Perez: In die Fußstapfen von Senna, Häkkinen & Co.

Am Sonntag bestreitet der erst 23-Jährige Sergio Perez sein erstes Rennen für McLaren und erlebt damit einen völlig neuen Druck - Kein Kovalainen 2.0

(Motorsport-Total.com) - Als Bruce McLaren 1966 in Monaco zum ersten Mal mit einem Auto, das seinen Namen trug, in der Formel 1 an den Start ging, wusste er mit Sicherheit nicht, dass auch 47 Jahre später noch der Name McLaren in aller Munde sein wird. Nur Ferrari toppt das britische Team noch in Sachen Formel-1-Tradition. Zwölf Fahrer- und acht Konstrukteurstitel kann McLaren mittlerweile vorweisen, und beinahe in jedem Jahr gelten die Chrompfeile zumindest als Mitfavoriten.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez, Jenson Button

Vorhang auf für die neue Saison: Sergio Perez und Teamkollege Jenson Button Zoom

Mit Lewis Hamilton und Jenson Button hatte das Team aus Woking in den vergangenen drei Jahren zwei Weltmeister als Fahrergespann, 2013 soll ein junger Mexikaner mit gerade einmal zwei Jahren Formel-1-Erfahrung den Abgang von Hamilton kompensieren. Glaubt man den üblichen Paddock-Klischees, so wechselt Sergio Perez vom kleinen gemütlichen Sauber-Team zur großen sterilen McLaren-Gruppe. "Es ist für einen 23-Jährigen eine beängstigende Firma, ein beängstigendes Team", sagt auch Martin Whitmarsh.

Der Teamchef weiß, welche Herausforderung auf "Checo" wartet: "Wenn er sieht, welche Fußstapfen er zu füllen hat: nicht nur die von Lewis (Hamilton, Anm. d. Red.), auch die von Lauda, Hunt, Prost, Senna, Häkkinen und Räikkönen. Es sind schon einige unglaubliche Talente für das Team gefahren." All diese Fahrer sind im Laufe ihrer Karriere irgendwann einmal für McLaren gefahren und Weltmeister geworden. Das muss auch das Ziel von Neuzugang Perez sein.

Whitmarsh erwartet mehrere Siege

"Er realisiert jetzt, dass es eine Menge Druck gibt als McLaren-Fahrer", analysiert Whitmarsh. "Aber er erkennt auch, dass das Team zusammenarbeitet und wir eine auf den Piloten ausgerichtete Struktur pflegen", möchte der Chef das Klischee der Sterilität nicht überbewerten. Dass Perez aber mit der neuen Situation umgehen kann, davon ist der Brite überzeugt, sonst hätte man den jungen Mexikaner wohl kaum verpflichtet. "Er kann konkurrenzfähig sein", ist er sich sicher.


Fotos: Präsentation des McLaren MP4-28


Das letzte vergleichbare Beispiel lieferte der Finne Heikki Kovalainen. Als Rookie aus einem Mittelfeldteam verpflichtete ihn McLaren zur Saison 2008 an der Seite von Lewis Hamilton. Mit ähnlichen Erwartungen ging er in die neue Herausforderung, doch mehr als ein glücklicher Sieg am Hungaroring 2008 war für Kovalainen nicht drin. Sergio Perez muss nun beweisen, dass er nicht das gleiche Schicksal erleiden wird. "Er und viele andere wären enttäuscht, sollte die Saison ohne Grand-Prix-Sieg für ihn enden", so Whitmarsh. "Ich glaube sogar, dass es mehrere sein müssten. Das ist die Herausforderung, der er sich stellen muss."

Der 23-Jährige muss sich 2013 mit Jenson Button auseinandersetzen, der in drei Jahren das Team komplett von Lewis Hamiltons Seite auf seine eigene ziehen konnte. Mit ihm als Teamleader will McLaren endlich nach fünf Jahren wieder ganz nach oben: "Wenn man in seiner Nähe ist, fühlt man eine Menge Tatendrang und Zuversicht. Er ist ein großartiger Teamplayer. Er ist positiv, aber gleichzeitig auch ein ganz normaler Bursche, mit dem man sich hinsetzen und eine Runde plaudern kann. Sergio hat ihn als sehr, sehr offenen Menschen erlebt und will alles von ihm lernen."

Nummer eins und Nummer zwei?

Und Button sei dazu auch der ideale Lehrmeister, ist Whitmarsh überzeugt: "Jenson wird immer ehrlich sein, wird ihm immer helfen - unabhängig davon, was auf der Strecke passiert. Fährt er aber aus der Box, ist er ein Killer, und so soll es sein." Obwohl der Brite mit 228 Grand-Prix-Start der erfahrenste Pilot, gleichzeitig Weltmeister und bereits im Team integriert ist, wollen die Chrompfeile zumindest nach außen hin Gleichberechtigung demonstrieren. "Wir haben keinen Nummer-eins-Fahrer, auch wenn die Leute dauernd darüber sprechen", winkt der Nachfolger von Ron Dennis ab.

Fernando Alonso und Lewis Hamilton

Fernando Alonso und Lewis Hamilton lieferten sich 2007 einen erbitterten Kampf Zoom

"Teilweise kann es aber zu der Situation kommen, dass ein Fahrer mit mehr Erfahrung die Kontrolle über das Team übernimmt und sich vor dem anderen positioniert", erklärt er weiter. "Die Medien verstehen das dann de facto als eine Nummer eins, das kann funktionieren. In der Vergangenheit haben wir unsere Fahrer gleichbehandelt und unsere Titelambitionen geschmälert, weil sie sich gegenseitig Punkte weggenommen haben." Das will man auch 2013 so beibehalten, denn so hält man es in Woking für richtig. "Das ist unsere Philosophie und sportlich betrachtet der richtige Ansatz. Übernimmt aber ein Fahrer die Initiative und ist konstant vor dem Stallgefährten, dann ist es manchmal besser, sich auf die Fahrer-WM zu konzentrieren."

Wie solch ein Fall auch nach hinten losgehen kann, habe die Saison 2007 bewiesen, als zwischen Fernando Alonso und Lewis Hamilton der sogenannte "Krieg der Sterne" ausgebrochen war. Am Ende verloren beide den WM-Titel nur um einen Punkt an Kimi Räikkönen. "Hätten wir eine andere Philosophie und Strategie gehabt, hätte es geklappt", glaubt Whitmarsh. "Trotzdem bereue ich es nicht. Dass Jenson heute hier ist, haben wir dieser Herangehensweise zu verdanken. Er wäre sonst nicht gekommen."