was sind die Ziele?
Ganassi kritisiert auch, dass alle Teams ihr eigenes Süppchen kochen, anstatt sich wie in der NASCAR zu organisieren und einen Sprecher für die Rennställe zu haben. Dieser würde dann mit der Serie verhandeln. "Wir brauchen eine Stimme für die Besitzer, eine Vollzeitperson, die das alles für uns macht", so Ganassi.
IndyCar will Charter einführen
Doch wie sieht IndyCar das Thema? In den Büros wird derzeit kräftig aufs Gaspedal gedrückt, denn Penske-Präsident und -CEO Mark Mile sieht die Einführung eines Franchise-Systems in greifbare Nähe rücken. Wenn alles klappt, soll ein solches Charter-System bereits vor dem Indy 500 2024 eingeführt werden.
"Wir haben bei den vergangenen Teamchef-Meetings verschiedene Charter-Konzepte vorgestellt", sagt er. "Aber wir sind noch nicht zu einem Konsens gekommen, wie die endgültige Version aussehen soll. Aber wir haben jetzt einen guten Ausgangspunkt, der dem Thema Charter mehr Schwung verleihen könnte. Wir werden jetzt mit einer kleineren Gruppe von Eigentümern arbeiten."
Ziel ist es, ein ausgeklügeltes System zu entwickeln, das vielleicht schon vor dem Indy 500 am 26. Mai 2024 zum Einsatz kommen könnte. "Der Grund, warum wir das jetzt machen wollen, ist, dass wir schon seit einiger Zeit darüber sprechen und eine Lösung finden wollen. Wir müssen mit den Teams sprechen, um zu verstehen, was sie brauchen und was einen Wert für sie und die Serie schaffen würde."
Indy 500 2024 das Ziel
Es ist noch nicht einmal Mai und IndyCar hat noch Zeit, das Feedback der Teams zu sammeln. Mile will mit IndyCar-Präsident Jay Frye und einer kleineren Gruppe von Teamchefs den nächsten Schritt entwickeln, um das Konzept fertigzustellen. "Wir müssen das jetzt durchziehen", so Miles. Die Ergebnisse, so der Penske-Präsident, könnten 2023 als Grundlage für die Vergabe von Franchise-Verträgen dienen. Die Vollzeit-Teams von 2024 hätten auch einen Einfluss.
Ob das bis zum Indy 500 reicht, steht in den Sternen. Die Teams könnten von dem Charter-System profitieren und ihre Wirtschaftlichkeit durch mehr Preisgeld verbessern. Verträge könnten im Wert steigen und bei einem Verkauf hohe Erlöse bringen - gerade für Teams, die ihr Engagement reduzieren oder beenden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Interesse an der Serie groß ist und sich ein Markt entwickelt.
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