Reifentest sorgen für Zank: "Reinste Geldverschwendung!"
Pirelli will nach Grands Prix regelmäßig testen, um neue Reifen zu entwickeln, die Zeche aber den Teams überlassen - Jetzt soll der FIA-Motorsport-Weltrat eingreifen
(Motorsport-Total.com) - Die Testfahrten wurden in der Formel 1 in den vergangenen Jahren sukzessive eingedampft, um Kosten zu sparen. Ausgerechnet in der großen Finanzkrise der Königsklasse soll es die Kehrtwende geben - zumindest, wenn es nach Reifenzulieferer Pirelli geht. Die Italiener wollen 18 Testtage pro Saison, die mit wechselnden Teams regelmäßig nach den Grands Prix an Ort und Stelle abgehalten werden - beginnend schon nach dem diesjährigen Finale in Abu Dhabi. Doch der Widerstand ist massiv. Um die verfahrene Situation zu klären, soll der FIA-Motorsport-Weltrat in der kommenden Woche darüber abstimmen.
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Reifentests sorgen für Eintracht der kleinen Teams, aber für Zweitracht im Paddock Zoom
Es geht wie so oft in der Formel 1 ums Geld: Pirelli beteiligt sich abgesehen von der Streckenmiete nicht an den Aufwendungen für die Tests, sondern lässt die Teams für die Umkosten aufkommen. Die Rede ist von rund 200.000 Euro pro Tag. Das ist insbesondere den kleinen Mannschaften ein Dorn im Auge, weshalb sie mehr Erkundungsgelegenheiten für den Reifenzulieferer blockierten. "Mehr Tests würden Kosten dramatisch in die Höhe schrauben. Deswegen bin ich total dagegen", warnt Franz Tost.
Der Toro-Rosso-Teamchef hält zwei Tests vor dem ersten Grand Prix für genug und glaubt, dass jeder so genannte "In-Season-Tests" im Rennbetrieb es nötig machen würde, eine bis zu 22-köpfige Mechaniker- und Ingenieurstruppe nur zu diesem Zweck aufzubauen. "Am Ende des Jahres geben wir zehn Millionen mehr aus. Ist das nötig? Absolut nicht. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass wir auch ohne Testen unsere Ziele erreichen", sagt Tost, "das ist doch einfach nur die reinste Geldverschwendung!"
Wahrscheinlich müsste auch ein zusätzliches Auto her, was Force India mit einer Million Euro an Kosten beziffert. Nötig soll die Investition laut Pirelli deshalb sein, weil das Unternehmen drei Entwicklungsaufträge hat: Eine fünfte Reifenmischung für 2016, neue Regenpneus und breitere Walzen für die große Novelle 2017. Damit nicht das Reglement geändert werden muss, wollen die Italiener 2013er Boliden mit aktuellen Antrieben auf den Strecken sehen. Dazu erfahrene Piloten, keine reinen Paydriver.
Dem Kostenargument schließt sich McLaren-Rennleiter Eric Boullier und nimmt Abstand von der Idee. Damit Pirelli doch mehr Testtage bekommt, fordert er die Italiener auf, einzulenken und finanzielle Zugeständnisse zu machen, wobei er für den geforderten Umfang kein Verständnis hat: "Vielleicht ein paar Tage", relativiert Boullier. Vijay Mallya kann sowieso nur den Kopf schütteln: "Da geraten die Kosten völlig außer Kontrolle", beklagt der Force-India-Boss und sieht alte Zeiten wiederkommen.
Lotus-Geschäftsführer Matthew Carter gibt zu bedenken, dass Fortschritte bei der Sicherheit und der Zuverlässigkeit der Reifen einen Test doch lohnend machen würden. Christian Horner gibt mit Blick auf die Pneus für 2017 zu bedenken, dass die Entwicklung nicht damit vorangetrieben ist, die Prototypen an aktuelle oder frühere Boliden zu stecken: "Die Aerodynamik wird eine ganz andere sein als noch 2016. Es wird schwierig, ein Auto zu bauen, das das simuliert, was Pirelli braucht. Sie werden wie wir alle auf Simulationen angewiesen sein - oder sie finden einen Weg außerhalb der Formel 1", schüttelt der Red-Bull-Teamchef den Kopf.