FIA-Rennleiter erklärt: Darum war Hamiltons Rückwärtsfahrt nicht strafbar
Mercedes-Pilot Lewis Hamilton rettete sein Rennen in Imola, da er sich aus eigener Kraft im Rückwärtsgang aus dem Kiesbett in Kurve 7 befreien konnte
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat den Sieg im Grand Prix der Emilia-Romagna in Runde 31 in der Tosa-Kurve weggeschmissen, am Ende aber Platz zwei gewonnen. Nach seinem missglückten Überrundungsversuch hat er sich gegen die Vorstellung "verwehrt", dass sein Rennen im Kiesbett von Kurve 7 enden würde - und rettete sich im Rückwärtsgang zurück auf die Piste. Doch war das überhaupt erlaubt?
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In der Tosa-Kurve wollte Hamilton eigentlich Russell überholen ... Zoom
"Als ich im Auto da saß in der Bande steckend, habe mich einfach dagegen verwehrt, zu denken, dass das Rennen jetzt vorbei ist. [...] Ich hätte das Auto auch einfach abstellen und aussteigen können, aber ich bin dankbar dafür, dass ich es nicht gemacht habe", schilderte der WM-Führende die bangen Minuten.
Er verbrachte insgesamt eine Minute im Kies von Kurve 7, weil sein Rückwärtsgang zunächst nicht reinsprang. Als ein erster Befreiungsversuch mit einem kontrollierten "Burnout-Dreher" schiefgegangen war, wusste Hamilton, dass es nur noch einen Ausweg aus der Misere gab: Rückwärts zurück auf die Strecken rollen.
Erinnerungen an Nigel Mansell im Portugal-GP 1989
Die Szene erinnerte an einen mittlerweile legendären Moment im Portugal-Grand-Prix 1989. Damals wurde Nigel Mansell die Schwarze Flagge gezeigt (die er ignorierte und später mit Ayrton Senna verunfallte), weil er in der Boxengasse seine Crew verpasste und den Rückwärtsgang einlegte.
Der große Unterschied zwischen den beiden Szenen: Während Mansell auch heute noch für sein Vergehen bestraft werden würde, war Hamiltons Verhalten regelkonform. Denn unter keinen Umständen darf ein Fahrer in der Boxengasse rückwärts fahren.
Das ist in Artikel 28.3 des Sportlichen Reglements klar geregelt: "Zu keinem Zeitpunkt darf ein Auto aus eigener Kraft in der Boxengasse rückwärts fahren." Auf der Rennstrecke sieht die Lage anders aus, denn eine klare Regelung dazu gibt es nicht.
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Tatsächlich ist der Rückwärtsgang in den modernen Formel-1-Boliden gar verpflichtend vorgeschrieben, damit die Fahrer die Möglichkeit haben, im Falle eines Zwischenfalls sich selbstständig aus der Notlage zu befreien. Einzig muss der Pilot gewährleisten, dass er dies auf sichere Art und Weise macht.
Dementsprechend steht in Artikel 27.3 des Sportlichen Reglements: "Verlässt ein Fahrzeug die Strecke, darf der Fahrer wieder weiterfahren, jedoch nur, wenn es sicher ist und ohne einen dauerhaften Vorteil zu erlangen."
Artikel 27.4 ergänzt: "Zu keiner Zeit darf ein Auto unnötig langsam, erratisch oder in einer Weise gefahren werden, die als potentiell gefährlich für andere Fahrer oder andere Personen angesehen werden kann."
Das sagt Renndirektor Masi zur Szene
Die FIA-Rennleitung unter der Obhut von Renndirektor Michael Masi hat daher das Verhalten von Hamilton im Kies von Kurve 7 ganz genau beobachtet. Auch sein Boxenfunk wurde abgehört. Masi war zufrieden mit den Anweisungen, die Peter Bonnington seinem Schützling erteilte.
"Bono" klärte Hamilton über den Verkehr auf der Strecke auf, warnte ihn vor vorbeifahrenden Gegnern und informierte den Piloten über seine Position auf der Strecke. "Das war ein [Manöver], bei dem er rückwärts fahrend aus dem Kiesbett an den Streckenrand gerollt ist", schildert Masi die Szene aus seiner Sicht.
"Als ich Lewis' Funk zwischen ihm und seinem Team abhörte, haben sie ihm die ganze Zeit über gesagt, wo er liegt." Daher war der FIA-Rennleiter mit dem Verhalten des Teams und Fahrers zufrieden und stufte das Manöver als sicher ein.
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In Portugal 1989 wurde Mansell seine Rückwärtsfahrt zum Verhängnis Zoom
"Unter diesen Umständen würde ich nicht in Erwägung ziehen, das den Kommissaren zu melden." Solche Zwischenfälle werden immer unter Betrachtung der jeweiligen Umstände untersucht. Hätte Hamilton sich auf gefährliche Weise zurück ins Rennen gebracht, wäre die Szene anders gehandhabt worden.
Hamilton selbst war nach dem Rennen jedenfalls froh, dass sein Rückwärtsgang schließlich doch funktionierte. "Als ich rausgefahren bin, wusste ich, dass ich nur rückwärts rauskommen würde. Daher bin ich im Rückwärtsgang [zurück auf die Strecke] gefahren."
Nachsatz: "Hätte ich das nicht gemacht, würde ich wohl jetzt immer noch dort feststecken."
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