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Lamborghini Urus SE (2024): Was Sie über den Hybrid bisher nicht wussten
Designchef Mitja Borkert und Entwicklungsleiter Rouven Mohr erklären den neuen PHEV-Urus, der absichtlich weniger Aggro ist, dafür aber viel besser driftet.
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Es ist ja schon ein relativ drastischer Schritt. Gerade für eine Marke wie Lamborghini, die wie kaum eine andere von ihrer Emotionalität lebt. Und dann schickt man bei seinem Bestseller einfach mal die beiden bisherigen V8-Verbrenner-Varianten zum Teufel und ersetzt sie durch einen Hybrid.
© Motor1.com Hersteller
Lamborghini Urus SE Zoom
Also nur damit das klar ist: Es gibt den Urus jetzt nur noch so. Elektrifiziert. Das kannst du doch keinem Lambo-Fan erklären. Also muss das Ganze mal genauer erklärt werden. Und dafür lud man uns zur Deutschland-Premiere des neuesten E-Stiers nach Kolbermoor. Mit dabei: Ordentlich Lambo-Adel - in Form von Design-Chef Mitja Borkert und Entwicklungsleiter Rouven Mohr. Schön für uns: Bei Lamborghini wird deutsch gesprochen. Also zumindest was diese beiden Herren betrifft. Und sie hatten einiges zu erzählen. Wir fassen das Wichtigste zum neuen Urus SE Plug-in-Hybrid für Sie zusammen:
1. Kein Downsizing, der Verbrenner dominiert
Es bleibt beim 4,0-Liter-Biturbo-V8, auch wenn das Aggregat bis auf den Rumpfmotor komplett verändert ist. Zylinderköpfe, Turbolader und Ansaugsystem sind wie die Software neu. Über die E-Maschine konnte man das Ansprechverhalten so modulieren, dass die Turbolader-Auslegung eher in Richtung höhere Drehzahlen optimiert ist. Er entwickelt nun 620 PS und 800 Nm. Der Elektromotor steuert 192 PS und 483 Nm bei. Die Systemleistung beträgt 800 PS und 950 Nm, ein Plus von 134 PS und 100 Nm gegenüber dem bisherigen Urus S. E-Motor und Batterie sind "Konzernware". Das findet man so also auch in Porsche Cayenne und Co.
Rouven Mohr betont, dass die neue Antriebseinheit in allen Drehzahlbereichen bessere Zahlen liefert als die bisherige. Die E-Maschine wird auch dazu genutzt - "und da haben wir sehr viel Applikationsarbeit reingesteckt" - das Ansprechverhalten zu verbessern, das Auto reaktiver und spontaner zu machen.
2. Das Ziel waren bessere Fahrleistungen
"Die Reduktion von CO2 und elektrische Fahranteile, das ist gern genommen, weil wir uns auch als Firma committed haben, den CO2-Fingerprint zu reduzieren. Aber das Target war bei dem Auto bessere Fahrleistungen", sagt Mohr. Und der Chefentwickler ergänzt: "Es gab ja Wettbewerber, die da ein bisschen vorgeprescht sind und da wollten wir ein Statement setzen. Das Auto ist in allen Parametern schneller und performanter als der Vorgänger."
In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h (Urus S: 3,5 s), 11,2 Sekunden von 0 auf 200 km/h (Urus S: 12,5) und eine Höchstgeschwindigkeit von 312 km/h (Urus S: 305 km/h). Diese Werte machen den Urus SE laut Lamborghini zum schnellsten Serienfahrzeug seiner Klasse.
3. Das Gewicht steigt um 180 Kilo
Batterie und E-Maschine bringen eigentlich deutlich mehr Gewicht ins Auto, aber man hat Gegenmaßnahmen ergriffen, damit das Auto "nur" 180 Kilo schwerer wird als der Urus S. Mohr spricht vom "leichtesten Hybridauto im Segment". Heftige 2,5 Tonnen leer sind es trotzdem, wobei der Urus damit etwa gegenüber einem BMW XM (2,8 Tonnen) geradezu als Federgewicht durchgeht.
4. Lamborghini will nicht, dass Sie die Batterie leerfahren
Etwas seltsam, wenn so stark aufs Gewicht geachtet wurde: Die Batterie ist mit 25,9 kWh sehr groß. Die elektrische Reichweite dafür mit um die 60 Kilometer mehr als überschaubar. Aber so viel rein elektrisch fahren soll der Urus-Pilot offenbar eh nicht. Die schärferen Regularien machen den Hybrid unumgänglich und jetzt geht es damit hauptsächlich um zusätzliche Performance.
Lambos Hybridphilosophie: eigentlich fahren Sie die Batterie nie leer. Da seien die Applikation im eigenen Haus und die Betriebsstrategie anders als bei anderen Herstellern, sagt Mohr. Das sei wichtig um eine Leistungskonsistenz zu haben. Es gebe nichts schlimmeres als ein Auto, dass mit voller Batterie die Performance liefert und sich mit leerer Batterie anfühlt, als sei es kaputt.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten zu laden, von denen Mohr den Recharge-Modus eindeutig bevorzugt. Hier wird die Batterie im Fahrbetrieb geladen. Da müsse man dann beim Urus schon ein bisschen fahren, auf der Autobahn ginge das natürlich schneller. An der Wallbox lädt der Urus SE mit 7,2 kW. Dass es nicht 11 kW sind, hat Gewichtsgründe. Der 11 kW-Onboard-Charger wäre 10 Kilo schwerer gewesen.
5. Der neue Allrad soll den Unterschied machen
"Der eigentliche Game Changer bei dem Auto ist, dass wir die komplette Philosophie des Allradantriebs ändern", sagt Rouven Mohr. Bis zuletzt war ein mechanischer Allrad mit Torsen-basiertem Mittendifferenzial verbaut, im Urus SE gibt es erstmals bei Lamborghini ein Hang-on-basiertes Allradkonzept in Kombination mit einer elektronisch geregelten Hinterachs-Quersperre.
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Der Vorteil laut Mohr: Abhängig von Fahrsituation und Fahrstil gibt es einen viel größeren Freiheitsgrad bei der Momentenverteilung. Und damit verspricht der Chief Technological Officer (CTO) "ein ganz neues Level an Fahrspaß im Vergleich zum Vorgänger, wo eine gewisse Grundverteilung mechanisch immer vorgegeben war".
So kann jetzt etwa im Sport-Modus wesentlich heckbetonter gefahren werden. Mohr verspricht "Driftfähigkeit, nicht nur auf Niedrigreibwert, sondern auch auf Hochreibwert". Wenn Sie also schon immer mal mit einem 2,5-Tonnen-Hybrid-SUV quer fahren wollten, bis die 315er-Walzen platzen, dann ist der neue Urus Ihr Auto.
Im Performance-Modus wiederum nutzt man die Freiheit bei der Momentenverteilung dafür, dass das Auto viel exakter den Lenkimpulsen folgt, neutraler und präziser fährt. Und Mohr fasst zusammen: "Der Urus SE bietet das emotionalste Fahrerlebnis in der Geschichte des Urus und wie wir finden auch im Segment." Daran werden sie sich in Sant'Agata Bolognese nun messen lassen müssen.
6. Das Design SOLL weniger aggressiv sein
Wer sich den neuen Urus SE genauer anschaut, erkennt, dass das Auto runder, weniger abstrakt und irgendwie braver aussieht. Für uns ist der Wegfall diverser Kanten vorne und hinten nicht unbedingt eine Verbesserung. Design-Direktor Mitja Borkert spricht davon, das Design an Front und Heck aufgeräumt zu haben im Sinne von Eleganz und Sportivität. Und dass man den neuen Urus mit Absicht weniger aggressiv gezeichnet habe, weil das besser zur Hybrid-Philosophie passe.
Das Auto orientiert sich jetzt am neuen Flaggschiff Revuelto. Und weil das bei einem elektrifizierten Auto noch wichtiger ist, hat man auch die Aerodynamik verbessert. Aerodynamik, Bremse und Kühlung wurden jeweils um 15 Prozent optimiert, die Bremsenkühlung um 30 Prozent. Der Auftrieb an der Hinterachse wurde minimiert und der Wert entspricht jetzt nahezu dem des vorherigen Urus Performante.
Das neue großflächige Gitter im Heckbereich soll an den Gallardo erinnern, einen von Borkerts Lieblings-Lamborghinis. Außerdem habe man bei den Lacken nochmals aufgesattelt und biete nun 400 Farben.
Innen habe man viel an der Ergonomie gearbeitet, sagt Borkert. Außerdem sei das Armaturenbrett nun deutlich schlanker. Es gibt einen größeren Bildschirm mit neuen Grafiken. Außerdem fasse man jetzt immer hochwertige Materialien an, wo auch immer man im Auto hingreife. Im Vorgänger habe man seine Hand auch mal auf Plastik abgelegt, jetzt immer auf Luxus-Materialien.
7. Deutschland ist zweitgrößter Markt weltweit
Seien Sie stolz auf sich, liebe Lamborghini-Liebhaber aus Deutschland - Sie sind tatsächlich der zweitgrößte Markt für den Stier. Weltweit wohlgemerkt. Das darf man sich ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen. Und schön mit einer Flasche Dompi runterspülen.
Im letzten Jahr wurden in der BRD 960 Lamborghinis verkauft. Das sind satte 9,5 Prozent aller Lambo-Neuzulassungen (10.112 Autos in 2023). Da es im letzten Jahr keinen Zwölfzylinder im Angebot gab, war der Urus noch ein wenig beliebter als sonst und für 60 Prozent der Neuzulassungen hierzulande verantwortlich.
Der elektrifizierte Urus SE wird bei 260.000 Euro starten, das sind 10 Prozent mehr als man bisher für den Urus S hinblättern musste. Die Auslieferungen starten Ende 2024 und das Kontingent fürs erste Jahr ist offenbar schon weg.
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