Phillip Island: Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Mit Platz vier in Australien gelingt Francesco Bagnaia ein wichtiger Befreiungsschlag in seiner schwierigen Rookie-Saison - Warum das für seine Zukunft sehr wichtig ist

Liebe Motorradfreunde,

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia

Francesco Bagnaia fuhr in Australien sein bisher bestes MotoGP-Rennen Zoom

Phillip Island bietet immer tolle Rennen. Für uns Fans ist es immer ein Genuss, die Action auf dieser superschnellen Strecke zu verfolgen. Das Duell um den Sieg war packend bis zum Schluss und auch in der Verfolgergruppe haben wir tolle Zweikämpfe und viele Überholmanöver gesehen. Es gibt einige Fahrer, die nach dem Grand Prix von Australien gut geschlafen haben werden.

Deswegen ist es gar nicht so einfach, einen Fahrer für unsere traditionelle Montagskolumne auszuwählen. Cal Crutchlow war die Erleichterung nach dem zweiten Platz anzusehen, denn der Crash und die schwere Beinverletzung im Vorjahr an gleicher Stelle haben ihm Sorgen bereitet. Und Jack Miller feierte ausgelassen mit seinen Fans seinen Podestplatz beim Heimrennen.

Rookie-Saison schwieriger als erwartet

Heute entscheide ich mich für einen Fahrer, der es ganz knapp nicht auf das Podest geschafft hat: Francesco Bagnaia. Der Italiener musste sich im Zielsprint nur hauchdünn seinem Pramac-Teamkollegen Miller beugen. Platz vier ist für den Moto2-Weltmeister des Vorjahres dennoch ein Befreiungsschlag. Es war sein mit Abstand bestes Ergebnis.

Francesco Bagnaia

Phasenweise führte Bagnaia auch die große Verfolgergruppe an Zoom

Hand aufs Herz: Wer hätte im Winter nicht Bagnaia auf der Rechnung gehabt, um bester Rookie des Jahres zu werden? Die Voraussetzungen dafür waren theoretisch gut. Bagnaia hat seine Klasse in der Moto2 bewiesen. Mit der 2018er-Ducati hat er im Pramac-Team auch ein gutes Motorrad zur Verfügung.

Auf der anderen Seite bekam sein Moto2-Gegner Miguel Oliveira mit der KTM ein nicht so konkurrenzfähiges Motorrad. Viele hielten den Aufstieg von Joan Mir ins Suzuki-Werksteam für verfrüht. Und Fabio Quartararo war im neuen Petronas-Yamaha-Team sehr schwierig einzuschätzen.

Erst zwei Top 10-Ergebnisse bis Phillip Island

Was dann passierte, wissen wir alle. Quartararo hat in der MotoGP eingeschlagen wie eine Bombe und die anderen Rookies ganz klar in den Schatten gestellt. Vor allem Bagnaia blieb hinter den Erwartungen zurück. In den ersten 16 Rennen kam Bagnaia überhaupt nur zweimal in den Top 10 ins Ziel. Das waren Platz neun in Austin und Rang sieben in Spielberg.

Francesco Bagnaia

Zahlreiche Stürze trübten die bisherige Saison des Italieners Zoom

Dazu gab es unzählige Stürze und insgesamt sechs Ausfälle. Bagnaia hatte Mühe mit dem eigenwilligen Fahrverhalten der Ducati. Trotzdem ließ sich der 22-Jährige nie aus der Ruhe bringen. Dank seines VR46-Managements hatte er einen guten Vertrag, denn im nächsten Jahr wird er eine aktuelle Werksmaschine von Ducati erhalten. 2019 konnte Bagnaia also wie ursprünglich geplant als reines Lernjahr betrachten.

Dieser vierte Platz auf Phillip Island ist deshalb aus mehrerer Hinsicht ein Befreiungsschlag für ihn. Erstens war er zum Schluss auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen Miller, der die 2019er-Ducati fährt. Zweitens zeigte er seinen Kampfgeist und ließ nicht nur Andrea Dovizioso hinter sich, sondern auch seinen Mentor Valentino Rossi. Es war ein Erfolgserlebnis, das Bagnaia dringend gebraucht hat.

Bagnaia ein Kandidat fürs Ducati-Werksteam 2021?

Es bleibt abzuwarten, ob er auch in Sepang und Valencia ein ähnlich gutes Rennen zeigen kann, denn hinter den Kulissen werden langsam die Gespräche für 2021/22 beginnen. Und Bagnaia kann durchaus ein Kandidat für das Ducati-Werksteam werden. Nächstes Jahr sitzen sowohl Bagnaia als auch Miller auf der aktuellen Maschine. Man kann davon ausgehen, dass es zwischen den beiden ein Shootout geben wird. Und der Fahrer mit den besseren Ergebnissen könnte 2021 ins Werksteam wechseln.

Francesco Bagnaia

Neben Bagnaia fuhr auch Joan Mir sein bisher bestes MotoGP-Rennen Zoom

Unerwähnt möchte ich an dieser Stelle nicht den fünften Platz von Mir lassen. Auch für den Spanier war das das beste Ergebnis seiner noch jungen MotoGP-Karriere. In den vergangenen Wochen kommt Mir immer besser zurecht und hat zu seinem Teamkollegen Alex Rins aufgeschlossen. Manchmal war er auch schneller. Auch wenn es etwas länger gedauert hat, so hinterlässt Mir einen immer besseren Eindruck. Die neue Generation ist insgesamt gesehen in der MotoGP angekommen!

Ihr,


Gerald Dirnbeck

P.s.: Die Kolumne "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" finden Sie auf unserer Schwesterseite Motorsport.com. Dieses Mal dreht sich alles um die teils überraschende Fahrerwahl von KTM für 2020.

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