• 02.06.2013 17:37

  • von Pete Fink

Detroit: Wieder Wirbel hinter den Kulissen

In Detroit brodelt es wieder: Die IndyCar-Piloten schimpfen gegen die Rennleitung, die Themen Aero-Kits und neue Hersteller kochen erneut hoch

(Motorsport-Total.com) - Nur eine Woche nach dem Indy 500 gibt es bei den IndyCars hinter den Kulissen erneut Streit. Dieses Mal steht Renndirektor Beaux Barfield im Fokus, dem die Piloten einige sonderbare Regelauslegungen vorwerfen. Dies führte nach den Informationen der 'AP' dazu, dass ein Fahrermeeting am Freitagabend fast zu einer Palastrevolution wurde. Ein eilig angesetztes zweites Meeting am Samstag scheint die schlimmsten Wogen nun geglättet zu haben.

Titel-Bild zur News: Detroit Belle Isle GM Hauptquartier

Blick von der Belle Isle auf das GM-Hauptquartier: Wirbel in Detroit Zoom

Dem Vernehmen nach hatte sich die aktuelle Situation nach dem Sao-Paulo-Rennen entwickelt. Damals hatte Leader Takuma Sato (Foyt-Honda) den drängelnden Josef Newgarden (Fisher-Honda) rundenlang geblockt, ohne dass Barfield einschritt. Letztlich gewann dann James Hinchcliffe (Andretti-Chevrolet) das Rennen, doch die 'AP' zitiert Hinchcliffe in dem Sinne, dass der eigentliche verdiente Sieger des Brasilien-Events Newgarden heißen müsste. Wenn die IndyCar-Rennleitung korrekt vorgegangen wäre und Sato wegen Blockierens bestraft hätte.

Der nächste Fauxpas ereilte die Rennleitung dann im Indy 500, als man nach dem Rennen das Rahal-Duo Graham Rahal und James Jakes bestrafte. Beiden Piloten war eine saftige Geldstrafe aufgebrummt worden, weil sie sich nach einem Boxenstopp nicht regelkonform verhalten hatten. Nach einem Einspruch und einem Videostudium nahm Barfield die Strafen zurück mit der Begründung, beide Piloten hätten sich bis zum betreffenden Restart wieder ordnungsgemäß eingereiht.

Die Situation eskalierte dann nach der Qualifikation vom Freitag, als es gelbe und rote Flagge hagelte. Dabei ging es den Piloten um die Frage, warum es so lange dauerte, bis nach einem Dreher von Helio Castroneves die rote Flagge kam. Zudem wurde hinterfragt, warum bei einer ähnlichen Situation in der anderen Gruppe (Dreher von Charlie Kimball) nur ein lokales Gelb gezeigt wurde, das wiederum nur einen Teil der Piloten betraf. In der Tat: Schon in der gesamten Quali-Saison 2013 zeigt die Rennleitung keine besondere Konsistenz in der Regelauslegung, was den Kampf um die Startplätze nach Ansicht einiger Piloten zu einem Lotteriespiel macht.

Dauerbrenner Aero-Kits

Derrick Walker

Derrick Walker: Gleich jede Menge Arbeit für den neuen Rennchef Zoom

Es liegt also mächtig Ärger in der Luft, was der neue oberste IndyCar-Wettbewerbsdirektor Derrick Walker so formulierte: "Ich muss zugeben, dass das Meeting am Freitag nicht gerade gut gelaufen ist. Daher haben wir das zweite Treffen am Samstag angesetzt. Dort hat sich Beaux deutlich erklärt, was die Situation entschleunigt hat. Aber so schlimm, dass man von einer Meuterei sprechen kann, war es auch wieder nicht."

Walker versucht die Wogen zu glätten, ohne eine Position der Stärke aufzugeben: "Die Rennleitung wird immer zwischen den Fronten aller Interessen stehen. Unser Job wird es sein, dass man damit aufhört, uns herum kicken zu wollen. Vor allem muss das ständige Gemecker aufhören, denn das bringt uns keinen Schritt weiter und verschafft uns keine neuen Fans. Wir müssen als geschlossene Gruppe auftreten und das sollte unser einziger Fokus sein."


Fotos: IndyCars in Detroit


Da tut es gut, dass hinter den Kulissen scheinbar eine Entscheidung zum leidigen Thema der Aero-Kits getroffen wurde. Nach den Informationen des 'IndyStar' sollen die Aero-Kits nun zur Saison 2015 kommen. Auch dahinter steht der neue starke Mann Walker, der den schon seit 2012 überfälligen Schritt begründete: "Mit den Kits wird es ein ganz neues Spiel werden, denn damit bekommen auch andere Firmen die Chance, bei uns mitzumachen. Es ist also ein Markenelement, ein Performance-Element und natürlich auch ein Fan-Element."

Doch nicht alle sind Pro-Kits, zum Beispiel Dale Coyne: "Unser aktuelles Racing ist sehr stark und wir brauchen nichts, was das Racing kaputt macht. Wir brauchen viel Geld, um unseren Sport zu promoten." Zustimmung findet Coyne bei Will Power - zumindest teilweise: "Unser Problem ist mit Sicherheit nicht das Racing, das müssen wir nicht verbessern. Aber die Kits bringen mehr Technologie in die Serie und das kann schon ein Element sein, das dabei hilft, dass uns mehr Menschen zuschauen."

Immer wieder ein Thema: Neue Hersteller?

Tony Kanaan, Carlos Munoz, Marco Andretti, Ryan Hunter-Reay

TV-Quoten: Das Indy 500 verzeichnete einen Minurekord Zoom

Auch das ist ein Fakt: Trotz turbulenter und spektakulärer Rennen befinden sich die TV-Quoten nach wie vor im Sinkflug, wofür es sicherlich viele Gründe gibt, die mit dem Renngeschehen selbst nichts zu tun haben. Vor allem ein Übermaß an politischen Wirren, was seit Jahrzehnten Realität ist und definitiv nicht dazu beiträgt, neue potente Großsponsoren anzulocken. Zum anderen natürlich der leidige TV-Vertrag, der einen Großteil der IndyCar-Rennen auf hintere Kabelsender schiebt.

Abgesehen von politischer Ruhe und stabilen Regeln gäbe es noch einen dritten Faktor, der die hundsmiserable Außendarstellung der IndyCars aufwerten würde: Neue Hersteller - und auch dies war am Rande der "Motor City" von Detroit ein Thema: Im Fokus stehen dabei Toyota und Ford, zumindest wenn es nach den IndyCar-Platzhirschen Honda und Chevrolet geht. Die wünschen sich eine Teilnahme ihrer beiden großen Konkurrenten, wie Mark Reuss, der General-Motors-Chef USA und Art St.Cyr, der Rennchef von Honda USA, quasi unisono betonten.


Detroit: Die Highlights aus Rennen 1

Grand-Am-Teambesitzer Michael Shank wäre einer derjenigen, der sich sofort mit einem IndyCar-Einstieg befassen würde, wenn sein langjähriger Grand-Am-Motorenpartner Ford mitziehen würde. Shank war bereits im Besitz eines neuen Dallara-Chassis, das er im Winter an Sam Schmidt verkaufte. "Wir glauben, dass dies die Technologie von der Straße mit dem Rennsport ideal verknüpfen würde", sagte Shank den 'Detroit News'. Immerhin setzt die Ford Motor Company stark auf die Eco-Boost-Technologie, die laut Shank auch für die turbobfeuerten V6-Motoren der IndyCars passen würde.

Doch bei Ford verfolgt man derweil andere Ziele: Dort will man neben den Klassikern verstärkt auf die Sportarten setzen, die beim jungen Publikum für Furore sorgen. NASCAR, die Dragster-Szene und die Sportwagen sind die klassischen Fixpunkte der Ford-Strategie plus - neu - die X-Games und der Rallye Cross. "In der Renngeschichte der USA spielte Ford immer eine große Rolle", sagte Ford-Rennchef Jamie Allison der 'AP'. "Aber wir müssen uns auch in Richtung Zukunft orientieren und wollen eine Gruppe erreichen, die den Kontakt zu den Automobilen verloren hat."