Was in Brasilien sonst noch geschah: Wie James Waddell zum Star wurde und Lewis Hamilton die Fans verärgerte
Brasilien 2015 ist (genau wie 2014) das Wochenende des Nico Rosberg - und große Siege dürfen groß gefeiert werden. Dass dabei schon mal was schiefgehen kann, fällt in die Kategorie Kollateralschaden. Denn Rosberg steht ein Rennen vor Schluss bereits als WM-Zweiter fest. Damit hat Mercedes auch das allerletzte Saisonziel erreicht.
Brasilien 2015 ist auch das Wochenende des James "Jimmy" Waddell, Verbundstoff-Techniker des Mercedes-Teams. Waddell gilt, nicht nur wegen seines Barts, als immer lustiger Launemacher innerhalb der Silberpfeil-Crew, und darf auf dem Podium die Trophäe für den siegreichen Konstrukteur abholen, ...
... weil er am Samstag seinen 50. Geburtstag feiert. Unter den Gratulanten: natürlich die Chefs Toto Wolff und Niki Lauda - und Eddie Jordan, der mindestens genauso lustig ist wie Waddell und ihm die Geburtstagstorte daher auf eher unkonventionelle Weise "überreicht".
Tut allerdings nicht weiter weh, denn gegessen wird ohnehin schon am Samstagabend. Mit rotem Fleisch und rotem Wein in einem jener Restaurants, für die Sao Paulo von der Formel-1-Community so geliebt wird.
Aber der Erfolg kommt nicht vom Steak, der Erfolg kommt vom harten Training. Schade nur, dass weder Rosberg noch sein Physio Daniel Schlösser mit GPS-Messung für die Charity-Initiative RunThatTrack laufen. Die Bestzeit 2015 im Autodromo Jose Carlos Pace: 15:46 Minuten, aufgestellt von McLaren-Mitarbeiter Adrian Wybrott.
Brasilien 2015 ist nicht das Wochenende des Lewis Hamilton. Und das beginnt schon am frühen Dienstagmorgen, genau genommen um 3:28 Uhr, in der Loews-Kurve in Monte Carlo. Denn dort verursacht der übermüdete Weltmeister nach einem Party-Marathon in London und im Fürstentum einen Verkehrsunfall - mit seinem zwei Millionen Euro teuren Supersportwagen Pagani Zonda.
Doch darüber wird in Brasilien nicht mehr gesprochen, und Hamilton wirkt gelinde gesagt genervt, als er am Donnerstag im Paddock ankommt. Übrigens um einen Tag später als geplant. Wegen Fieber, so die offizielle Begründung.
Immerhin: Beim Fotoshooting mit den brasilianischen Kids wirkt Hamilton schon wieder deutlich fitter als beim Termin bei Madame Tussauds eine Woche zuvor. Und, sind wir mal ehrlich: Die Kinder in Sao Paulo sind auch etwas lebhafter als die Wachsfiguren in London.
Schon bevor Fernando Alonso nach dem Qualifying-Motorschaden mit dem Hashtag #PlacesAlonsoWouldRatherBe zum Twitter-Superstar wird, verraucht am Freitag einer seiner Honda-Motoren. Von Medical-Car-Fahrer Alan van der Merwe lässt sich der Ex-Champion zurück an die Box chauffieren. Anschließend witzelt er: "Ich sollte beim Medical-Car Meilen sammeln. Ich bin ja schon Vielfahrer bei denen."
Doch das ist der Demütigung für den stolzen "Mister McLaren", Ron Dennis (übrigens nicht in Brasilien), nicht genug: Alonso und Teamkollege Jenson Button lassen sich nach ihrem frühen Aus im Qualifying selbstironisch von den brasilianischen Fans feiern. "Jenson und ich sahen das Podium ganz in der Nähe und dachten uns: So nahe kommen wir da nicht mehr ran! Zumindest ein schönes Foto, an das wir uns dieses Jahr erinnern können", lacht der Spanier.
Manche Dinge ändern sich in Interlagos nie. Zum Beispiel, dass auf Höhe der ersten Zwischenzeit eine riesengroße Ferrari-Flagge ausgerollt wird. Und das, obwohl Rubens Barrichello und Felipe Massa längst nicht mehr Ferrari fahren.
Barrichello ist nicht einmal anwesend, sondern mit seinem Sohn beim Kartfahren in Portugal - und verpasst damit die Premiere des renovierten Paddocks im Autodromo Carlos Pace. Unten schon moderner Glaspalast, oben (wo 2016 der Paddock-Club hinkommt) noch Rohbau, und Internet-Preise jenseits der 1.000 Euro für die schnellsten Leitungen: Nicht alle sind von Interlagos neu begeistert.
Er schon: Luis Antonio Massa, weltberühmt geworden durch seinen herzzerreißenden 20-Sekunden-Jubel im Jahr 2008, hat inzwischen seinen Frieden damit gemacht, dass es für Sohn Felipe damals nicht geklappt hat mit dem WM-Titel. Notfalls muss es halt Enkelsohn "Felipinho" richten.
Der darf sogar bei der Fahrerparade mit auf den Truck, ist inzwischen bester Kumpel von Daniel Ricciardo & Co. Einige Fans stört aber etwas ganz anderes: Während die Formel 1 mit Tricolore und Black Ribbon den Terroropfern von Paris gedenkt, lässt sich Weltmeister Hamilton feiern, als wäre nichts gewesen. Das kommt nicht bei allen gut an.
Ebenfalls unbeliebt: Grid-Boys. Besonders bei Sebastian Vettel. Der befürchtet schon am Freitag: "Keine Grid-Girls? Echt jetzt? Streik! Das schreit nach einem Streik!" Vielleicht Zufall, dass ausgerechnet ihm ein Joao zugewiesen wird und keine Ana, ...
... vielleicht aber auch nicht. Denn Grid-Boy-Sponsor "Celebrity Coffee" ist das neueste Projekt von Fabiana Ecclestone, die vor ihrer Hochzeit mit dem mächtigen Formel-1-Boss in Interlagos im Marketing gearbeitet hat. Klärungsbedarf zwischen den Herren Vettel und Ecclestone.
Auch andere Ehen haben schon mal bessere Zeiten erlebt. Die ORF-Kommentatoren Alexander Wurz und Ernst Hausleitner, am Flughafen ertappt von RTL-Kollege Florian König, haben sich offensichtlich nicht viel zu sagen und stecken die Nasen in ihre Smartphones. Übrigens: Das Angebot, Teamchef bei Manor-Marussia zu werden, hat Wurz bereits abgelehnt. Auch wenn das an den britischen Medien offensichtlich vorbeigegangen ist.
Eine andere Ehe erlebt gerade ihren zweiten Frühling, wenn auch eher auf zweckmäßiger Basis: Red Bull und Renault werden doch gemeinsam in die Saison 2016 gehen, die Details dazu sollen beim Saisonfinale in Abu Dhabi bekannt gegeben werden. Ein Übergangsjahr. Aber schon jetzt zeigen sich die Herren Horner, Abiteboul und Marko wieder in der Öffentlichkeit. Und zwar lachend. Das ist lange her.