160 PS weniger: MGU-K sorgt für Silberschnecken

Das Problem ist gefunden: Eine Überhitzung in der elektronischen Kontrollbox hat für den Leistungsabfall der Mercedes geführt - Hamiltons Bremsdefekt als Folge?

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich sahen die Silberpfeile schon wieder wie die sicheren (Doppel-)Sieger aus, doch ein ungewöhnliches Problem sorgte dafür, dass schon bald lange Mienen am Mercedes-Kommandostand zu sehen waren. Fieberhaft versuchten sie einen plötzlichen Leistungsabfall in den Griff zu bekommen, der mysteriöserweise an beiden Boliden zeitgleich aufgetaucht war.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Für Lewis Hamilton war der Kanada-Grand-Prix vorzeitig gelaufen Zoom

Mittlerweile ist klar, was dafür gesorgt hat, dass die Silberpfeile nur noch gedrosselt um den Kurs rollen konnten: Eine Überhitzung in der elektronischen Kontrollbox hat dafür gesorgt, dass das Hybridsystem MGU-K an beiden Autos ausgefallen ist. Nico Rosberg und Lewis Hamilton standen somit rund 160 PS weniger zur Verfügung, was sich besonders auf der langen Gerade ausgewirkt hat.

"Es gibt eine Kontrollbox über die ganze Elektronik im Auto. Die ist bei beiden überhitzt", erklärt es Aufsichtsratschef Niki Lauda bei 'RTL' noch einmal. "Bei beiden Autos wird dann die Elektronik abgeschaltet. Das muss so sein, das ist so gebaut worden. Die Überhitzung ist dann wieder zurückgegangen, aber man konnte es nicht mehr resetten. Deswegen sind beide Autos ohne Hybrid, mit dem Benzinmotor alleine, ins Ziel gefahren."

Nächstes Problem: Bremsdefekt

Wobei ins Ziel gefahren bei Lewis Hamilton eher nicht stimmt. Der Brite bekam zusätzlich noch ein Bremsproblem und musste seinen Wagen vorzeitig abstellen. Bei Mercedes vermutet man, dass der Bremsdefekt indirekt mit dem Elektronikproblem zu tu haben könnte, "aber das müssen wir untersuchen", erklärt Geschäftsführer Technik, Paddy Lowe bei 'Sky Sports F1'.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Kanada, Sonntag


"Lewis hat die Bremsen hinten nicht mehr in den Griff bekommen", ergänzt Lauda. "Die sind dann so heiß geworden, dass sie kaputtgegangen sind. Nico hat mehr drauf aufgepasst, deswegen hat er seine Bremsen hinten am Leben erhalten können und sich drauf einstellen können." Der Deutsche rettete damit noch Platz zwei ins Ziel und bekam das Lob aus der Chefetage, weil er sich mit all den Problemen noch behaupten konnte.

"Nico ist mit einem irren Handicap von 160 PS auf den zweiten Platz gefahren", nickt Lauda anerkennend und stellt fest: "So, wie der gefahren ist, das war weltmeisterlich." Und auch Lowe ergänzt: "Er ist ohne Hybrid-Power und mit beeinträchtigter Bremsbalance gefahren. Er war sehr schnell in Sektor eins und zwei, und hat sich dadurch für Sektor drei in eine gute Verteidigungsposition gebracht." Das war am Ende der Schlüssel für Platz zwei.

Hamilton hadert

Lewis Hamilton selbst hadert mit dem erneuten Ausfall: "Es war ein Bremsproblem. Du trittst auf die Bremse und das Auto wird nicht langsamer. Wir wussten es als Team irgendwann im zweiten Stint. Wir dachten aber, das gibt sich - genau das gleiche bei Nico. Deswegen sind wir mit diesem Tempo gefahren. Beim Stopp habe ich ihn kassiert und dachte: 'Wow, was für ein Gefühl.' Und genau in dieser Runde geben die Bremsen den Geist auf! Da konnte ich dann überhaupt nichts mehr ausrichten."

Warum es gerade ihn und nicht Rosberg getroffen hat, dafür hat der Brite eine einfache Erklärung: "Wenn man direkt hinter jemandem ist, entwickelt sich mehr Hitze. Er hat vorne die ganze Zeit freie Fahrt gehabt. Da konnte ich nicht viel machen. Als ich vorne war, kochte schon alles. Das Team hat 18 Punkte geholt, das ist gut. Mir bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht noch weitere Ausfälle haben. Mir steht seit dem ersten Rennen viel Arbeit bevor."