Red Bull stellt Anfrage: Trickst Mercedes mit der Motorenkühlung?

Red-Bull-Honda hat bei der FIA eine Anfrage im Hinblick auf die Luftkühlung des Mercedes-Motors deponiert und erwartet sich nun eine Klarstellung

(Motorsport-Total.com) - Kaum ist das eine Thema ("Flexiwings") ad acta gelegt, taucht im WM-Duell zwischen Mercedes und Red Bull der nächste Streitpunkt auf. Diesmal geht's allerdings nicht um die Aerodynamik, sondern um den Motor. Angeblich, so der Verdacht von Red Bulls Motorenhersteller Honda, setzt Mercedes auf einen Trick, um die Performance zu erhöhen.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Garage

Die Mercedes-Ingenieure sollen beim Motor angeblich einen Trick entdeckt haben Zoom

Und der geht laut 'The Race' so: Mercedes soll einen Weg gefunden haben, die Wände des sogenannten Plenums mit Flüssigkeit zu kühlen. Ins Plenum wird jene Luft aus dem Ladeluftkühler angesaugt, die im nächsten Schritt für den Verbrennungsprozess in der Brennkammer benötigt wird. Und je kühler (und damit dichter) diese Luft ist, desto mehr Benzin kann beim Brennvorgang verbrannt werden. Das bedeutet mehr Power.

Kurze Trivia: Bei einem Turbomotor strömt die Luft zunächst durch den Ansaugschnorchel und Luftfilter in den Verdichter des Turboladers. Im Verdichter wird der Druck erhöht. Dadurch steigt die Temperatur der angesaugten Luft, die anschließend im Ladeluftkühler wieder gesenkt wird. Und von da aus wird die Luft über die Drosselklappe ins Plenum gesaugt. Quasi ein Sammelbecken vor der Brennkammer.

Die FIA regelt die Lufttemperatur im Plenum insofern, als diese im Durchschnitt über eine Runde mindestens zehn Grad über der Umgebungstemperatur, die an der Rennstrecke gemessen wird, liegen muss (Artikel 5.6.8 des Technischen Reglements). Das wird mit speziellen Sensoren erfasst. Und genau bei denen soll Mercedes einen Trick entdeckt haben.

Mercedes soll, so der Verdacht, die Messsensoren geschickt so positioniert haben, dass nicht jede Veränderung der Lufttemperatur im Plenum sofort erfasst wird. So könnte es gelingen, die Temperatur kurzzeitig unter das erlaubte Minimum abzusenken, um daraus Leistungsvorteile zu ziehen, heißt es.

Zum Beispiel zu Beginn einer Geraden könnte eine solche Technik positive Effekte haben, vermuten Experten. Das würde erklären, warum Mercedes in der Wahrnehmung von Honda und Red Bull seit Silverstone schneller beschleunigt - und zwar bei gleicher Endgeschwindigkeit.

Eine andere Theorie, aufgestellt von 'auto motor und sport', besagt, dass es den Mercedes-Ingenieuren gelungen ist, einen Mechanismus zu entwickeln, bei dem die kühle Luft von der warmen getrennt wird, um bei Beschleunigung zuerst die kühle Luft anzusaugen. Das würde zwar nicht mehr Höchstleistung bedeuten, aber eine bessere Beschleunigung.

Jetzt hat Red Bull an die FIA die Anfrage gestellt, ob die Sensoren bei Mercedes so positioniert sind, dass sie Temperaturschwankungen im Plenum wirklich zuverlässig erfassen. Wobei Teamchef Christian Horner erklärt, dass Red Bull nur der Stellvertreter für Honda ist. Aber: "Der Mechanismus, wie Honda Anfragen an die FIA stellen kann, ist halt durch das Team."


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"Wir haben innerhalb der technischen Foren ein paar Fragen formuliert, für die wir uns Klarstellungen erwarten", bestätigt Horner. Das sei auch "nichts Unlauteres" - zumal Red Bull mit dem Verdacht nicht allein dasteht: "Ein paar anderen Herstellern ist auch was aufgefallen. Die wünschen sich auch eine Klarstellung. Das ist ganz normal."

Klar ist auch: "Diese Klarstellungen dienen in der Regel dazu, verlässlich zu eruieren, ob eine technische Lösung in den Augen des Verbands akzeptabel ist. Und wenn sie das ist, dann wirst du sie natürlich nachbauen", räumt Horner ein.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff weiß eigenen Angaben nach erst "seit ein paar Tagen" vom Thema. Er blickt der Untersuchung durch die FIA aber gelassen entgegen: "Ich wünschte, wir hätten so eine spezielle Lösung! Aber das ist halt der Modus operandi in der Formel 1, Business as usual. Da gibt's Anfragen an die FIA. Das ist nichts Ungewöhnliches."

Wolff grinst: "Wir lieben die Tatsache, dass sie Zeit mit solchen Dingen verbringen und sowas untersuchen. Insofern heißen wir jede Initiative von ihnen herzlich willkommen. Das schauen wir uns dann an. Ich sehe das so: Wenn es eine Ablenkung für irgendein anderes Team ist, dann ist es gut für uns. Wir sind an solche Dinge gewöhnt. Ich liebe es!"