Termin-Desaster 24h-Rennen 2025: Und keiner will's gewesen sein

Die 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring, Le Mans und Spa finden 2025 an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden statt - Jeder weist die Schuld von sich

(Motorsport-Total.com) - Es ist ein Debakel, an dem niemand schuld sein will. Selbst für eingefleischte Langstreckenfans ist der Juni 2025 eine Herausforderung. Für alle Beteiligten ist es eine Katastrophe. Schon 2024 war mit allen drei großen 24-Stunden-Rennen innerhalb eines Monats ein Kraftakt. Alle drei Rennen back-to-back-to-back ist dagegen ein Ding der Unmöglichkeit.

Titel-Bild zur News: 24h Spa 2024, Startphase

Drei 24-Stunden-Rennen in 16 Tagen werden sich kannibalisieren Zoom

"Das ist einfach nicht machbar", sagen alle Teamchefs, mit denen man spricht. An alle drei Rennen ist gar nicht zu denken. Vor allem die Teams am Nürburgring blicken aber mit großer Sorge auf den "Double-Header" aus Nürburgring und Spa.

Auch bei den Herstellern schrillen die Alarmglocken. "Das ist für uns eine Riesen-Sorge, weil das nicht zu schaffen ist", sagt BMW-Motorsportchef Andreas Roos. "Man kann die Leute nicht vier Wochen hintereinander [inklusive Le-Mans-Testtag] an die Rennstrecke schicken. Und während man an einer Stelle noch abbaut, müsste man an anderer Stelle schon wieder aufbauen."

Auch Stefan Wendl von Mercedes-AMG kritisiert die Planung als "nicht nachhaltig". Auch wenn Mercedes-AMG nicht von Le Mans betroffen ist, bereitet der "Double-Header" Nürburgring und Spa große Sorgen.

Egal, wo man fragt, die Antwort ist immer dieselbe: Unmöglich, nicht nachhaltig, nicht machbar. Oder schlicht: Wahnsinn. Und am Ende will keiner schuld sein am Termin-Desaster. Es ist wie immer ein gnadenloser Machtpoker.

Das sagen die Veranstalter

Es erinnert ein wenig an das berühmte Bild, als Wilhelm II. vor den Gräbern der Gefallenen des Ersten Weltkrieges stand und sagte: "Ich habe es nicht gewollt." Letztlich äußern sich alle Organisatoren so. Der Gefallene ist in diesem Fall der Sport.

Der ADAC Nordrhein, Veranstalter des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring, lässt auf Anfrage von Motorsport-Total.com ausrichten: "Wir sind mit den Kollegen der SRO und in Le Mans in regelmäßigem Austausch. Keiner der Veranstalter hat ein Interesse an einer solchen Ballung von 24-Stunden-Rennen."

"Dennoch hat jeder seine äußeren Zwänge, die man nur teilweise beeinflussen kann. So müssen wir uns am Nürburgring natürlich mit dem Streckenbetreiber absprechen, vor allem wegen möglicher Kollisionen mit der Großveranstaltung Rock am Ring."

"Gleichzeitig ist für unsere Fans, die rund um die Nordschleife tagelang campen, die Nutzung von Feiertagen ein wichtiger Baustein ihrer Planung. Das wissen wir aus Umfragen, die wir in jedem Jahr machen. Deswegen haben wir unsere Termine bis 2028 schon vor Jahren verkündet, um anderen die Möglichkeit zu geben, sich darauf einzustellen."


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Der ACO, Veranstalter der 24 Stunden von Le Mans, kontert: "Die 24 Stunden von Le Mans finden jedes Jahr traditionell zum selben Zeitpunkt statt - der 24. Kalenderwoche eines Jahres. Das ist immer so der Fall gewesen."

Bei der SRO, die die 24 Stunden von Spa organisiert, mussten wir nicht nachfragen, hier hat sich Stephane Ratel gegenüber Sportscar365 bereits ausführlich geäußert: "Das ist ein Problem. Aber ich habe mit unseren Freunden vom Nürburgring gesprochen, und es gibt nichts, was wir tun können. Wir haben nur diesen einen Termin."

"Sie brauchen vier Wochen Vorbereitung für die Formel 1. Wir wurden [2023] sogar dazu gedrängt, das Fahrerlager am Montag und Dienstag [im vergangenen Jahr] sehr schnell zu räumen, weil die Vorbereitungen für die Formel 1 beginnen. Da können wir nichts machen."

Er weist auch darauf hin, dass das Problem nur für ein Jahr bestehe, da das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ab 2026 wieder im Mai stattfinden soll.

Wie kommt es zu der Ballung?

Dass die 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring und in Le Mans an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden, ist nichts Besonderes. Neu hingegen ist, dass sich im Juni auch noch Spa dazugesellt.

Schuld daran ist die Formel 1, die den Großen Preis von Belgien 2023 vom traditionellen Termin Ende August bis Anfang September vor die Sommerpause verlegt hat. Am letzten Juliwochenende fanden traditionell die 24 Stunden von Spa statt.

Stephane Ratel blieb nichts anderes übrig, als auf Ende Juni auszuweichen. Ratel war darüber sehr verärgert, doch die Formel 1 scheint sich langfristig auf den Juli-Slot festzulegen und gibt den schwarzen Termin-Peter nach unten weiter.


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Beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring wiederum gab es bereits Ärger mit dem Mai-Slot. 2024 sollte das Rennen eigentlich am 11. und 12. Mai stattfinden. Doch dann legte die ausgerechnet vom ACO veranstaltete Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) ihr Rennen ironischerweise in Spa kurzerhand auf denselben Termin.

Zähneknirschend verlegte der ADAC Nordrhein daraufhin das Rennen in den Juni, wo es zum umstrittenen Abbruch kam. Beim Termin im Mai wäre es ein reibungsloses Rennen gewesen.

Wer steht in der Nahrungskette wo?

Die 24 Stunden von Le Mans sind der unangefochtene König unter den Rennen und werden auch wegen des Nürburgrings und Spa kaum auf ein anderes Wochenende ausweichen. Gerade mit dem unglaublichen Herstellerschub in der super erfolgreichen Hypercar-Klasse kann der ACO mit Fug und Recht sagen: "Euer Kalender interessiert uns nicht, richtet euch nach uns oder lasst es."

Dabei sind auch die Kalender der ACO-Schwesterserien zu berücksichtigen, insbesondere der IMSA SportsCar Championship, deren Rennen in Watkins Glen 2025 mit den 24 Stunden von Spa kollidiert.

So bleiben die 24 Stunden auf dem Nürburgring und in Spa. Offiziell pflegen die beiden Rennen ein gutes Verhältnis und das dürfte auch so bleiben.Dennoch gibt es das, was man im Englischen den "Elefanten im Raum" nennt - eine offensichtliche Tatsache, die niemand offen ansprechen will.

Die Frage lautet: Welches Rennen ist wichtiger? Für die Zuschauer ist sie schnell beantwortet: Der Nürburgring zieht jährlich zwischen 200.000 und 250.000 Zuschauer an. Spa verzeichnete 2024 einen Zuschauerrekord von knapp 100.000.

Doch damit ist die Frage nicht beantwortet. Hinter Spa steht die mächtige SRO, die weltweite GT-Autorität schlechthin. Der ADAC ist GT3-Kunde der SRO und der FIA. Und bei aller Freundschaft: Wenn es ums Überleben geht, ist sich jeder selbst der Nächste. Und Ratel hat noch einen Trumpf in der Hand.

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In Sachen Starterfeld sitzt er im Zweifelsfall am längeren Hebel: Die 24 Stunden von Spa sind Teil der GT-World-Challenge (GTWC) Europe. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring zählt zu keiner zusammenhängenden Meisterschaft.

Beide Rennen sind Teil der Interkontinentalen GT-Challenge (IGTC), der inoffiziellen GT3-Weltmeisterschaft. Diese muss aber im Gegensatz zur GTWC nicht zwingend mit den gleichen Fahrzeugen bestritten werden. Vielmehr können die Hersteller bei jedem Rennen neue Teams nominieren, die Punkte für die IGTC sammeln.

Für ein in der GTWC eingeschriebenes Team wäre es also sinnvoller, das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring auszulassen. Und der ADAC Nordrhein ist vor allem auf die zahlungskräftigen GT3-Teams angewiesen.

Welche Lösungen bleiben?

Es gibt nur drei Möglichkeiten: Entweder verschiebt der Nürburgring auf Christi Himmelfahrt (29. Mai bis 1. Juni) oder Spa in den August. Oder es bleibt, wie es ist, und wir erleben den Triple-Header des Grauens.

Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring muss zwangsläufig an einem verlängerten Wochenende stattfinden. Denn nur so ist gewährleistet, dass die ehrenamtlichen Helfer mit einem Urlaubstag hinkommen.

Hinzu kommt das problematische Verhältnis zwischen dem ADAC und dem russischen Eigentümer des Nürburgrings. Der Machtkampf, der unter anderem in der (vorerst?) gescheiterten Nürburgring-Endurance-Serie (NES) gipfelte, hat die Aussichten auf eine Verschiebung nicht gerade verbessert, auch wenn eine solche für 2024 noch erreicht werden konnte.

Eine Verschiebung auf Christi Himmelfahrt würde zudem eine Neuauflage der für den Nürburgring äußerst schwierigen Back-to-Back-Situation mit Rock am Ring bedeuten, das 2025 vom 6. bis 8. Juni in der Eifel stattfindet. Daher scheidet auch die Möglichkeit aus, das Rennen an Pfingsten stattfinden zu lassen.

Letztlich stellt sich auch die Frage, ob es im Interesse des ADAC Nordrhein ist, sich zum zweiten Mal in Folge "rumschubsen" zu lassen. Der Termin am Nürburgring wurde zuerst veröffentlicht. Ein erneutes Einknicken wäre politisch ein klares Signal, dass man im Zweifelsfall immer nachgibt.

Bleibt die SRO. Der Kalender würde eine Verschiebung der 24 Stunden von Spa auf Anfang August zulassen. Traditionell macht die GTWC Europe nach Spa drei bis vier Wochen Pause, um den Teams Zeit zur Erholung zu geben. Das Endurance-Rennen auf dem Nürburgring findet am 31. August 2025 statt. Das letzte Rennen davor ist das Sprintrennen in Misano am 20. Juli.


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Somit bleiben Anfang August zwei Möglichkeiten (2./3. und 9./10. August). Auf dem Circuit de Spa-Francorchamps finden in dieser Zeit hauptsächlich Trackdays statt, auch das wäre kein großes Problem, diese müssten im Zweifelsfall verlegen.

Aber will sich die SRO als Weltmarktführer im GT-Sport wirklich von einer nationalen Veranstaltung in Deutschland verdrängen lassen? Zumal sie, wie oben gezeigt, im Zweifel weniger zu befürchten hat als der Nürburgring?

Hinzu kommt, dass von einer Verlegung eine Vielzahl von Rahmenserien betroffen wäre, die von der SRO betrieben werden oder mit ihr in enger Verbindung stehen. Die SRO hat die Strecke bereits an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden gebucht, um alle Serien unterzubringen. Eine Verschiebung wäre dem Verhältnis zu all diesen Serien nicht zuträglich beziehungsweise würde für die SRO selbst einen erheblichen Mehraufwand bedeuten.

Es ist daher nicht auszuschließen, dass es 2025 tatsächlich dabei bleibt, dass die drei großen europäischen 24-Stunden-Rennen innerhalb von 16 Tagen stattfinden.