Surtees: Hamilton muss ruhiger werden

Fahrerlegende John Surtees spricht über seine ersten Erinnerungen an Silverstone, seine Anfänge als Fahrer und über Lewis Hamiltons Kampf gegen Nico Rosberg

(Motorsport-Total.com) - Silverstone 1947. John Surtees erinnert sich im 'Telegraph' zurück an alte Zeiten: "Es war sehr einfach damals, aber ein sehr schneller Kurs. Ich bin als junger Bursch mit meinem Vater dorthin gefahren." Sein Vater fuhr damals Rennen auf dem alten RAF-Flugplatz in Northamptonshire. "Er fuhr ein Rennen mit dem Motorrad und Beiwagen. Der Platz war ein karges ehemaliges Kriegsrollfeld - alles was es gab, waren Markierungen und den richtigen Weg dort hindurch."

Titel-Bild zur News: John Surtees

John Surtees ist nicht erfreut über Hamiltons Herangehensweise Zoom

1950 fuhr Surtees selbst sein erstes Rennen in Silverstone - auf einem Triumph-Motorrad. Dabei erlitt er einen Unfall, den er als Wendepunkt in seinem Leben bezeichnet: "Mit Vollgas kam ich in die Abbey-Kurve, mit um die 135 Stundenkilometer (85 Meilen pro Stunde) auf meinem Triumph-Motorrad, und die Kupplungsstange knickte ab. Mich hat es sofort auf die Straße geschleudert und ich schlitterte auf dem Rücken liegend entlang." Danach wechselte er auf ein Vincent-Grey-Flash-Motorrad. "Das war der Beginn meiner Karriere", so Surtees.

"Es hat mich an diesem Tag abgeworfen, aber es hat mich nicht davon abgehalten es später wieder zu versuchen", erklärt der Brite seine Philosophie, der er immer treu geblieben ist. Zu dem neuen Silverstone-Kurs hat Surtees eine geteilte Meinung. Er ist jedoch nicht ganz glücklich mit der neuen Start-Ziel-Geraden: "Es sollte auf der originalen Seite sein, nicht wo es jetzt ist." Denn die Strecke wurde von Northamptonshire nach Buckinghamshire verlegt.

Veränderungen sind notwendig

Trotzdem sieht Surtees ein, dass manche Veränderungen an der Strecke notwendig waren: "Veränderungen müssen stattfinden. Ohne den Charakter zu verlieren, mit zusätzlichen Teilen ist es immer noch eine Weltklasse-Strecke und eine Herausforderung für Auto und Fahrer." Immerhin feiert die Rennstrecke ihr 50-jähriges Jubiläum in diesem Jahr. Surtees meint dazu nur: "Jahre vergehen. Es scheint als würden sie schneller vergehen je älter man wird." Doch der 80-Jährige feiert auch ein persönliches Jubiläum: Er gewann mit Ferrari ebenfalls genau vor 50 Jahren seinen Formel-1-Weltmeistertitel.

Einen traurigen Schicksalsschlag erlebte Surtees im Jahr 2009, als sein Sohn Henry bei einem Formel-2-Rennen durch einen losen Reifen, der ihn am Kopf traf, starb. Daraufhin gründete er die "Henry-Surtees-Stiftung", die sich für Angehörige von Unfallopfern stark macht. Auch Jenson Button, der seine "Pink-Für-Papa"-Kampagne in Silverstone in Gedenken an seinen verstorbenen Vater John initiiert hat, wird einen Teil des Erlöses an die Surtees-Stiftung spenden.

John Surtees, Kimi Räikkönen

Surtees und Räikkönen in Goodwood in ihren Weltmeister-Ferraris Zoom

"Wir werden einen Event für die Stiftung machen", so Surtees, der auch in Goodwood beim "Fesitval of Speed" anzutreffen war. "Ich habe mit Jenson am Freitag gesprochen. Wir waren beide gemeinsam dort (in Goodwood; Anm. d. Red.) also haben wir ein bisschen geplaudert und zusammen gelacht." Außerdem fuhr Surtees seinen alten Weltmeister-Ferrari aus dem Jahr 1964 gemeinsam mit Kimi Räikkönen, der seinen F2007 aus seinem Weltmeisterjahr pilotierte.

Surtees: "Lewis ist nicht dumm"

Der ehemalige Formel-1- und Motorrad-Weltmeister hat auch seine eigene Meinung zu seinem Landsmann Lewis Hamilton, der als einziger Brite eine realistische Chance auf den Sieg in Silverstone hat. Surtees bemerkt, dass Hamilton durch das Duell mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg reifer geworden ist: "Dieses halbe Saison war ein Lernprozess für Lewis. Er musste vielleicht etwas erwachsener werden."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von Großbritannien


"Er ist nicht dumm. Er hat die Fähigkeit, also ist es nur eine Frage, wie er alles zusammenbekommt. Aber sicherlich muss man Nico ernst nehmen. Er ist ein sehr intelligenter und schneller Fahrer." Und trotzdem gefällt Surtees Hamiltons Herangehensweise nicht immer. Er kritisiert die oft aggressiven Aussagen des Weltmeisters von 2008. Vor allem in Monaco habe er nicht klug gehandelt, so Surtees.

"Gleichzeitig musst du natürlich bleiben und sein wer du bist. Wir alle machen Fehler. Ich denke nicht, dass das sehr vernünftig war. Wenn ich von einem Teamkollegen so abgezockt worden wäre, würde ich nachher noch besser fahren." Er ergänzt: "Er muss sicherstellen, dass er eine innere Ruhe bewahren kann. Wenn er auf der Strecke ist, würde er dieses Tempo nicht gehen, außer er hätte diese innere Ruhe, aber die große Kunst ist es, diese auch abseits der Strecke an den Tag zu legen, wenn der Druck kommt."