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MP4-27-Schwerpunkte: Aerodynamik und Reifen
Paddy Lowe und Tim Goss sprechen über die Herausforderungen und Neuerungen in der Entwicklung des neuen McLaren-Mercedes MP4-27
(Motorsport-Total.com) - In Woking wurde heute der neue McLaren-Mercedes MP4-27 präsentiert, mit dem Jenson Button und Lewis Hamilton erstmals seit 2008 wieder einen WM-Titel für das Team gewinnen sollen. Das Auto ähnelt optisch dem Vorgängermodell, doch nicht zuletzt wegen einiger Regeländerungen verstecken sich die gravierendsten Neuerungen unter der Motorhaube, wie Paddy Lowe (Technischer Direktor) und Tim Goss (Chefingenieur) im Doppelinterview erklären.
© McLaren
Tim Goss ist einer der Masterminds hinter dem neuen McLaren-Boliden
Frage: "Was sind nach der erfolgreichen Saison 2011 eure Ziele in Sachen Entwicklung des MP4-27?"
Paddy Lowe: "Unsere Hauptziele für 2012 waren, den Anpressdruck trotz der Regeländerung im Bereich des angeströmten Diffusors zu optimieren und unser Verständnis und den Einsatz der Pirelli-Reifen zu verbessern, denn das war im vergangenen Jahr neu für uns."
Viel neu, was man nicht sehen kann
Tim Goss: "Auch wenn man es mit freiem Auge nicht sehen kann, ist vieles an diesem Auto neu. Die Regeln sind dieses Jahr allerdings nur evolutionär anders, sodass weniger Unvorhersehbarkeit besteht, was das unterschiedliche Gewichten von Ressourcen angeht."
Lowe: "Jedes Jahr setzen wir uns hin und wir wollen ein Siegerauto bauen. Zu Beginn der vergangenen Saison hatten wir nicht das schnellste Auto, aber wir unternehmen alles, um diesmal das schnellstmögliche Auto zu bauen."
Frage: "Was sind die größten optischen Unterschiede zwischen den 2011er- und den 2012er-Autos?"
Goss: "Die offensichtlichste Veränderung ist der Verlust der U-förmigen Seitenkästen, die wir mit dem vorjährigen Auto eingeführt haben. Diese Saison haben wir uns für eine konventionellere Form entschieden, weil die U-Form für die neuen Auspuffgeometrie-Regeln weniger geeignet ist. 2012 müssen die Auspuffenden entlang des U-Kanals austreten, daher wollten wir daran nicht länger festhalten. Folgerichtig haben wir uns für eine andere Variante entschieden, um das Heck des Autos zu versorgen. Wir haben den Bereich um den Überrollbügel aufgeräumt und haben jetzt ein viel engeres Bodywork."
Frage: "Gab es irgendwelche besonderen Herausforderungen hinsichtlich der neuen 2012er-Regeln?"
Goss: "Die Auspuffregeln sind ziemlich streng. Der Auspuff muss nun in einem sehr kleinen Bereich im Heck austreten, damit der aerodynamische Einfluss so gering wie möglich ist. Die letzten 100 Millimeter des Auspuffs müssen zylindrisch sein, also nicht mehr oval oder flachgedrückt, und müssen in einem speziellen Winkel in vertikaler und horizontaler Ebene sitzen, mit zehn beziehungsweise 30 Grad. So sollen die Auspuffgase nicht mehr den Unterboden anströmen."
Lowe: "Eine der spannendsten Herausforderungen war, unser Verständnis der Pirelli-Reifen zu entwickeln und zu erweitern. Es ist unsere zweite Saison mit Pirelli - 2011 war ein Lehrjahr. Wir haben die Erfahrung der vergangenen zwölf Monate genutzt, um das Layout, die Aerodynamik und die Fahrwerks-Dynamik des Autos zu designen, damit wir die Reifen besser einsetzen können."
Auspuff am stärksten veränderter Bereich
Frage: "Gab es wegen der Auspuffregeln enorme Auswirkungen auf das Fahrzeug-Design?"
© xpb.cc
Das Heck ist eine der Schlüsselstellen des neuen McLaren MP4-27 Zoom
Goss: "Sie haben unweigerlich Auswirkungen auf die Strömungsfelder im Heck des Autos, ja. In den vergangenen Jahren führten die Auspuffrohre direkt in die hintere Ecke des Unterbodens. Das geht jetzt nicht mehr, daher hat das natürlich Auswirkungen auf die Strömungseigenschaften des Hecks. Dementsprechend mussten wir alle aerodynamischen Komponenten im Heckbereich ein wenig umgestalten."
Frage: "Ihr musstet im Winter einige technische Abgänge hinnehmen. Seid ihr diesbezüglich unbesorgt?"
Lowe: "Ich sage das immer wieder, aber McLaren-Mercedes ist eine extrem breit aufgestellte Organisation. Bei uns arbeiten 200 Ingenieure. Wenn die alle zehn Jahre in ihrem Job bleiben, dann würden wir 20 Ingenieure pro Jahr verlieren. Wir verlieren aber viel weniger als das. Es ist leicht, sich auf die Abgänge zu konzentrieren, aber genauso viele Leute kommen neu zu uns. Wir sind auch sehr stolz darauf, neue, junge und clevere Jungs ins Geschäft zu bringen. Diese verspüren unweigerlich den Drang, das Nest zu verlassen und zur Konkurrenz zu wechseln - das kann man nicht verhindern. Aber wir haben hier eine Gruppe sehr starker Einzelpersonen und wir sind sehr stolz auf die Arbeit am MP4-27."