• 26.02.2008 10:11

  • von Nimmervoll/Wittemeier

Formel-1-Countdown 2008: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel steht bei Toro Rosso vor seiner ersten kompletten Formel-1-Saison - Sven Heidfeld: "Vettel hat die Zukunft noch vor sich"

(Motorsport-Total.com) - Am 16. März beginnt mit dem Grand Prix von Australien in Melbourne die neue Formel-1-Saison. 'Motorsport-Total.com' veröffentlicht aus diesem Anlass jeden Tag einen Artikel aus der Countdown-Reihe - zu den fünf deutschen Stammfahrern und den elf Teams. Heute: Sebastian Vettel.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel wird 2008 seine erste komplette Formel-1-Saison bestreiten

Vettel hatte als kleiner Junge ein Poster von Michael Schumacher in seinem Zimmer hängen und wurde Jahre später einmal vom siebenfachen Weltmeister bei einem Kartrennen abgewinkt. Damals hätte noch niemand gedacht, dass die beiden - zwischen der deutschen Vergangenheit und Zukunft in der Formel 1 liegen immerhin fast 20 Jahre Altersunterschied - in Istanbul 2006 erstmals gemeinsam auf einer Grand-Prix-Strecke fahren würden.#w1#

Raketenstart in die Formel 1

Und Vettel schlug in der Königsklasse des Motorsports auch gleich ein wie eine Granate: Mit ein bisschen Unterstützung durch die damalige Freitagsregelung fuhr er gleich bei seinem ersten Auftritt Trainingsbestzeit vor allen Stars, und bei seinem ersten Formel-1-Rennen am 17. Juni 2007 in Indianapolis kam er als Achter auf Anhieb in die Punkte. Zwar war er seinem Teamkollegen Nick Heidfeld damals deutlich unterlegen, aber das war ja auch nicht anders zu erwarten.

Heike und Sebastian Vettel

So fing in der Formel BMW alles an: Mami Heike gratuliert zum Sieg in Adria Zoom

Vettels tolle Vorstellungen kamen trotz seines jungen Alters nur für die wenigsten Experten überraschend, schließlich hatte er sein Ausnahmetalent schon in diversen Nachwuchsformeln unter Beweis gestellt. Besonders beeindruckend war seine Saison 2004 in der Formel BMW, in der er mit unfassbaren 18 Siegen in 20 Rennen einen bis heute gültigen Rekord aufstellte. 2005 und 2006 fuhr er in der Formel-3-Euroserie, mehr als der Vizemeistertitel sprang dabei aber nicht heraus.

2006 wurde es dann ernst in seiner Karriere, als er parallel zu seinem von Red Bull unterstützten Engagement in der Renault-World-Series auch zum Testfahrer des BMW Sauber F1 Teams berufen wurde. Zwischen Red Bull und BMW sollte dann ein Interessenskonflikt entstehen, in dem BMW letztendlich klein beigab, weil man selbst mit Heidfeld/Kubica ohnehin erstklassig besetzt ist und Red Bulls Toro-Rosso-Truppe auf der Suche nach einem Fahrer war.

Niederlage im Qualifyingduell gegen Liuzzi

So wurde Vettel früher als geplant, nämlich schon ab dem Grand Prix von Ungarn, als Stammfahrer in den Toro Rosso gesetzt. Was viele vergessen: Das Qualifyingduell gegen Vitantonio Liuzzi verlor er mit 3:4, im Rennen landete er gar fünfmal hinter dem Italiener. Allerdings lief er zu Höchstform auf, als es drauf ankam: Im Regen von Fuji fuhr er zwar noch auf Podiumskurs liegend Mark Webber ins Auto, aber eine Woche später machte er mit Platz vier in Shanghai wieder alles gut.

Sébastien Bourdais vor Sebastian Vettel

Toro Rosso setzt große Hoffnungen in das Team der beiden "Super-Sebs" Zoom

Für unseren 'Motorsport-Total.com'-Experten Marc Surer ist daher der eher bescheidene Einstand bei Toro Rosso voll entschuldigt: "Es war im Vorjahr nicht einfach für ihn, von einem Topteam zu Toro Rosso zu kommen, aber er hat sich dann nach einer Zeit erfangen", so der Schweizer. "Das Team ist motiviert, er ist motiviert - und jetzt hat er ja einen Maßstab! Bourdais ist ein Name - und den zu schlagen, heißt ein bisschen mehr als bei einem Liuzzi zum Beispiel."

Sébastien Bourdais bildet nämlich gemeinsam mit dem 20-jährigen Heppenheimer das Team der "Super-Sebs". Die Ausgangslage könnte unterschiedlicher nicht sein: Vettel steht ganz am Anfang seiner Karriere und ist ein klassisches Kind des europäischen Formelsports aus den Förderkadern von Red Bull und BMW, während sich Bourdais als vierfacher ChampCar-Meister im Spätsommer seiner Laufbahn doch noch den Traum von der Formel 1 erfüllen konnte.

Wer ist hier der Rookie?

Das Kuriose daran: Der um acht Jahre jüngere Vettel ist eigentlich der erfahrenere Mann bei Toro Rosso, denn er sitzt seit drei Jahren in Formel-1-Autos, während Bourdais erst seit einigen Monaten regelmäßig testen durfte. "Ich bin hier der Rookie", sagt Bourdais daher nicht ganz zu Unrecht - und Vettel ist ganz klar in der Favoritenrolle. Dass er dieser gerecht werden kann, hat er bei den Wintertests aber auch schon angedeutet.

Fernando Alonso und Sebastian Vettel

Legt sich auch mit den Großen an: Sebastien Vettel vs. Fernando Alonso Zoom

Unser zweiter Experte, Sven Heidfeld, sieht das Stallduell nicht ganz so: "Im Grunde ist Vettel im Vergleich zu Bourdais ja ein Rookie. Der Franzose hat zwar noch nicht viel Formel-1-Erfahrung, aber der hat schon so viele Rennen auf dem Buckel", sagt der Bruder von Nick Heidfeld. Bourdais' ausgeprägter Renninstinkt ist auch etwas, was Surer lobend hervorhebt, aber unterm Strich werde sich Vettels Speed durchsetzen.

Sollte ihm das gelingen, könnte er unter Umständen eines Tages ins BMW Sauber F1 Team zurückkehren: "Vettel hat die Zukunft noch vor sich - und ich glaube, da ist Toro Rosso ein erstklassiges Trainingslager. Vielleicht geht er ja irgendwann dorthin zurück, wo er hergekommen ist. In der neuen Saison wird Vettel Bourdais auf jeden Fall eindeutig schlagen", klopft Heidfeld seinem Landsmann verbal auf die Schulter.

Toro Rosso nur mit dem Vorjahresauto

Die Frage ist allerdings, wie stark Toro Rosso sein wird, denn der STR2 wird in Melbourne - neben Super Aguri - das einzige Vorjahresauto im Feld sein. Aber das muss kein Nachteil sein: "Zumindest am Anfang kann ich mir gut vorstellen, dass sie mit dem alten Auto für Überraschungen sorgen werden, weil sie die Erfahrung jetzt haben. Sebastian hat sich mit dem Auto gut zurechtgefunden. Das spricht dafür, dass man mit ihm bei den ersten Rennen rechnen muss", analysiert Surer.

Sebastian Vettel im Haleakala-Nationalpark

Die Welt liegt ihm zu Füßen: Sebastian Vettel im Haleakala-Nationalpark auf Maui Zoom

Und noch etwas wertet der ehemalige Formel-1-Pilot, der heute alle Rennen für 'Premiere' kommentiert, positiv für Toro Rosso: "Ihre Steigerung kam 2007 Ende der Saison, was immer schwieriger ist als am Anfang, aber sie haben das geschafft. Das lässt schon hoffen", meint er. Vielleicht kann Vettel also mit ein bisschen Glück (und Zuverlässigkeit) genau dort anknüpfen, wo er Ende 2007 aufgehört hat - nämlich in den Punkterängen...

Saisonstatistik 2007:

Fahrerwertung: 14. (6 Punkte)
Durchschnittlicher Startplatz: 14,375
Bestes Ergebnis Qualifying: 7.
Bestes Ergebnis Rennen: 4.
Ausfallsrate: 37,500 Prozent (19.)
Bisherige Testkilometer 2008: 4.438 (12.)