Red Bull: Erst "Schlag in die Magengrube", dann Sternstunde

Red Bull gehörte in China eindeutig zu den Hauptdarstellern: Während Daniil Kwjat für Aufregung sorgt, fährt Daniel Ricciardo nach Pech eines seiner besten Rennen

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich hatte Red Bull beim Großen Preis in China ein schwieriges Rennen erwartet, weil die Charakteristik der Strecke nicht so recht zum RB12 passt, doch am Ende ging das Team mit den Rängen drei und vier und satten Punkten nach Hause. Daniil Kwjat konnte nach einem gewagten Manöver am Start seinen zweiten Podestplatz nach Ungarn 2015 einfahren, Daniel Ricciardo zeigte nach einem Reifenschaden eine Wahnsinns-Aufholjagd.

Titel-Bild zur News: Daniil Kwjat

Daniil Kwjat konnte sich über den zweiten Podestplatz seiner Karriere freuen Zoom

"In der zweiten Rennhälfte bin ich wahrscheinlich eines der besten Rennen meines Lebens gefahren", meint der Australier nach dem Grand Prix, bei dem er reihenweise Gegner um Gegner überholte. Doch eigentlich wollte der dreimalige Rennsieger von weiteren Überholmanövern absehen, nachdem er am Start in Führung gehen konnte, doch das Glück war ihm im Anschluss nicht treu, als ihm bereits nach drei Runden der Reifen platzte.

"Aus Kurve 11 und 12 kommend, vor der langen Gegengeraden, habe ich gespürt, wie der Hinterreifen angefangen hat zu rutschen", berichtet er den entscheidenden Moment. Fortan konnte er nichts mehr tun, als sich an die Box zu retten. Pirelli bestätigt, dass es sich bei dem Zwischenfall um einen von Trümmerteilen verursachten Schaden handelte. "Auf der zweiten Runde gab es hier und da Trümmerteile. Aber ich habe kein größeres Teil gesehen, das ich mitgenommen hätte. Daher kam es unerwartet", so Ricciardo, der nach seinem Stopp kopfschüttelnd durch die Box fuhr.

Safety-Car kostet mögliches Podium

Doch das Pech hielt noch eine weitere Wendung für den 26-Jährigen bereit: Kurz nachdem er zum Reifenwechsel bei seinen Mechanikern war, schickte die Rennleitung das Safety-Car wegen der Trümmerteile auf die Strecke heraus. Zum einen war das für Ricciardo natürlich bereits zu spät, zum anderen war der Zeitpunkt auch für seinen weiteren Rennverlauf unpraktisch. "Das Safety-Car hat uns zusätzlich zurückgeworfen. Es war schon ein Schlag in die Magengrube", seufzt er.

"Ich glaube, dadurch haben wir den zweiten Platz verloren", hadert Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko, der das Safety-Car vielleicht einen Moment früher auf die Strecke geschickt hätte, die Rennleitung aber verstehen kann: "Die Kamera hat es nicht eingefangen. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber es sind ja in der Folge noch mehr Teile entdeckt worden. Nur waren wir die Leidtragenden, weil wir geführt haben."

Auch Ricciardo glaubt, dass ihm dadurch eine Champagnerdusche entgangen sei: "Heute dachte ich natürlich, mit Champagner spritzen zu können, aber ein Teil von mir lächelt trotzdem, weil ich weiß, dass das in diesem Jahr noch einige Mal möglich ist", sagt er. Denn die Leistung nach dem Schaden war durchaus beeindruckend.

Red Bull lobt Pace des RB12

"Das Auto arbeitet wirklich toll. Die harte Arbeit zahlt sich endlich aus", hat Teamchef Christian Horner bei 'Sky Sports F1' erkannt. "Das ist Zeugnis dessen, was unsere Jungs in Milton Keynes leisten. Es übertrifft unsere Erwartungen. Hier aus der ersten Reihe zu starten, Dritter und Vierter zu werden, mit den Ferraris zu kämpfen, einen von ihnen mit beiden Autos zu schlagen, ist mehr als wir uns erhofft hatten."

Daniel Ricciardo

Nach dem verpatzten Auftakt legte Daniel Ricciardo eine starke Fahrt hin Zoom

"Generell bin ich mit unserem Speed heute sehr zufrieden. Auf allen Reifentypen waren wir annähernd bei der Spitze", lobt auch Helmut Marko, und für Daniel Ricciardo war die Überholschlacht ebenfalls eine Freude: "Es sieht sehr vielversprechend aus. In allen drei Rennen konnten wir hier und da ein paar Stärken ausspielen, und das an einem Punkt im Jahr, an dem wir noch nicht angenommen hatten, diese Stärken zu haben. Das Potenzial ist groß."

Das Potenzial genutzt hat heute dafür Teamkollege Daniil Kwjat, der auf Rang drei landete. "Kwjat ist sehr überlegt gefahren. Vettel war am Ende nicht zu knacken. Trotzdem wird das sein Selbstbewusstsein stärken", lobt Teamchef Horner die Leistung seines Youngsters, der im Anschluss des Rennens noch für Wirbel sorgte, weil Sebastian Vettel ihn zur Rede stellte, weil der Russe seiner Meinung nach zu hart in die erste Kurve gefahren sei und so den teaminternen Unfall bei Ferrari ausgelöst habe.

Kwjat: Aggressiver Start hat sich ausbezahlt

Doch Kwjat blieb im Gespräch mit dem Heppenheimer cool. "Wenn die Emotionen hochkochen, diskutiert man solche Dinge", hat er Verständnis für den Ärger des Deutschen. Doch er verteidigt seine Attacke: "Solche Manöver in der ersten Kurve bringen einen auf das Podium. Für mich war es heute entscheidend, dass ich das Risiko eingegangen bin. Es hat sich ausbezahlt", sagt er.


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Auch Horner verteidigt seinen Piloten und spricht von einem "fantastischen Job". Für seinen Ex-Schützling Sebastian Vettel findet er kritische Worte: "Für mich sah es ein bisschen so aus, als würde Sebastian jemand anderem die Schuld dafür geben wollen, dass er seinen Teamkollegen da abgeschossen hat. Ich habe es nicht so gesehen", so das Urteil des Briten. "Da war eine Lücke, Daniil hat versucht, da reinzustechen. Das machst du natürlich als Rennfahrer."

Kwjat sieht seine Entscheidung als richtig an: "Wir können stundenlang diskutieren, aber ich bin auf dem Podium. Ich weiß nicht wo ich gelandet wäre, wenn ich es nicht versucht hätte." So kam der Russe in seiner Formel-1-Karriere zum zweiten Mal auf das Podium und ist darüber natürlich ziemlich froh, denn das letzte Mal ist seinem Empfinden nach schon lang her. "Ich bin glücklich, dass es wieder geklappt hat und hoffe, dass noch viele mehr Podien kommen werden."