Erst Williams-Designer, dann Schumachers "Superhirn" bei Benetton und Ferrari, schließlich Mercedes-Macher und jetzt der neue Formel-1-Sportchef
Ross Brawn ist zurück: Für den neuen Formel-1-Mehrheitseigner Liberty Media soll er als Sportchef die Königsklasse auf Vordermann bringen. Es ist der Höhepunkt einer bewegten Karriere. Sie begann einst bei...
...Williams. 1976 hatte der Absolvent eines Messtechnikstudiums bei March angeheuert und wurde an der Fräsmaschine eingesetzt. Zwei Jahre später wechselte er zu Williams und stieg zum Aerodynamiker im Windkanal auf. Und auch bei den Rennen half er aus - hätten Sie den Mann mit dem Wuschelkopf, der die Karosserie hält, erkannt?
Richtig geraten! Auch der Mann mit dem Stirnband ist die spätere Formel-1-Legende Ross Brawn.
In Brawns Williams-Zeit stieg die Truppe zum Siegerteam auf: Mit Geldern aus Saudi-Arabien und unter der Leitung von Technikchef Patrick Head war der Mann aus Manchester (links hinten) an der Entwicklung des "Schürzen-Konzepts" beteiligt.
1979 gewann man immerhin einige Rennen,...
...1980 wurde Brawn mit Williams und Pilot Alan Jones erstmals Weltmeister.
Bis 1983 zeichnete Brawn bei Williams auch für die Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung verantwortlich. Der zweite Williams-Titel durch Keke Rosberg 1982 geht also auch teilweise auf seine Kappe. Dass später Rosbergs Sohn Nico für sein Team fahren würde, hätte er sich damals wohl kaum vorstellen können.
1985 war Brawn als Chefaerodynamiker bei Lola tätig, wo er erneut mit Alan Jones zusammenarbeitete. Das zweite Kapitel dieser Allianz entwickelte sich aber zum Dilemma - der Ex-Champion blieb punktelos. Für Brawn gingen die Lehrjahre bei...
...Arrows weiter. Nach einem harzigen Beginn 1986 mutierte das Team unter Chefdesigner Brawn aber immerhin zum emsigen Punktesammler.
1988 gelang hinter McLaren, Ferrari, Benetton und Lotus immerhin Platz fünf in der Konstrukteurs-WM. Auch wenn Brawn seinen Boliden mit Eddie Cheever am Steuer hier so skeptisch beäugt.
Das Talent des aufstrebenden Designers sprach sich auch außerhalb der Formel 1 herum. Brawn wurde...
...von Tom Walkinshaw für sein Jaguar-Werksteam in der Sportwagen-WM engagiert, wo er erstmals die komplette Technikverantwortung trug. Mit Erfolg, denn...
...Jaguar dominierte die Serie und die 24 Stunden von Le Mans. Beim Langstrecken-Klassiker fuhr man 1990 gleich einen Doppelsieg ein. 1991 feierte das Team mit Brawns Konstruktion den Titel in der Sportwagen-WM. Damals war dieser allerdings schon auf dem Weg zu...
...Benetton, wo er auf den genialen Designer Rory Byrne traf. Dieses Duo sollte in Zukunft die Formel 1 dominieren. Als Technikchef...
...führte Brawn den jungen Michael Schumacher 1992 zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg. Das Strickwaren-Team begann damals, die Formel-1-Platzhirsche McLaren und Williams zu ärgern.
Vor allem die Zusammenarbeit mit Toptalent Schumacher (hier mit dessen Renningenieur Frank Dernie) erwies sich als außerordentlich fruchtbar. 1994 gewann Schumacher...
...die ersten Rennen, ehe Williams-Superstar Ayrton Senna in Imola tödlich verunglückte. Der Brasilianer hatte Benetton davor verdächtigt, eine verbotene Traktionskontrolle zu verwenden. Auch später in der Saison gab es in Brawns Team zahlreiche Umgereimtheiten. Dennoch gelang es der Truppe aus Enstone sensationell,...
...den WM-Titel einzufahren. 1995 wiederholten Schumacher und Brawn dieses Kunststück, ehe der Kerpener zu...
...Ferrari wechselte. Brawn folgte dem Ruf seines Erfolgspartners, auch der Südafrikaner Rory Byrne ging zur Scuderia. Dort war allerdings...
...Aufbauarbeit notwendig. Von 1996 bis 1999 verfehlte man stets den Fahrer-WM-Titel. Dennoch gab es...
...legendäre Rennen, in denen Brawn seinen Ruf als "Superhirn" am Kommandostand festigte. Ein Klassiker war der Grand Prix von Ungarn 1998, als sich Schumacher mit einem zusätzlichen Boxenstopp gegen McLaren durchsetzte.
2000 platzte endlich der Knoten, und Michael Schumacher holte mit Ferrari endlich den lange ersehnten WM-Titel. Bei der Feier auf dem Siegespodest in Sepang trugen die Ferrari-Triumphatoren rote Perücken, und auch Brawn gönnte sich einen Schluck Champagner. Damit begann in der Formel 1 die
...der Ferrari-Dominanz. Schumacher und Barrichello spielten in ihren haushoch überlegenen Boliden mit der Konkurrenz - und mit sich selbst. So wie hier beim umstrittenen Grand Prix der USA 2002, als die Ferrari-Piloten gleichauf über die Ziellinie fuhren.
Die Formel 1 sieht rot: Teamchef Jean Todt, Ferrari-Boss Luca di Montezemolo, Starpilot Michael Schumacher und Technikchef Ross Brawn waren die Architekten des Erfolgs. Von 2000 bis 2004 holte man acht Fahrer- und Konstrukteurs-WM-Titel. 2005 und 2006 lief es...
...für Ferrari nicht mehr so rund. Trotz Brawns strengem Blick gingen beide WM-Titel an Renault-Pilot Fernando Alonso. Michael Schumacher trat Ende 2006...
...zurück, und auch das Ferrari-Traumteam bröckelte auseinander. Brawn zog sich...
...aus der Formel 1 zurück, und verbrachte Zeit mit Frau Jean und seiner Familie. Zudem tankte er seine leeren Akkus beim Rosenzüchten und beim Fischen auf. Lange hielt er es...
...nicht auf der Couch aus. Ende 2007 bot ihm Honda beim schwächelnden Formel-1-Team den Posten des Teamchefs an. Brawn konnte nicht widerstehen. Schon nach wenigen Rennen 2008 gab er allerdings die Saison auf und wies seine Mannschaft an, alle Energien auf die Saison 2009 zu konzentrieren. Doch dann...
...folgte die Hiobsbotschaft: Honda zog den Stecker, und Brawn kaufte das Team um einen symbolischen Euro. Die Stimmung wurde aber bereits nach dem ersten Test mit dem Brawn-Boliden schlagartig besser, als man mit Rekordzeiten die Konkurrenz schockte. Auch Brawns Langzeit-Rivale,...
...Stardesigner Adrian Newey von Red Bull, bewunderte das Sensationsauto, mit dem Jenson Button schon in der ersten Saisonhälfte alles für den Titelgewinn klar machte. Kein Wunder, dass...
...auch die britischen Rennfans nach den Seriensiegen völlig ausflippten. Die WM wurde zwar erst beim Saisonfinale endgültig sichergestellt, dennoch...
...geht der Erfolg von Button und Brawn als eine der größten
...Erfolgspartner Michael Schumacher von einem Formel-1-Comeback. Doch diesmal passierte das Gegenteil: Die erwarteten Erfolge blieben aus, und "Schumi" tat sich gegen Teamkollege Nico Rosberg und...
...so manchen Piloten eines Mittelfeld-Teams (hier Kamui Kobayashi im Sauber) schwerer als angenommen. Rosberg feierte...
...2012 in Schanghai den ersten Mercedes-Sieg unter Brawns Leitung. Der damalige Motorsportchef Norbert Haug und der Teamchef bejubelten auch Schumachers dritten Platz in Valencia. Sonst gab es nicht viel zu lachen.
Mit dem Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzenden Niki Lauda wurde Brawn 2013 einem Aufpasser unterstellt, Toto Wolff ersetzte Motorsportchef Haug und Schumacher machte Lewis Hamilton Platz. Und plötzlich ging es mit dem Mercedes-Team aufwärts. Rosberg triumphierte in Monaco (Bild) und in Großbritannien, Hamilton...
...gelang in Ungarn der Sieg. Zum vorerst letzten Mal durfte damals auch Brawn auf das Podest klettern. Er verließ Ende 2013 den Rennstall aus Brackley. Ein versöhnlicher Ausklang, denn immerhin gelangen dem Team dieses Jahr drei Siege und Platz zwei in der Konstrukteurs-WM.