Das neue Hybridsystem der Formel 1
Aus KERS wird ERS. Aber was ist das eigentlich? Und vor allem: Wie funktioniert es? Fragen, die wir beantworten wollen: In unserer Fotostrecke geben wir Aufschluss darüber, was sich zur Saison 2014 ändert. Und wir erläutern, welche einzelnen Systeme es gibt und was sie jeweils bewirken. Doch bevor unsere Entdeckungsreise mit ERS beginnt, werfen wir einen Blick zurück auf dessen Vorgänger. Also Vorhang auf für KERS!
2011 kehrte KERS - in leicht veränderter Form - in die Formel 1 zurück, in der es bis einschließlich 2013 zur Anwendung kam. KERS griff an der Hinterachse beim Bremsen entstehende Energie ab und wandelte diese in elektrische Energie um. So standen den Piloten pro Runde etwa 60 Kilowatt (etwa 80 PS) an zusätzlicher Leistung zur Verfügung - für exakt 6,67 Sekunden. Diese Menge an Energie mussten sich die Fahrer entsprechend einteilen. Hier im Bild zu sehen ist die KERS-Variante von Mercedes, wie sie bis 2013 in der Formel 1 genutzt wurde.
Zur Saison 2014 wurden die Formel-1-Regeln umfangreich verändert. Und das betrifft auch das Energie-Rückgewinnungssystem, das ab sofort nur noch "ERS" genannt wird. Es ist wesentlich stärker als sein Vorgänger-Modell: Es bietet dem Fahrer pro Runde 120 Kilowatt (rund 160 PS) - für satte 33 Sekunden. ERS ist aber auch deutlich komplexer aufgebaut als KERS. Und genau diesen Aufbau - hier im Bild ist der komplette Mercedes-Antriebsstrang der Saison 2014 (also Motor mit ERS) zu sehen - schauen wir uns bei den folgenden Fotos etwas genauer an.
Zunächst einmal müssen wir definieren, was überhaupt unter dem neuen Antriebsstrang zu verstehen ist. Nun denn: Der Formel-1-Antriebsstrang besteht aus den einzelnen Komponenten Verbrennungsmotor, MGU-K (Motor-Generator-Einheit für kinetische Energie), MGU-H (Motor-Generator-Einheit für Hitzeenergie), Energiespeicher, Turbolader und Steuerelektronik. Und genau in diesem Punkt unterscheidet sich der Antriebsstrang 2014 von seinen Vorgänger-Modellen, denn bislang wurde KERS lediglich an einen bestehenden Motor angegliedert. Der neue Antriebsstrang ist hingegen gemeinsam mit ERS entwickelt und von Anfang an kombiniert worden.
Den neuen Formel-1-Motor (hier im Bildausschnitt) gibt es also nicht ohne ERS. Trotzdem noch ein paar Fakten - nur zum Triebwerk: Es handelt sich um einen 1,6-Liter-V6-Turbomotor mit einem maximalen Einspritzdruck von 500 bar und einer maximalen Drehzahl von 15.000 U/min. Der Turbolader (links im Bild) hebt durch den vergrößerten Druck der angesaugten Luft die Reduzierung des Hubraums und der Drehzahl im Vergleich zum bisherigen V8-Motor auf und ermöglicht dem "downgesizten" Motor so eine ähnliche Leistung.
Die MGU-K-Einheit (hier im Bild) kann kinetische Energie, wie sie beim Bremsen an der Hinterachse abgegriffen wird, in elektrische Energie umwandeln. Dieses System leitet diese Energie dann weiter an den Energiespeicher, kann sie von dort auch wieder abgreifen. Wie schon erwähnt: Die MGU-K-Einheit kann dem Motor pro Runde für über 30 Sekunden knapp 160 PS an zusätzlicher Leistung zuführen. Angebracht ist das System - zumindest bei Mercedes - auf der Unterseite des Motors, wie hier zu sehen ist.
Die MGU-H-Einheit (hier im Bild) ist ein an den Turbolader gekoppelter Elektromotor. Dieser kann bis dato ungenutzte Energie aus dem heißen Abgasstrom abgreifen und in elektrische Energie umwandeln. Analog zum MGU-K-System wandert auch diese Energie zunächst in den bordeigenen Akku. Wie viel Energie die MGU-H-Einheit pro Runde aufsammeln darf, ist nicht festgelegt. Klar ist aber: Diese Energie kann zum Beispiel dazu verwendet werden, den Turbolader zu beschleunigen. Auf diese Weise kann das "Turboloch" ausgeglichen werden.
Der Energiespeicher (hier im Bild) ist - wie der Name schon sagt - der Platz, an dem die von den beiden MGU-Einheiten kommenden Energieströme gespeichert werden. Damit bei diesem System kein Wettrüsten entsteht, darf der Energiespeicher minimal 20, maximal 25 Kilogramm wiegen.
Und noch einmal das komplette ER-System. Ein paar letzte Zahlen dazu: Die MGU-K-Einheit (quasi der KERS-Nachfolger) kann pro Runde fünfmal mehr Energie abgreifen (2 Megajoule) und zehnmal mehr Energie abgeben (4 Megajoule) als KERS. Und das über einen rund fünfmal so langen Zeitraum. Insgesamt verfügt ERS über sieben Möglichkeiten, um die Effizienz des Antriebsstrangs zu optimieren. KERS stand hingegen nur ein möglicher Energieweg zur Leistungsoptimierung zur Verfügung. Entsprechend komplex und kompliziert ist der neue Formel-1-Antriebsstrang. Und entsprechend schwierig gestaltet sich der Einsatz auf der Rennstrecke.
Das neue Hybridsystem der Formel 1