Williams: Parr will nicht Teamchef werden

Adam Parr, seit März 2010 Vorstandsvorsitzender von Williams, will nicht Teamchef werden, kontert aber auf die Kritik, er sei kein echter Racer

(Motorsport-Total.com) - Patrick Head (65) hat die meisten seiner Anteile am Team bereits verkauft und sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, sein langjähriger Partner Frank Williams (69) hingegen bekleidet nach wie vor den Posten des Teamchefs. Williams kommt zwar nicht mehr zu allen Rennen, ist aber weiterhin Mehrheitsaktionär und hat bisher keine konkreten Rücktrittsabsichten geäußert.

Titel-Bild zur News: Adam Parr und Frank Williams

Adam Parr hat Frank Williams bereits im Jahr 2000 zum ersten Mal getroffen

Doch das Rad der Zeit macht auch vor dem seit einem Autounfall im Jahr 1986 an den Rollstuhl gefesselten Briten, dessen Ehefrau Virginia an Krebs leidet, nicht Halt. Der österreichische Geschäftsmann Toto Wolff schließt zwar nicht dezidiert aus, eines Tages sogar eine Mehrheit am Williams-Team zu übernehmen, am Kommandostand sieht er sich aber nicht. Auch Adam Parr hat nicht vor, auf diese Weise ins sportlich-operative Tagesgeschäft einzugreifen.

Generationswechsel in Grove

"Ich sehe mich nicht als Williams-Teamchef", erklärt der gelernte Rechtsanwalt in einem Interview mit 'Motorsport-Total.com', das morgen in voller Länge veröffentlicht wird. "Ich meine, dass ich eine Firma gut führen und dass ich dem Team dabei helfen kann, zu wachsen und erfolgreich zu sein, aber ich habe nicht vor, Teamchef zu werden." Parr kam im November 2006 zunächst als Geschäftsführer zu Williams und ist seit März 2010 Vorstandsvorsitzender.

Für viele Williams-Fans der alten Schule ist Parr ein Symbol für den Richtungswechsel in Grove - kritischer Tenor: Weg von den traditionellen Racern, hin zu den smarten Geschäftsleuten und Juristen. Doch der Brite selbst lässt solche Vorwürfe von sich abprallen und hält es "mehr für eine Frage der Zeit, die man benötigt, um akzeptiert zu werden. Ich bin erst seit fünf Jahren in der Formel 1. Das ist sehr kurz." Außerdem sei es "eine Frage der Leistung".

¿pbvin|512|3976||0|1pb¿"Was bedeutet es, Racer zu sein? Verfolge ich die Formel 1 leidenschaftlich? Liebe ich, was ich tue? Will ich gewinnen? Absolut! Bin ich auf der Rennstrecke groß geworden? Nein", erläutert er. "Ich glaube aber nicht, dass es primär darum geht, wo du herkommst. Ich kenne einen sehr berühmten Teamchef, der früher Pullover für Benetton verkauft hat. Er hat seine Sache aber gut gemacht und er wurde ein wichtiger Teil dieses Establishments. Jeder kommt irgendwo her."

Die Schmerzen eines echten Racers

"Wir bringen als Team nicht die erwartete Leistung, daher stellen die Leute natürlich denjenigen in Frage, der dafür verantwortlich ist", weiß Parr. "Ich muss die Verantwortung dafür akzeptieren, dass wir unsere Sache derzeit nicht gut genug machen. Das verursacht horrende Schmerzen bei mir! Ich glaube nicht, dass es Frank und Patrick mehr weh tut als mir, wo wir stehen. Wenn also Schmerzen ein Maßstab dafür sind, ob man ein Racer ist, dann bin ich einer."


Fotos: Williams, Großer Preis von Ungarn, Sonntag


Dass er nicht Teamchef werden will, habe auch keineswegs mit einem Mangel an Interesse zu tun, sondern sei lediglich eine realistische Einschätzung seiner eigenen Stärken. Die sieht Parr eher darin, Williams hinter den Kulissen auf kommerzieller Ebene voranzubringen. Trotzdem ist er letztendlich auch für den sportlichen Erfolg verantwortlich, sodass er seinen Rücktritt angeboten hat, als die Entlassung von Sam Michael und Jon Tomlinson beschlossen wurde.

Bist du froh darüber, dass Williams dieses Angebot abgelehnt hat, Adam? "Ja, das bin ich - und ich sage dir warum: Wenn die Zeiten wirklich hart sind, fragt man sich manchmal, warum man sich das antut. Ich will aber mehr als alles andere, dass dieses Team wieder gewinnt - und ich will ein Teil davon sein. Ich glaube, dass ich dabei helfen kann. Solange auch die Aktionäre glauben, dass ich helfen kann, sollte ich weitermachen", entgegnet er.