Stefan Bradl kommt 2012 als Moto2-Weltmeister in die MotoGP-Klasse und fährt dort fünf Jahre, bevor sein Weg kurzfristig zu den Superbikes und schließlich zurück führt
Stefan Bradl wird am 29. November 1989 in Augsburg (Deutschland) geboren. Seinen größten Erfolg in der Motorrad-WM feiert der Sohn von Helmut Bradl (250er-Vizeweltmeister 1991) in der Saison 2011 mit dem Gewinn des WM-Titels in der Moto2-Klasse.
Stefan Bradls Durchbruch beginnt 2005 im Alter von 15 Jahren mit dem Gewinn der 125er-Klasse der IDM. In der gleichen Saison sammelt er mit KTM auch erste Erfahrungen in der Weltmeisterschaft.
Nachdem er 2007 auf Aprilia auch die 125er-Klasse der spanischen CEV gewinnt, folgen 2008 die ersten beiden WM-Siege in Brünn und Motegi. 2009 kann Bradl allerdings nicht an die starken Leistungen anknüpfen und holt kein einziges Podium.
Trotzdem wagt der Deutsche 2010 mit dem Kiefer-Team den Sprung in die neue Moto2. Auf seiner Suter wird er nach anfänglichen Problemen im Laufe der Saison immer stärker und feiert beim vorletzten Rennen in Estoril seinen ersten Moto2-Sieg.
2011 wechselt Bradl auf Kalex und erwischt einen sensationellen Start. Er gewinnt den Auftakt-Grand-Prix in Katar und triumphiert insgesamt in vier der ersten sechs Saisonrennen. Der Deutsche sieht nach seinem Sieg in Silverstone im Juni bereits wie der sichere Weltmeister aus.
Doch ein gewisser Marc Marquez lässt nicht locker und gewinnt anschließend sechs der folgenden sieben Rennen. Die beiden liefern sich in der Schlussphase der Saison ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel.
Die Entscheidung fällt in Sepang: Marquez stürzt im Training, muss die letzten beiden Saisonrennen auslassen und hat damit keine Chance mehr, Bradl in der WM noch zu überholen. Den Titel widmet der Deutsche später dem in Sepang tödlich verunglückten Marco Simoncelli.
Der Moto2-Titel bringt Bradl einen Platz bei Honda in der MotoGP ein. Allerdings nicht im Werksteam, sondern bei LCR, wo Bradl aber trotzdem eine RC213V-Werksmaschine erhält.
In seinem ersten Jahr in der MotoGP liefert Bradl konstante und solide Ergebnisse, kann allerdings nicht mit den anderen Werks-Hondas von Casey Stoner, Dani Pedrosa und Alvaro Bautista mithalten. Die Weltmeisterschaft beendet er auf Rang acht, bestes Resultat ist ein siebter Platz in Estoril, wo Bradl einst seinen ersten Moto2-Sieg holte.
2013 steigen die Erwartungen an Bradl. Nach einem durchwachsenen Saisonstart mit zwei Ausfällen in den ersten drei Rennen folgen einige gute Ergebnisse. Highlight ist Bradls erste Pole-Position in der MotoGP in Laguna Seca.
Im Rennen ist Bradl seinem alten Moto2-Rivalen Marc Marquez zwar nicht gewachsen, mit Rang zwei sichert er sich allerdings sein erstes MotoGP-Podium. Die Saison beendete er auf WM-Platz sieben, nachdem er nach einem Sturz die Rennen in Sepang und auf Phillip Island auslassen musste.
Die Saison 2014 beginnt für Bradl mit Führungskilometern in Katar. Die Zielflagge sieht der Deutsche nach einem Sturz allerdings nicht. Es ist bezeichnend für die gesamte Saison. Bradl lässt sein Können immer wieder aufblitzen, gute Ergebnisse bleiben allerdings meistens aus.
Höhe- und gleichzeitig Tiefpunkt der Saison folgt ausgerechnet am Sachsenring. Bradl pokert bei schwierigen Bedingungen und startet als einziger Top-Pilot nicht aus der Boxengasse. Der Deutsche beginnt das Rennen dadurch mit einem gewaltigen Vorsprung, doch weil das Set-up nicht passt, fällt er am Ende sogar noch aus den Punkterängen und wird nur 16.
Weil weitere Podiumsplatzierungen ausbleiben und Bradl die Saison nur auf WM-Platz neun beendet, entzieht Honda ihm für die kommende Saison das Vertrauen. Der Deutsche entscheidet sich 2015 beim Forward-Team für einen Neuanfang mit Yamaha in der Open-Klasse.
Doch Mitte der Saison 2015 folgt der nächste Schock: Forward-Besitzer Giovanni Cuzari wird verhaftet, die Zukunft des Teams steht in den Sternen. Es sieht düster aus für Bradl und seine Zukunft in der MotoGP.
Der ehemalige Moto2-Champion einigt sich mit Forward auf eine Vertragsauflösung, um seine Karriere in der MotoGP bei einem anderen Team fortsetzen zu können. Ein neuer Arbeitgeber ist schnell gefunden: Bei Aprilia ersetzt Bradl in der zweiten Saisonhälfte 2015 den entlassenen Marco Melandri. Der Deutsche ist damit erstmals in seiner Karriere Werksfahrer.
In der Saison 2016 bestreitet Stefan Bradl seine erste volle Saison für das Aprilia-Werksteam. Es wird gleichzeitig auch seine vorerst letzte Saison in der MotoGP sein. Topergebnisse waren mit der RS-GP nicht möglich.
Im Winter 2016/2017 wechselt Stefan Bradl in die Superbike-WM und tritt bei Honda als Teamkollege von Nicky Hayden, dem MotoGP-Weltmeister von 2006, an.
Das Jahr entwickelt sich aber zum Desaster. Die neue Fireblade ist nicht konkurrenzfähig, Hayden verunglückt bei einem Verkehrsunfall tödlich. Bradl hat mit Verletzungen zu kämpfen und verlässt er die Superbike-WM am Saisonende.
Stattdessen wechselt Bradl im Winter 2017/18 zurück ins MotoGP-Umfeld und unterschreibt als neuer Testfahrer bei Honda. In dieser Rolle bringt er es 2018 auf fünf Grand-Prix-Starts als Wildcard- beziehungsweise Ersatzpilot.
Bradl wird von Honda als Testfahrer sehr geschätzt. 2019 bestreitet er vier Grands Prix und tritt sogar im Repsol-Team als Ersatz für den verletzten Jorge Lorenzo an. Der Deutsche fährt in allen Rennen in die WM-Punkteränge.
2020 verletzt sich Marc Marquez und Stefan Bradl muss letztendlich für die gesamte Saison einspringen. Von Rennen zu Rennen steigert er sich. In Le Mans glänzt er im Regen mit Platz acht und beim Saisonfinale in Portimao wird es im Trockenen Platz sieben.
2021 bestreitet Bradl fünf Grands Prix: drei als Ersatz für Marc Marquez und zwei mit einer Wildcard. In die Top 10 kommt er nicht, aber seine Fähigkeiten als Test- und Entwicklungsfahrer werden von HRC weiterhin sehr geschätzt.
2022 ein ganz ähnliches Bild: Bradl bestreitet acht Grands Prix, wobei er in sieben Fällen Ersatzfahrer für Marc Marquez ist und in einem Fall mit einer Wildcard von HRC antritt. In die Top 10 kommt er mit der 2022er-Version der RC213V nicht.
2023 fährt Bradl neben einem Rennen für Repsol-Honda und zwei Wildcard-Einsätzen für HRC auch noch drei Rennen als Ersatzfahrer für LCR-Honda. Bei diesen insgesamt sechs Rennen kommt er viermal in die Punkteränge, aber nicht über P13 hinaus.
2024 nutzt Honda im Rahmen der Concession-Regelungen die maximale Anzahl an Wildcards voll aus. Bradl kommt sechsmal zum Einsatz, wobei P14 in Misano sein bestes Ergebnis ist. Seinen vorerst letzten MotoGP-Einsatz hat er beim Saisonfinale 2024 in Barcelona.
Die MotoGP-Bilanz von Stefan Bradl (Stand: Ende 2024): 131 Grands Prix, 1 Podestplatz, 1 Pole. Moto2-Weltmeister 2011.