Frankreich
Henri Pescarolo gilt nicht nur in seiner Heimat Le Mans als Legende des Motorsports. Nach knapp 60 Starts in der Formel 1 (ein Podestplatz) fand der leidenschaftliche Racer seine Heimat auf der Langstrecke. Insgesamt 33 Starts als Fahrer (vier Siege) und zwölf als Teamchef der eigenen Mannschaft stehen bei den 24 Stunden von Le Mans zu Buche.
Im Februar 2000 gründete Henri Pescarolo nach Abschluss seiner aktiven Karriere das Team Pescarolo Sport. Im gleichen Jahr debütierte man an der Sarthe: Platz vier mit dem Trio Bourdais/Clerico/Grouillard.
Die Mannschaft, die von Pescarolo in sportlichen Dingen geführt wurde, hatte stets eine gute Seele: Henris Ehefrau Madie. Vermutlich war es ihre Idee, bei der Präsentation des Le-Mans-Aufgebotes 2001 alle Piloten mit Pecarolo-Bärten auszustatten.
Das Team wurde größer. 2001 ging man in der ELMS, der FIA-Sportwagen-Meisterschaft, der ALMS und natürlich in Le Mans an den Start. Boullion/Bourdais/Redon kamen an der Sarthe auf Rang 13, die Teamkollegen Clerico/Cottaz/Derichebourg schieden aus.
Nur ein wenig besser schnitten die "Grünen" im Folgejahr ab. 2002 fuhren Boullion/Bourdais/Lagorce den Pescarolo-Courage C60 mit Peugeot-Motor auf Gesamtrang zehn. Das zweite Fahrzeug mit Helary/Katayama/Ortelli schaffte es nicht ins Ziel.
2003 der nächste Schritt: Boullion/Lagorce/Sarrazin holten in Le Mans Platz acht, die Teamkollegen Ayari/Helary/Minassian kamen direkt dahinter über die Linie. In der Sportwagen-Meisterschaft wiederholte man Gesamtrang zwei aus dem Vorjahr.
Der große ChampCar-Star Sebastien Bourdais blieb dem Team ein weiteres Jahr erhalten. 2004 verpasste der Franzose, der in Le Mans geboren wurde, gemeinsam mit Emmanuel Collard und Nicloas Minassian eine Zielankunft. Das Schwesterauto schrammte mit Ayari/Comas/Treluyer knapp am Podest vorbei.
Bourdais ging, ein anderer französischer Superstar kam: 2005 stieg Sebastien Loeb (Bildmitte) in den Pescarolo. Es sollte für die französischen Fans ein großes Fest werden...
Gemeinsam mit Eric Helary und Soheil Ayari schied der spätere Rallye-Rekordweltmeister jedoch aus. Sensationell: Boullion/Comas/Collard wuchteten das Schwesterauto auf den zweiten Gesamtrang! Im gleichen Jahr holte Pescarolo die Titel in der ELMS.
Auch 2006 sicherte man sich die Meisterschaft bei Fahrern und Teams in der europäischen Le-Mans-Serie. Und in Le Mans kam es wieder zu Jubelszenen: Rang zwei für Loeb/Helary/Montagny, Platz fünf für die Kollegen Collard/Comas/Minassian.
Auch 2007 durften Teamchef Henri Pescarolo und drei seiner Piloten vom Le-Mans-Podest winken. Boullion/Comas/Dumas holten Rang drei, das Schwesterauto mit Primat/Tinseau/Treluyer kam nur auf Gesamtplatz 13.
2008 ging es nicht voran. Primat/Tinseau wurde zwar als Siebte in Le Mans gewertet, aber das Topauto mit Boullion/Collard kam nicht ins Ziel. In der LMS wurde man auch mehr und mehr von den Werken gebügelt: Rang drei.
Zum Jahreshöhepunkt 2009 gelang Pescarolo ein vermeintlicher Coup. Peugeot brauchte im Duell gegen Audi weitere Unterstützung. Kurzerhand konnte sich Henri Pescarolo einen Peugeot 908 HDi FAP für Le Mans sichern. Barbosa/Jouany/Tinseau fuhren den Pescarolo 01 auf Platz fünf, aber...
...der schnelle Peugeot konnte nicht das umsetzen, was sich das Werk davon versprochen hatte. Benoit Treluyer zerlegte den Diesel-Boliden in der Nacht - das Aus! Und weil Pescarolo auf den Kosten sitzen blieb, war es auch das Ende des Teams.
Als das Team Pescarolo Sport in die Liquidation ging, kaufte kurzerhand Oak-Boss Jacques Nicolet die gesamte Ausstattung samt Autos - und übergab sie anschließend für einen symbolischen Kaufpreis von wenigen Euros zurück an seinen Freund Henri Pescarolo. Das "Pescarolo Team" war geboren und die "Grünen" wieder da! Collard/Tinseau/Jousse kamen 2011 in Le Mans jedoch nicht ins Ziel.
Zum Jahr 2012 krempelte Pescarolo noch einmal alles um. Sebastien Bourdais kehrte zurück, sein Pescarolo-01 mit Judd-Motor verschwand und etwas Großes bahnte sich an...
Als technischer Partner von Dome setzte man einen S102.5 für die Japaner ein. Der Wagen war nach vielen Einsätzen als Testträger von Toyota jedoch eine Baustelle. "Sensoren überall und ein Kabelbaum, den niemand durchschauen kann", klagte Bourdais. Entsprechend viel Zeit verbrachte man an der Box. Zu viel Zeit: Man kam nicht in die Wertung.
Noch schlimmer das eigene Projekt. Der Pescarolo 03 sollte die große Wende bringen. Aber das Auto auf Basis des Debakel-LMP1 Aston Martin AMR-One wurde auch unter technischer Leitung von Nicolas Perrin nicht gut. Ein peinlicher Auftritt mit einem unglaublichen Höhepunkt...
Der langjährige Pescarolo-Pilot und Vertraute des Teamchefs, Jean-Cristophe Boullion, weigerte sich innerhalb der Le-Mans-Woche plötzlich, in das neue Auto zu steigen. "Viel zu unsicher die Kiste", so der Franzose. Ob wirklich Ängste oder fehlende Gehaltszahlungen der Grund waren, ist bis heute nicht bekannt.
Bekannt ist aber, dass Pescarolo in seiner Geschichte ab 2000 viele Fans gewinnen konnte. Vor allem in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten waren bei Kundgebungen in Le Mans teilweise hunderte "Pesca-Fans" in Blau und Grün unterwegs. Sie werden die sympathische Mannschaft auch weiter in ihren Herzen tragen. Merci, Henri!