Berufung Vanwall-Markenrechtsstreit: EUIPO entscheidet pro Kolles

Die PMC GmbH ist in der EU nun alleiniger Rechteinhaber des Namens "Vanwall", hat die Beschwerdekammer des EUIPO entschieden - WEC-Rückkehr 2025?

(Motorsport-Total.com) - Der Markenrechtsstreit zwischen der PMC GmbH von Colin Kolles und der Sanderson International Marketing Limited (SIM) des ehemaligen Powerboot-Piloten Iain Sanderson wurde in zweiter Instanz vor der Beschwerdekammer des European Union Intellectual Property Office (EUIPO) zugunsten von PMC entschieden. SIM verliert die Rechte am Markennamen "Vanwall" in der EU.

Titel-Bild zur News: Die Rechte für den Namen "Vanwall" liegen in der EU jetzt ausnahmslos bei Colin Kolles

Die Rechte für den Namen "Vanwall" liegen in der EU jetzt ausnahmslos bei Colin Kolles Zoom

Seit 2021 hatten sich Kolles und SIM darüber gestritten, wer den Namen in der EU nutzen darf. SIM hatte die Markenrechte am Namen Vanwall 2012 von der Dana Corporation erworben. Nach internationalem Markenrecht muss eine Marke über einen Zeitraum von fünf Jahren kommerziell genutzt werden, um den Anspruch auf dieselbe aufrechtzuerhalten.

Die Anwälte von Kolles griffen daher 2021 die bestehende Sanderson-Marke an und beantragten die Löschung in mehreren Regionen der Welt. In Australien wurde die SIM-Marke bereits gelöscht. Der Hauptstreit wird jedoch vor dem EUIPO ausgetragen, da die Europäische Union der Kernmarkt für beide Vanwall-Marken ist.

Der Markenstreit ist kein Gerichtsverfahren, sondern ein behördliches Verfahren, das von außen wie ein Gerichtsprozess aussieht. Das 22-seitige Urteil liegt Motorsport-Total.com vor.

Hervorzuheben ist auch, dass es in diesem Fall immer nur um einen Antrag der Anwälte von Kolles gegen die Marke von Sanderson ging und nicht umgekehrt. Sanderson hat seinerseits die Marke Vanwall der PMC GmbH angegriffen. Dieses Verfahren ist jedoch seit Juli 2022 bis zur endgültigen Entscheidung über die Marke von Sanderson ausgesetzt.

Urteil kein automatisches WEC-Ticket

In erster Instanz wurde im Februar 2023 entschieden, dass die SIM die Rechte am Namen "Vanwall" für Rennfahrzeuge behalten darf. Es handelt sich um die sogenannte Klasse 12 - "Fahrzeuge; Apparate für den Land-, Luft- oder Wassertransport; Tourenwagen; Sportwagen; als Bausatz gelieferte Sportwagen [...]; Motorfahrzeuge; Motorfahrzeuge für den Rennsport [...]." SIM behielt die Rechte an Straßen- und Rennfahrzeugen.

Britische Medien schlossen daraus bereits einen Sieg für Sanderson und stellten die Teilnahme von Vanwall an der Saison 2023 der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) in Frage. Diese stand jedoch nie zur Debatte, da der Angriff der SIM auf die Marke von Kolles auf Eis gelegt war.

Dennoch waren Kolles und seine Anwälte mit dem Ergebnis nicht zufrieden, denn sie wollten die komplette Löschung der SIM-Marken in allen Kategorien erreichen, insbesondere in der besagten Klasse 12. Dies ist ihnen nun gelungen.

Vanwall wurde für die WEC-Saison 2024 abgelehnt

Vanwall wurde für die WEC-Saison 2024 abgelehnt Zoom

Dass Vanwall 2025 in die WEC zurückkehren kann, ist damit aber noch nicht gesichert. Denn darüber entscheidet das WEC-Selektionskomitee des WEC-Veranstalters ACO und des Automobil-Weltverbandes FIA. Und die WEC hat ohnehin schon ein Platzproblem, nicht zuletzt wegen der neuen Regel, dass jeder Hersteller pro Rennen zwei Hypercars einsetzen muss.

Allerdings könnte die unklare Marken-Situation bei der Absage von Vanwall für die WEC 2024 eine Rolle gespielt haben - neben leistungstechnischen Gründen, die Vanwall auf den zu schwachen Gibson-Motor zurückführt.

An Kolles soll es nicht liegen - er kündigte bereits im April an, mit zwei runderneuerten Vanwall Vandervell 680 zurückkehren zu wollen. Unter anderem soll das Hypercar auf den Pipo-Turbomotor umgerüstet werden, der 2021 und 2022 den Glickenhaus 007 angetrieben hat. Das aktuelle Urteil dürfte Kolles Chancen jedenfalls eher verbessern als verschlechtern.

So wurde über die Vanwall-Marke entschieden

Der Standpunkt von Kolles war von Anfang an klar: SIM habe die Marke "Vanwall" seit 2012 nicht hinreichend kommerziell genutzt, weshalb der Antrag auf Löschung gestellt wurde. Die Beschwerdekammer gab den Anwälten von Kolles nun Recht und kritisiert die frühere Entscheidung offen:

"Die Beschwerdekammer kommt zu dem Schluss, dass der Löschungsausschuss zu Unrecht den Antrag auf Löschung der angefochtenen EU-Marke in Bezug auf "Fahrzeuge; Apparate für den Transport zu Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Tourenwagen; Sportwagen; als Bausatz gelieferte Sportwagen [...]; Motorfahrzeuge; Motorfahrzeuge für den Rennsport [...]" in Klasse 12 zurückgewiesen hat."

Da Kolles die Marke SIM angegriffen hatte, lag die Beweislast dafür, dass die Marke ausreichend geschäftlich genutzt worden war, bei Sanderson. Im Februar 2023 war der Löschungsausschuss noch zu dem Schluss gekommen, dass die Zulassung eines Fahrzeugs im August 2016 und die Ankündigung von sechs "Continuation Cars" im Jahr 2019 eine ausreichende Nutzung darstellten.

Dagegen legten die Anwälte von Kolles Beschwerde ein. Denn die SIM konnte nicht nachweisen, dass sie das 2016 zugelassene Fahrzeug selbst verkauft, geschweige denn gebaut hat. Theoretisch könnte das Fahrzeug schon seit Jahrzehnten existieren. Auf britischen Straßen kann so ziemlich alles zugelassen werden - fahrende Sofas haben im Internet bereits Berühmtheit erlangt.

Selbst wenn das Fahrzeug ordnungsgemäß verkauft worden wäre, würde der Verkauf eines einzelnen Fahrzeugs keine ausreichende Benutzung im Sinne des Zeitmoments darstellen, befand die Beschwerdekammer. Die SIM verwies darauf, dass es sich um einen sehr kleinen und exklusiven Markt mit geringen Stückzahlen und hohen Summen handele und legte dazu auch einen Vorstandsbeschluss vor.

Die Kammer stellte jedoch fest, dass selbst bei Luxusgütern wie Renn- und Straßenfahrzeugen eine gewisse Mindestnutzung erforderlich ist, um eine ernsthafte Benutzung der Marke nachzuweisen. Konkret konnte die SIM seit dem Erwerb der Markenrechte im Jahr 2012 kein einziges gebautes oder verkauftes Fahrzeug nachweisen.

Die SIM reklamiert für sich, dass ihre Vanwall-Marke bis zum historische F1-Team zurückverfolgt werden kann (hier Tony Brooks 1957 in Aintree)

Die SIM reklamiert für sich, dass ihre Vanwall-Marke bis zum historische F1-Team zurückverfolgt werden kann (hier Tony Brooks 1957 in Aintree) Zoom

Motorsport-Total.com sprach im Februar 2023 mit Iain Sanderson. Auf die Frage, warum ein solches Fahrzeug bisher nicht gebaut wurde, antwortete er damals, dass ein derart historischer Name wie Vanwall in der heutigen Welt behutsam wieder etabliert werden müsse.

Es scheint jedoch, dass die SIM für ihr Vorhaben, die sechs "Continuation Cars" bauen zu lassen, einfach keinen Partner gefunden hat. Der Versuch, eine Kooperation mit dem italienischen Hersteller Ares Design in Modena einzugehen, sei im Sand verlaufen, so die Kammer.

Hinzu kamen Medien- und Marketingkampagnen Ende 2020 sowie ein geplantes Buch, was die Kammer als nicht ausreichend erachtete. Vor allem in den britischen Medien sorgte die Rückkehr der Marke Vanwall für Aufsehen. Anfragen sowohl eines britischen Magazins als auch von interessierten Kunden über den Zeitpunkt der Einführung der Fahrzeuge blieben laut Urteil unbeantwortet.

Insgesamt konnte SIM keine ausreichenden Belege für die notwendigen internen Vorbereitungen wie behördliche Genehmigungen, Produktionspläne oder finanzielle Vereinbarungen vorlegen, die für eine tatsächliche Markteinführung erforderlich gewesen wären.

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Eine letzte Möglichkeit, die Nichtbenutzung der Marke zu rechtfertigen, bestand darin, triftige Gründe vorzubringen. Die SIM berief sich dabei vor allem auf die COVID-19-Pandemie, die zu einer "Verzögerung in unserer Geschäftsentwicklung und Expansion" geführt habe.

Auch diese Begründung wurde von der Kammer als nicht ausreichend erachtet, um den langen Stillstand zu rechtfertigen, da auch Maßnahmen nicht ergriffen worden seien, die unter den Umständen der Pandemie möglich gewesen wären, wie etwa die Einleitung eines Zulassungsverfahrens für die geplanten Fahrzeuge.

Zuletzt berief sich die SIM auf einen Brief der Nachkommen des Vanwall-Gründers Tony Vandervell, die "entsetzt" darüber seien, dass ihr Familienname "auf einem Auto klebt, das keine Verbindung zu den historischen Erfolgen von Vanwall hat", wie es in dem Brief heißt. Dieses Dokument war jedoch nicht von Belang.

Die SIM hat nun die Möglichkeit, das Urteil gerichtlich anzufechten. Diesen Weg hatte Kolles bereits angekündigt, falls die Entscheidung der Kammer nicht zu seinen Gunsten ausgefallen wäre.

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