Frankreich
Porsche ist mit 16 Gesamtsiegen die bislang erfolgreichste Marke bei den 24 Stunden von Le Mans. Die Stuttgarter gewannen im Jahr 1970 (Herrmann/Attwood) zum ersten Mal an der Sarthe, im Jahr 1998 gelang McNish/Aiello/Ortelli im 911 GT1 der bisher letzte Gesamtsieg des Werksteams. Erfolgreich war man mit unterschiedlichsten Fahrzeugen. Auf diesem Foto ist Joest-Porsche 956 aus dem Jahr 1984 zu sehen, der Henri Pescarolo und Klaus Ludwig zum Sieg trug.
Audi hat die vergangenen Jahre an der Sarthe eindeutig bestimmt. Man sammelte in 14 Jahren insgesamt zwölf Siege. Den Auftakt machten im Jahr 2000 Frank Biela, Tom Kristensen und Emanuele Pirro, die im offenen R8 (Foto) den ersten Erfolg für die Ingolstädter markieren konnten. Im Jahr zuvor hatte man mit zwei Versionen des R8 in Frankreich debütiert: Joest setzte damals den R8R (offen), Audi Sport UK den R8C (geschlossen) ein.
Die goldenen Jahre von Ferrari in Le Mans liegen mittlerweile weit zurück. Die Italiener gewannen zwischen 1949 und 1965 insgesamt neunmal an der Sarthe. Beim bisher letzten Gesamterfolg saßen der Amerikaner Masten Gregory und der spätere Formel-1-Champion Jochen Rindt am Steuer eines Ferrari 250 LM (Foto). Spekulationen zufolge will die Scuderia wieder nach Le Mans zurück. Es halten sich hartnäckig Gerüchte über ein bevorstehendes LMP1-Programm von Ferrari.
Jaguar hat ein solches Revival in Frankreich bereits geschafft. Die britische Marke war zwischen 1951 und 1957 fünfmal siegreich. 1988 konnten Lammers/Dumfries/Wallace im XJR-9LM (Foto) nachlegen. Zwei Jahre später erhöhten Nielsen/Cobb/Brundle mit dem berühmten XJR-12 im Silk-Cut-Design die Jaguar-Bilanz in Le Mans auf bislang sieben Gesamtsiege. Der damalige 7,0-Liter-Benziner im Heck der Flundern brachte einen beißenden Sound.
Die Bentley-Boys haben eine ganze Ära geprägt. Der britische Hersteller hat es in den frühen Jahren des 24-Stunden-Rennens auf insgesamt fünf Siege (zwischen 1924 und 1930) gebracht. Viele Jahre später folgte eine erfolgreiche Rückkehr, die allerdings in Fankreisen zumeist der technischen Expertise der Schwestermarke Audi zugeschrieben wurde. Im Jahr 2003 unterbrachen Tom Kristensen, Dindo Capello und Guy Smith die Audi-Siegesserie mit einem Erfolg im wunderschönen Bentley Speed 8 (Foto).
Ford war am Ende der 1960er-Jahre das Maß der Dinge in Le Mans. 1966, 1967, 1968 und 1969 (Foto) feierte die US-Marke jeweils den Gesamtsieg an der Sarthe, bevor Porsche und Matra die Vormachtstellung übernahmen. 1975 gab es unter der Nennung von Gulf-Ford mit Jacky Ickx und Derek Bell einen weiteren Erfolg in Le Mans. Seither ist der große amerikanische Hersteller nur noch als Motorenlieferant an der Sarthe vertreten gewesen.
Alfa Romeo löste 1931 die bis dorthin in Serie siegenden Bentleys ab. Die Italiener holten sich bis 1934 vier Gesamtsiege in Folge. Unter anderem fuhr der legendäre Tazio Nuvolari 1933 im Alfa Romeo 8C (Foto) nach 24 Stunden als Erster über den Zielstrich. In jener Zeit mischte auch eine Frau die Szene ordentlich auf: Odette Siko erreichte 1932 im etwas kleineren Alfa Romeo 6C das Ziel auf Platz vier. Die Französin startete viermal beim Klassiker - ebenso oft wie Claudia Hürtgen, Lella Lombardi und Vanina Ickx.
Die Jahre 1972 bis 1974 gehörten Henri Pescarolo und der Mannschaft von Matra-Simca. Der Franzose holte sich drei Siege in Serie. Beim ersten Triumph agierte Graham Hill an der Seite von Pescarolo, der 1972 somit seinen Motorsport-Grand-Slam komplettierte: Siege in der Formel 1, beim Indy 500 und in Le Mans. 1973 hielten Pescarolo/Larrousse den Ferrari 312 P/B (Merzario/Pace) unter Kontrolle, 1974 (Foto) gewannen Pescarolo/Larrousse trotz technischer Probleme mit elf Runden Vorsprung!
Auch die Landsleute von Peugeot waren dreimal in Le Mans erfolgreich. Der letzte Sieg liegt noch nicht allzu weit zurück: 2009 holten Brabham/Wurz/Gene die Krone im Kampf gegen Audi. Für Peugeot endete damit eine Durststrecke von 16 Jahren. 1992 und 1993 (Foto) hatten die damaligen Peugeot 905 blitzsaubere Rennen absolviert. Damals am Kommandostand der Franzosen: der heutige FIA-Präsident Jean Todt, der nach den Le-Mans-Triumphen Ferrari in der Formel 1 nach vorn brachte.
Und es folgt eine Reise in die ferne Vergangenheit: Der französische Hersteller Lorraine-Dietrich sicherte sich in den Jahren 1925 und 1926 (auf dem Foto Startnummer 4) den großen Sieg beim großen Rennen. Der Lorraine-Dietrich B3-6 war damals zwar nicht das schnellste Auto, aber das zuverlässigste. Die mindestens ebenso schnellen Bentleys wurden stets von Defekten gebremst, der noch schnellere Peugeot 174S wurde nicht zum Rennen zugelassen, weil er keine 20 Runden mit verschlossenem Verdeck schaffte.
Weitere französische Marken hatten ihre glänzenden Auftritte in Le Mans. Bugatti siegte in den Jahren 1937 und 1939 (Foto). Die Franzosen setzten sich bei der zweiten Triumphfahrt in einem engen Duell gegen die Fahrzeuge der Marken Delahaye, Delage und Talbot durch. Nach Pierre Veyron, dem Sieger von 1939, wird seit dem Jahr 2005 das Topmodell der heutigen Volkswagen-Tochter benannt. Der wuchtige Supersportler Bugatti Veyron 16.4 mit 8,0-Liter-W16-Triebwerk leistet über 1.000 PS.
Nun kommen wir zu all jenen Marken, denen bislang nur ein einziger Gesamtsieg an der Sarthe gelungen ist. In dieser Riege sind eher unbekannte Exoten, aber auch einige große Namen der Automobilbranche zu finden. Weniger berühmt ist die Marke Chenard-et-Walcker. Im Modell Sport mit 3,0-Liter-Motor holten Andre Lagache und Rene Leonard 1923 den Sieg beim ersten 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Das 1900 gegründete Unternehmen wurde 1950 von Peugeot übernommen.
Den Namen Lagonda könnten einige Fans als Fahrzeugbezeichnung von Aston Martin kennen. Die Briten haben zwischen 1976 und 1989 den Aston Martin Lagonda in einer Stückzahl von knapp 650 produziert. Nicht ohne Grund: die früher eigenständige britische Automarke war 1964 aufgekauft und übernommen worden. 1935 hatten Hindmarsh/Fontes im Lagonda Rapide die Le-Mans-Siegesserie von Alfa Romeo beendet und endlich wieder die Krone nach Großbritannien geholt.
Die Blütezeit des französischen Automobilherstellers Delahaye (1894 bis 1954) rundeten die Rennfahrer Eugene Chaboud und Jean Tremoulet im Jahr 1938 im 135S mit einem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans ab. Delahaye galt damals als äußerst innovativ - die Version 145 V12 (mit Magnesium-Zylinderkopf) aber auch als unzuverlässig im Dauerbetrieb. Nur mit Glück konnte man sich mit dem bewährten V6-Motor im 135S gegen eine ganze Armada von schnelleren Talbot-Autos durchsetzen.
Der Glanzpunkt von Talbot folgte erst viele Jahre später. Die 24 Stunden von Le Mans waren während des zweiten Weltkrieges nicht ausgerichtet worden, erst 1949 nahm man das Rennen wieder auf. Der erste Nachkriegserfolg ging an Ferrari, aber 1950 waren es schließlich Louis Rosier und Jean-Louis Rosier, die Talbot an die Spitze brachten. Selbst die unliebsame Begegnung mit einem Kauz auf der Hunaudieres-Geraden und eine anschließende Reparatur konnten sie nicht stoppen. Kurios: Vater Louis saß 23:15 Stunden im Auto, sein Sohn Jean-Louis nur 45 Minuten!
Den einzigen echten Sieg des Herstellers Mercedes fuhren Hermann Lang und Fritz Riess 1952 im 300 SL ein (1989 fuhr man unter der Nennung von Sauber). Die deutsche Werksmannschaft war damals mit ihren 3,0-Liter-Silberpfeilen nicht zu packen. Man feierte einen Doppelsieg an der Sarthe, die besten Verfolger wurden um rund 200 Kilometer abgehängt. Die beiden Deutschen Lang und Riess gehören zu den wenigen Piloten, die gleich beim ersten Le-Mans-Auftritt siegreich waren.
Aston Martin hat es an der Sarthe oft versucht, war bislang aber nur einmal im Kampf um den Gesamtsieg erfolgreich: 1959 feierten die Briten einen Doppelsieg mit dem DBR1. Carroll Shelby und Roy Salvadori setzten sich am Ende gegen Trintignant/Frere durch. Und Stirling Moss schaute wieder einmal in die Röhre: Der Brite schied wie im Jahr 1958 mit Motorschaden aus. Auch in der Formel 1 war Moss kein Glückspilz: viermal war er Vizechampion. Er gilt als erfolgreichster Grand-Prix-Pilot ohne WM-Titel.
Und nun wird es wieder etwas moderner: der Renault-Alpine sorgte 1978 für französischen Jubel an der Sarthe. Didier Pironi und Jean-Pierre Jaussaud brachten den A442B heil über die Runden und besiegten die Martini-Porsche von Wollek, Ickx, Joest und Co. Für das französische Werksteam war es eine regelrechte Befreiung, nachdem man in den Vorjahren immer wieder Motorschäden erlitten hatte. 1978 hielt der 2,0-Liter-Turbomotor endlich einmal.
1980 gab es eine weitere Niederlage für die stark besetzten Porsche - und wieder war Jean-Pierre Jaussaud beteiligt. Der Franzose siegte gemeinsam mit Teamchef Jean Rondeau in dessen Eigenbau mit Ford-3,0-Liter-Saugmotor. Der Rondeau M379B fuhr bei schwierigen Bedingungen zuverlässig durch, dennoch erlebte Jaussaud "die größte Angst" seines Lebens. Bei einsetzendem Regen eine Stunde vor dem Ende berührte er die Leitplanken. Der Motor startete erst beim dritten Versuch wieder. Jaussaud traute sich nicht mehr zum Reifenwechsel. "Ich fürchtete, der Motor würde dann gar nicht mehr angehen."
1989 feierte Mercedes ein Comeback an der Sarthe - allerdings unter der Nennung von Sauber. Mit dem Sauber-Mercedes C9 stellte sich die Schweizer Mannschaft einem harten Wettbewerb gegen Porsche, Jaguar, Nissan, Toyota und Mazda. Jochen Mass, Manuel Reuter und Stanley Dickens brannten viele schnelle Runden in den Asphalt und siegten. Unterdessen wurde anderen zu heiß: 1989 gingen zahlreiche Fahrzeuge in Flammen auf - vor allem viele von Porsche. Verletzt wurde aber niemand.
Ein Franzose überwacht die Technik, ein Belgier berät das Team - und schon klappt es mit dem Sieg der Japaner. Nach erfolglosen Versuchen in den Vorjahren sorgten der Deutsche Volker Weidler und seine Kollegen Johnny Herbert und Bertrand Gachot für den heiß ersehnten Erfolg von Mazda. Der 787B war unter Aufsicht von Hugues de Chaunac bei Oreca gebaut worden, Jacky Ickx hatte dem Team die Siegermentalität eingehaucht. Damals auf Platz fünf: Michael Schumacher und Karl Wendlinger im Sauber-Mercedes C11.
1995 schüttelten viele Zuschauer in Le Mans ungläubig mit den Köpfen. Der Sieg ging an Yannick Dalmas, JJ Lehto und Masanori Sekiya im McLaren F1 GTR mit 6,0-Liter-Motor von BMW. Doch nicht dieser Erfolg des britischen GT1-Fahrzeuges ließ die Franzosen verzweifeln, sondern vielmehr das Pech der Lokalhelden von Courage. Wolleck/Andretti/Helary hatten das deutlich schnellste Auto, aber der Amerikaner schlug bei feuchter Piste an und verlor sechs Runden. Die Aufholjagd war beeindruckend: von Platz 27 auf Rang zwei - aber der Sieg war wegen des Patzers nicht mehr drin.
Nach dem Sieg des BMW-Motors im Heck des McLaren 1995 und weiteren Podestplätzen in den Folgejahren kamen die Münchener endlich als Werksteam mit einem eigenen Auto nach Le Mans. 1998 war es soweit, doch beim Debüt schieden beide BMW V12 Le Mans aus. Ein Jahr später der große Triumph: Jockel Winkelhock, Pierluigi Martini und Yannick Dalmas feierten 1999 im V12 LMR den umjubelten Erfolg, der hart erarbeitet war. Vor allem Toyota hatte BMW das Leben sehr schwer gemacht.
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