• 24.10.2015 23:43

  • von Dominik Sharaf

Liebe braucht Zeit: Stewart vergleicht Hamilton mit Beckham

Der Schotte würde sich freuen, wenn Hamilton seine Marke von drei WM-Titeln egalisiert, hält ihn aber "noch nicht für großartig" - Nur Jim Clark steht über allem

(Motorsport-Total.com) - Sollte er sich beim US-Grand-Prix in Austin am Sonntag zum Formel-1-Weltmeister der Saison 2015 krönen, wäre Lewis Hamilton der nach Titeln erfolgreichste Brite in der Geschichte - auf Augenhöhe mit Jackie Stewart, der sich ebenfalls drei Kronen aufsetzte. Der Schotte bedauert es nicht, seine Bestmarke teilen zu müssen. Im Gegenteil: "Lewis hat es verdient", sagt er der 'BBC' und spricht von einer stolzgeschwellten Brust: "Ich würde es eher feiern, als deshalb zu weinen."

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart kann gut damit leben, wenn die nächste Generation ihn überflügelt Zoom

Stewart weiß, wovon er spricht. Schon 1989 gratulierte er herzlich, als der "Professor" gleichzog. "Nach meinem Rücktritt war mein Held unter den Aktiven Alain Prost", bekennt der 76-Jährige. "Als er meine Marke erreichte, war ich an der Strecke und es war ein tolles Erlebnis. Wir haben zusammen ein Glas Champagner getrunken." Darf Stewart sich getrost eine Rennlegende nennen, sieht er den Zeitpunkt für solche Bezeichnungen im Fall Hamilton noch nicht gekommen.

Das liegt weniger am Können oder am Charakter des Mercedes-Stars als an der Tatsache, dass er erst 30 Jahre alt ist und in der Blüte seiner Karriere steht. "Er ist Rennfahrer erster Güte", schwärmt Stewart. "Das Wort 'großartig' lässt sich meiner Meinung nach aber nicht verwenden, weil er noch Rennen fährt. Es müssen Jahre vergehen, um diesen Status zu erhalten." Es habe in Jahrzehnten Formel-1-Geschichte diesbezüglich nur eine Ausnahme gegeben: "Im Fall von Jim Clark - er war großartig, ist aber verunglückt. Aber er war auch der bestimmende Fahrer seiner Zeit."


Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Jackie Stewart

In seiner Heimat Großbritannien wird Hamilton nicht so gefeiert wie andere Sportstars - etwa wie Tennisspieler Andy Murray nach seinem Wimbledon-Sieg oder Bahnrad-Legende Chris Hoy nach seinen Olympiasiegen. Das mag an seinem gewöhnungsbedürftigen Hip-Hop-Image liegen, für Stewart steht jedoch der Zeitfaktor im Vordergrund. Er zieht den Vergleich zu Fußball- und Popstar Beckham: "Es braucht eine Weile, bis man 100 Prozent geliebt. Das passiert nicht in fünf Minuten. Lewis wird es genauso gehen wie David. Man wird ihn anerkennen und ihm applaudieren."

Das Gleiche gilt für Mercedes. Wie die Silberpfeile der Formel 1 zuletzt ihren Stempel aufgedrückt haben, nötigt Stewart Respekt ab: "Das Team ist bemerkenswert." Die Dominanz ließe sich nur mit den Zwanziger- und Dreißigerjahren vergleichen, als Mercedes und Auto Union sich duellierten - oder mit den Fünfzigerjahren, als Mercedes zurückkehrte und mit Stirling Moss sowie Juan Manuel Fangio die Szenerie bestimmte. "Und dann natürlich mit Michael (Schumacher; Anm. d. Red.), der mit Ferrari all die Titel gewonnen hat, weil das Auto so überlegen war", fügt Stewart an. "Es war deswegen schwierig, die Güte der Fahrer zu beurteilen, aber wir wussten, wie gut Michael war."