Grand Prix von Deutschland
Der Große Preis von Deutschland ist bedeutend älter als die Formel 1. Bereits im Jahr 1926 wird er zum ersten Mal auf der Berliner Avus ausgetragen. Im nächsten Jahr zieht das Rennen auf den neuen Nürburgring um. 1931 gelingt Rudolf Caracciola dort auf Mercedes bereits sein dritter Sieg beim Großen Preis von Deutschland.
In den 1930er-Jahren dominieren die Mercedes-Silberpfeile und Auto Union die Rennen. 1939 siegt Caracciola zum sechsten Mal. Doch aufgrund der damaligen politischen Situation fällt es heute schwer, unbeschwert auf diese Erfolge zu blicken.
Nach dem zweiten Weltkrieg wird 1950 die Formel 1 gegründet, doch erst im zweiten Jahr ihres Bestehens gehört der Große Preis von Deutschland zur neuen Rennserie. 1952 feiern Alberto Ascari und Giuseppe Farina für Ferrari einen Doppelsieg auf dem Nürburgring.
1954 gelingt Juan Manuel Fangio auf Mercedes ein umjubelten Sieg beim Großen Preis von Deutschland. Der legendäre Argentinier sollte das Rennen später auch noch für Ferrari und Maserati gewinnen.
So auch beim Rennen 1957, das als eines der größten in die Geschichte eingeht. Nach einem verpatzten Boxenstopp startet Fangio eine furiose Aufholjagd auf Mike Hawthorn und Peter Collins, bei der er nicht weniger als neun Mal den Rundenrekord verbessert. Erst zwei Runden vor Rennende überholt Fangio seine Konkurrenten und feiert am Nürburgring Titel Nummer fünf und seinen 24. (und letzten) Sieg in der Formel 1.
1959 findet der Große Preis von Deutschland der Formel 1 zum ersten Mal auf der Berliner Avus mit ihrer 43 Grad überhöhten Nordkurve statt. Mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von rund 230 km/h ist das Rennen, welches in zwei einzelne Läufe aufgeteilt wird, das schnellste in der Geschichte der Formel 1. Doch die Avus ist selbst für damalige Standards zu gefährlich. Nach einem tödlichen Unfall im Rahmenprogramm kehrt die Formel 1 der Rennstrecke in Berlin wieder den Rücken zu.
Doch auch die Nürburgring-Norschleife ist eine alles andere als ungefährliche Rennstrecke, wie sich im Laufe der Jahre zeigen soll. Insgesamt fünf Fahrer lassen bei Unfällen im Rahmen der Formel 1 auf dem Eifelkurs ihr Leben.
Allerdings sorgt er mit seinen spektakulären Streckenabschnitten auch immer wieder für faszinierende Bilder.
1968 gelingt Jackie Stewart in der von ihm so genannten "Grünen Hölle" einer seiner größten Siege. Bei strömenden Regen fährt der Schotte Kreise um seine Konkurrenten und gewinnt das Rennen mit mehr als vier Minuten Vorsprung auf Graham Hill.
1970 gehen die Fahrer auf die Barrikaden und weigern sich, auf dem ihrer Meinung nach zu gefährlichen Nürburgring zu fahren. In aller Eile wird das Rennen daraufhin nach Hockenheim verlegt. Erster Rennsieger der Formel 1 im badischen Motodrom wird Jochen Rindt.
Nach umfangreichen Umbaumaßnahmen, welche die Sicherheit der Strecke erhöhen sollen, kehrt der Große Preis von Deutschland 1971 an den Nürburgring zurück. Jackie Stewart siegt zum zweiten Mal auf der Nordschleife. Insgesamt wird der Schotte drei Mal in der "Grünen Hölle" gewinnen, mit der ihn eine Hassliebe verbindet.
Doch die Sicherheit der Nordschleife kann nicht mit den immer schneller werdenden Formel-1-Autos mithalten. Im Qualifying zum Großen Preis von Deutschland 1975 fährt Niki Lauda auf dem 22,835 Kilometer langen Kurs erstmals eine Runde in unter sieben Minuten und erreicht dabei eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 196 km/h.
1976 kommt es dann beinahe zur Katastrophe. Im Rennen verunglückt Niki Lauda in der Anfahrt zum Bergwerk. Sein Ferrari fängt Feuer, Lauda muss durch Fahrerkollegen aus dem brennenden Wrack gerettet werden. Trotz schwerer Verbrennungen überlebt der Österreicher den Unfall, der später im Kinofilm "Rush" künstlerisch umgesetzt wird. Doch für die Formel 1 auf der Nordschleife bedeutet er den Todesstoß.
Ab dem Jahr 1978 ist der Hockenheimring ständige Heimat des Großen Preis von Deutschland. Doch auch der Hochgeschwindigkeitskurs im Badischen ist trotz zwischenzeitlich eingebauter Schikanen nicht ungefährlich. 1982 zieht sich Didier Pironi bei einem Trainingsunfall schwerste Beinverletzungen zu und muss daraufhin seine Formel-1-Karriere beenden. Im Rennen des Jahres 1982 liefern sich Nelson Piquet und Eliseo Salazar ihre berühmte Schlägerei.
Nach dem Bau des neuen Grand-Prix-Kurs am Nürburgring wechselt der Große Preis von Deutschland noch einmal in die Eifel. Ferrari-Pilot Michele Alboreto sollte jedoch für längere Zeit der letzte Pilot sein, der in der Formel 1 auf dem Nürburgring gewinnt.
Wer sein Auto liebt, der schiebt: Bei der Rückkehr auf dem Hockenheimring liegt Alain Prost (McLaren-Porsche) 1986 in der letzten Runde auf dem dritten Platz. Doch dann geht dem Franzosen auf den letzten Metern das Benzin aus. Prost schiebt seinen McLaren über die Ziellinie und wird so immerhin noch als Sechster gewertet.
Ende der 1980er-Jahre dominieren brasilianische Fahrer und japanische Motoren den Großen Preis von Deutschland. Nelson Piquet (Williams-Honda) wiederholt 1987 seinen Sieg aus dem Vorjahr und betätigt sich zudem als Taxifahrer für Alain Prost, der seinen McLaren an der Strecke abstellen musste.
Von 1988 bis 1990 gelingen dann Ayrton Senna im McLaren-Honda beim Großen Preis von Deutschland drei Siege in Folge.
1994 beendet Gerhard Berger die Durststrecke von Ferrari und beschert der Scuderia den ersten Formel-1-Sieg seit 1990.
Doch für die spektakulärsten Bilder sorgt der Tankunfall von Benetton-Pilot Jos Verstappen. Nachdem das Team unerlaubter Weise einen Filter aus der Tankanlage entfernt hat, ergießt sich beim Tankstopp Benzin über das Auto und entzündet sich am heißen Auspuff. Dank schneller Löscharbeiten überstehen Pilot und Mechaniker das Inferno mit leichten Verbrennungen.
1995 wird dann erstmals bei der Siegerehrung für einen Fahrer die deutsche Nationalhymne gespielt. Michael Schumacher feiert auf dem Weg zu seinem zweiten WM-Titel einen umjubelten Heimsieg und befeuert damit den Formel-1-Boom in Deutschland.
1997 erlebt der Große Preis von Deutschland einen seiner emotionalsten Momente. Gerhard Berger, der wegen einer Kieferhöhlenentzündung zuvor drei Rennen lang aussetzen musste und wenige Tage vor dem Rennen seinen Vater bei einem Flugzeugabsturz verloren hatte, gelingt im Benetton-Renault ein überlegener Start-Ziel-Sieg. Nach seinem zehnten und letzten Formel-1-Sieg bedankt sich Berger bei der "Hilfe von oben".
2000 überschlagen sich die Ereignisse. Am Start scheidet Michael Schumacher nach einer Kollision mit Giancarlo Fisichella aus, dann sorgt ein protestierender Mercedes-Mitarbeiter auf der Strecke für eine Safety-Car-Phase.
Als gegen Rennende Regen einsetzt, schlägt die große Stunden von Rubens Barrichello. Der Ferrari-Pilot fährt von Startplatz 18 zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg - und bekommt in der Auslaufrunde vor Schluchzen am Boxenfunk kaum einen Ton heraus.
Auch 2001 knallt es am Start. Luciano Burti steigt über den ohne Vortrieb rollenden Ferrari von Michael Schumacher auf und hebt ab. Glücklicherweise geht der Unfall glimpflich aus.
2002 findet der Große Preis von Deutschland dann auf einer veränderten Rennstrecke statt. Die langen Waldgeraden fielen einer Anlage nach modernen Standards zum Opfer. Erster Formel-1-Sieger auf dem neuen Hockenheimring ist Michael Schumacher.
2006 endet beim Großen Preis von Deutschland eine große Formel-1-Karriere. Jacques Villeneuve scheidet nach einem heftigen Unfall aus und wird beim nächsten Rennen - offiziell wegen Kopfschmerzen - bei BMW-Sauber durch Robert Kubica ersetzt. Es war der letzte Grand Prix des Weltmeisters von 1997.
Nachdem 2007 ein jährlicher Wechsel des Austragungsorts beschlossen wurde, findet 2009 erstmals seit 24 Jahren wieder ein Großer Preis von Deutschland auf dem Nürburgring statt. Der Rennsieg geht trotz einer Durchfahrtstrafe an Red-Bull-Pilot Mark Webber. Für den Australier ist es der erste von insgesamt neun Siegen in der Formel 1.
Im Rahmen des Grand Prix 2009 wird auch der Freizeitpark am Nürburgring eröffnet, der sich später als Millionengrab entpuppen, die Gerichte beschäftigen und die Rennstrecke in die Insolvenz treiben wird.
2010 sorgt Ferrari mit einer damals noch verbotenen Teamorder für Negativ-Schlagzeilen. Widerwillig befolgt Felipe Massa die Ansage "Fernando is faster than you" seines Renningenieurs Rob Smedley und überlässt Teamkollege Alonso den Sieg. Aus seiner Laune macht der emotionale Brasilianer bei der Siegerehrung aber keinen Hehl.
Den vorläufigen Schlusspunkt in der Geschichte des Großen Preis von Deutschland bildet der Heimsieg von Sebastian Vettel im Jahr 2013. Im sechsten Anlauf gelingt dem Heppenheimer endlich der lange ersehnte Triumph in der Heimat.
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