Nach einigen harten Aufbaujahren folgen Triumphe in Serie: Die Ära von Michael Schumacher bei Ferrari geht in die Geschichte der Formel 1 ein
Ein Anblick, an den sich die Konkurrenz erst noch gewöhnen muss: Nach zwei Weltmeistertiteln mit Benetton in den Jahren 1994 und 1995 wechselt Michael Schumacher 1996 zu Ferrari. Der Druck auf den Deutschen ist groß, schließlich wartet das italienische Traditionsteam seit 1979 auf einen Titel in der Fahrer-WM. Der damalige FIAT-Chef Gianni Agnelli drückt es angeblich so aus: "Wenn Ferrari mit Michael Schumacher nicht Weltmeister wird, dann werden wir es nie mehr."
Der erste Sieg: In Spanien demonstriert Schumacher im Regen seine ganze Klasse und fährt seinen ersten von insgesamt 72 Siegen für die Scuderia ein. Um die Weltmeisterschaft kann der amtierende Champion 1996 allerdings nicht kämpfen, dazu ist der F310 zu langsam und fehleranfällig.
Für die Saison 1997 rüstet Ferrari auf: Ross Brawn, der Schumacher bereits bei Benetton zu seinen zwei Titeln geführt hatte, wechselt als Technischer Direktor zu den Roten. Ein genialer Schachzug, der sich bereits im ersten Jahr auszuzahlen scheint. Schumacher kämpft bis zum letzten Rennen um den Titel und führt die WM vor dem letzten Lauf mit einem Punkt vor Jacques Villeneuve an.
Der Traum vom dritten Titel endet allerdings im Kiesbett. Schumacher und Villeneuve kollidieren beim Saisonfinale in Jerez und der Deutsche scheidet aus, während seinem Gegner ein dritter Platz zum Titelgewinn reicht. Es kommt noch schlimmer: Schumacher wird für den Zwischenfall bestraft und verliert all seine WM-Punkte und damit den Vizetitel.
1998 bekommt es Schumacher mit einem neuen Gegner zu tun: McLaren-Pilot Mika Häkkinen fordert den Deutschen heraus. Später wird der siebenmalige Weltmeister über dieses Duell sagen: "Es gibt keinen, vor dem ich so viel Respekt neben und auf der Strecke hatte wie Mika Häkkinen."
Ganz anders denkt Schumacher 1998 in Spa über Häkkinens Teamkollegen David Coulthard. Der Kerpener führt das Rennen souverän an, will den Schotten überrunden. Im Regen geht dieser unmittelbar vor Schumi vom Gas, es kommt zur Kollision. Schumacher kommt als "Dreirad" zurück an die Box, dort stürmt er in Richtung der McLaren-Garage und will die Sache mit Coulthard austragen. Am Ende des Jahres geht der Titel an Häkkinen.
Am 16. Mai 1999 gewinnt Schumacher in Monaco und holt damit seinen 16. Sieg für Ferrari. Damit überflügelt er Niki Lauda und ist in Sachen Siegen nun der erfolgreichste Ferrari-Pilot aller Zeiten. Zum kompletten Glück fehlt eigentlich nur noch der Titel. 1999 scheint auch alles dafür angerichtet zu sein, doch es kommt wieder anders...
In Silverstone erleidet Schumacher einen Beinbruch und muss anschließend sechs Rennen aussetzen. Teamkollege Eddie Irvine muss als neue Nummer eins bei Ferrari einspringen. Es ist Schumachers schwerste Verletzung seiner gesamten Formel-1-Karriere.
Im vorletzten Saisonrennen in Malaysia kehrt Schumacher wie Phönix aus der Asche zurück. Im Qualifying holt er sich mit fast über einer Sekunde Vorsprung die Pole-Position. Im Rennen präsentiert sich der Kerpener dann als Teamplayer und überlässt Irvine den Sieg, da dieser die Punkte für den WM-Kampf braucht. Am Ende holt Häkkinen erneut den Titel, Ferrari sichert sich allerdings den ersten Konstrukteurs-Titel seit 1983.
Da Irvine keine Lust mehr auf die Rolle des Wasserträgers hat, bekommt Schumacher 2000 mit Rubens Barrichello einen neuen Teamkollegen. Was zum Zeitpunkt der Präsentation des F1-2000 noch niemand ahnt: Die beiden sollen das erfolgreichste Fahrerduo der Formel-1-Geschichte werden und in den kommenden sechs Saisons insgesamt 24 Doppelsiege einfahren.
Am 8. Oktober 2000 trägt die Arbeit der vergangenen vier Jahre endlich Früchte. Schumacher gewinnt den Großen Preis von Japan und krönt sich ein Rennen vor Saisonende zum ersten Ferrari-Weltmeister seit Jody Scheckter vor 21 Jahren. Später erklärt Schumacher, dass der erste Titelgewinn mit Ferrari für ihn selbst der schönste von allen sieben war.
Richtig ausgelassen wird allerdings erst nach dem letzten Lauf der Saison in Malaysia gefeiert, in dem Ferrari sich auch noch den Konstrukteurs-Titel sichert. Bis heute legendär: Die roten Perücken von Schumi und Co. Es ist der Startschuss einer bis heute unerreichten Dominanzphase. Zwischen 2000 und 2004 sichern sich Schumacher und Ferrari fünf Fahrer- und Konstrukteurs-Titel in Serie.
Der Erfolg hat aber auch seine Schattenseiten: In Spielberg lässt Barrichello Schumacher 2002 wenige Meter vor dem Ziel überholen und schenkt dem Deutschen so den Sieg. Auf dem Podium gibt es anschließend heftige Pfiffe der wütenden Fans gegen Ferrari und den Weltmeister.
Nötig hat Schumacher die geschenkten Punkte übrigens nicht. In Frankreich krönt er sich mit seinem Sieg bereits sechs Rennen vor Saisonende zum Weltmeister und ist damit der früheste Champion aller Zeiten. Mit Titel Nummer fünf stellt er außerdem den Rekord von Juan Manuel Fangio ein.
2003 kommt es für Schumacher zu einer Art Deja-Vu: Erneut ist sein größter Titelkonkurrent ein Finne im McLaren. Sein Name ist allerdings nicht Mika Häkkinen - der seine Formel-1-Karriere mittlerweile beendet hat - sondern Kimi Räikkönen. Die Weltmeisterschaft ist dieses Mal bis zum letzten Rennen offen, am Ende sichert sich Schumi mit zwei Zählern Vorsprung hauchdünn seinen sechsten Titel.
Die Saison 2004 stellt den Höhepunkt und Abschluss der Ferrari-Dominanz dar. Schumacher gewinnt auf dem Weg zu Titel Nummer sieben insgesamt 13 Rennen - Rekord. Gleichzeitig ist es allerdings auch Schumachers letzter WM-Titel.
2005 kann Schumacher nur einen einzigen Sieg einfahren - beim Skandalrennen in Indianapolis. Da aus Angst vor Reifenschäden kein Michelin-Team am Grand Prix teilnimmt, gehen nur die sechs Autos mit Bridgestone-Reifen an den Start. Am Ende siegt Schumacher vor Barrichello. Wieder einmal kommt es zu einem Pfeifkonzert der Fans, dieses Mal sind die beiden Ferrari-Piloten allerdings unschuldig. Echte Freude kommt trotzdem nicht auf.
Schumachers letzter Ferrari-Teamkollege wird 2006 Felipe Massa. Der Brasilianer wechselt von Sauber zur Scuderia und soll nach der verkorksten Saison 2005 dabei helfen, den Titel zurück nach Maranello zu holen. Das Duo Schumacher/Massa holt in diesem Jahr zwei Doppelsiege.
Siege in Monza sind immer etwas besonderes, vor allem für Ferrari-Piloten. Insgesamt dreimal gewinnt Schumi für die Scuderia dort, letztmalig 2006. Was die Tifosi hier noch nicht ahnen: Auf der anschließenden Pressekonferenz wird Schumacher seinen Rücktritt nach der Saison verkünden.
Der Kerpener will sich unbedingt mit Titel Nummer acht von der Formel-1-Bühne verabschieden und kämpft wie ein Löwe gegen Fernando Alonso. Drei Rennen vor Schluss siegt Schumi in China und übernimmt die Führung in der Weltmeisterschaft. Es ist sein letzter Sieg für Ferrari und in der Königsklasse überhaupt.
Das Ende aller Träume: Beim vorletzten Rennen in Japan beendet ein Motorschaden alle realistischen Hoffnungen auf den achten Titel. Ironischerweise sorgt ausgerechnet ein technischer Defekt für Schumachers Aus im Titelrennen. Dabei war die Zuverlässigkeit in Schumachers Ferrari-Jahren immer die große Stärke der Scuderia gewesen.
Auch wenn es in Schumachers letztem Rennen für Ferrari nicht mehr mit dem Titel klappt, bietet der siebenmalige Champion seinen Fans in Brasilien immerhin eine tolle Show. Nach einem Reifenschaden fällt er zunächst bis auf den letzten Platz zurück, sichert sich nach einigen spektakulären Überholmanövern aber noch einmal einen starken vierten Platz.
Es ist das Ende einer Ära: In elf gemeinsamen Jahren feiern Schumi und Ferrari unter anderem fünf Fahrer-Weltmeisterschaften, sechs Konstrukteurs-Titel und 72 Siege!
Nach einigen harten Aufbaujahren folgen Triumphe in Serie: Die Ära von Michael Schumacher bei Ferrari geht in die Geschichte der Formel 1 ein