Vor 30 Jahren verlor Stefan Bellof bei einem Sportwagen-Rennen in Spa-Francorchamps sein Leben. Deutschland trauert bis heute um eines der größten Motorsporttalente.
1980 gewinnt Stefan Bellof die deutsche Kart-Meisterschaft, anschließend überzeugt er in den Nachwuchsserien Formel Ford, Formel Super V und Formel 3. 1982 holt ihn Willy Maurer in sein Formel-2-Team. Bellof gewinnt auf Anhieb zwei Rennen. Auch im Folgejahr tritt er im von Gustav Brunner entworfenen Maurer-BMW in der Formel 2 an - und macht bei einem Unfall in Spa-Francorchamps mit jenen Barrieren erste Bekanntschaft, die ihn drei Jahre später das Leben kosten werden.
Die damaligen Formel-2-Fahrzeuge waren der großen Formel 1 fast ebenbürtig. Man experimentierte mit viel Abtrieb, nutzte den sogenannten "Ground Effect", der das Fahrzeug quasi an die Fahrbahn sog. Diese Boliden lagen dem außergewöhnlich talentierten Bellof von Anfang an. Durch starke Auftritte in der Formel 2 machte er nicht nur die Teambosse der Königsklasse auf sich aufmerksam, sondern auch das Werksteam von Porsche in der damaligen WM.
1982 hat Bellof bereits zweimal im Sportwagen von Kremer-Porsche gesessen, im Folgejahr holt ihn das Werk in den 956 an die Seite der Platzhirschen Jacky Ickx, Derek Bell und Jochen Mass. Der Youngster fährt sofort alles in Grund und Boden. Beim ersten Rennen in Silverstone düpiert er die Konkurrenz mit Fabelzeiten in den Trainings und einer sensationellen Vorstellung im anfangs nassen Rennen.
Der erfahrene Derek Bell darf zu jener Zeit dank des Speeds seines neuen Teamkollegen so manchen Erfolg feiern. In der Saison 1983 reicht es jedoch nicht zum Titelgewinn. Die Krone darf sich noch einmal Jacky Ickx aufsetzen, der sich schon im Jahr zuvor zum WM-Titel gefahren hatte. Aber Bellof setzt strahlende Glanzlichter - und was für welche!
Im Abschlusstraining zum 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring jagt Bellof den Porsche 956 in unglaublichen 6:11,13 Minuten über die wegen Bauarbeiten verkürzten Strecke in der Eifel - ein Rekord für die Ewigkeit. Auch im Rennen ist der junge Deutsche im Rekordtempo unterwegs, bis ihn in Führung liegend im Bereich Pflanzgarten die Unterluft erwischt. Der Porsche fliegt wild durch die Luft und schlägt ein, aber Bellof kann unverletzt entkommen.
Von harten Einschlägen und wilden Unfällen lässt sich Bellof weder Speed noch gute Laune nehmen. Der stets gut gelaunte Youngster zeigt der "alten Garde" mit seinem schieren Talent immer wieder, wo der Hammer hängt. Das Verhältnis zum damaligen Sportwagen-Superstar Jacky Ickx leidet, die erfahrenen Jochen Mass und Derek Bell erkennen, dass dem jungen Vollgastier im Porsche-Team die Zukunft gehören wird - sie arrangieren sich auf freundschaftliche Art mit dem schnellen Nachwuchsmann.
Trotz aller Erfolge bleibt Bellof im Auftreten bescheiden und als Mensch jederzeit offen. Seine damaligen Teamkollegen und Weggefährten erinnern sich an seine ständigen Scherze und das stets strahlende Spitzbuben-Lächeln im Gesicht. Derek Bell und Stefan Bellof gewinnen 1983 gemeinsam in Silverstone, Fuji (Foto) und Kyalami.
Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans 1983 teilt sich Bellof einen Rothmans-Porsche 956 mit Jochen Mass. Das deutsche Duo hatte jedoch Pech: Nach 20 Stunden fällt der Porsche mit technischem Defekt aus. Es war Bellofs einziger Start beim größten Rennen der Welt, denn in der Saison 1984 tritt er neben Sportwagenrennen auch in der Formel 1 an.
McLaren will den jungen Deutschen, hat zur Saison 1984 allerdings kein Cockpit für Bellof frei. Kurzfristig landet der Deutsche beim Team von Ken Tyrrell. Die britische Mannschaft ist jedoch mit einem riesigen Manko unterwegs. Im Gegensatz zu den Topteams, die ihre Boliden mit brachialer Turbopower nach vorne brachten, agierte Tyrrell mit einem betagten Sauger von Ford.
Trotz mangelnder Motorpower liefert Bellof eine riesige Show im Grand Prix von Monaco 1984. Im Regen jagt er durch das Fürstentum, macht sich im Paarlauf mit einem gewissen Ayrton Senna (Toleman) auf die Verfolgung des führenden Alain Prost (McLaren) - bis zum Abbruch. Bellof wird auf Rang drei gewertet, ist später aber stinksauer auf jenen Mann, der das Rennen vorzeitig abbrach: Jacky Ickx.
Bellof steht am Ende der Formel-1-Saison 1984 trotz einiger starker Auftritt mit komplett leeren Händen da. Seinem Tyrrell-Team, werden alle Punkte gestrichen, die Mannschaft wird aus der Wertung ausgeschlossen. Ken Tyrrell und seine Strategen hatten Metallkügelchen in den Tank gefüllt und die Konkurrenz laut FIA betrogen.
1985 bleibt Bellof trotz der Pleite aus dem Vorjahr beim Tyrrell-Team. Sportlich sind die Chancen jedoch kaum besser. Man fährt zunächst mit dem unterlegenen Ford-Saugmotor weiter. Mit Platz sechs in Portugal und Rang vier in den USA kann sich der junge Deutsche dennoch gut in Szene setzen, bevor bei Tyrrell endlich auch ein Turbo arbeiten darf.
Zum Grand Prix in Deutschland wechselt die britische Mannschaft vom alten Ford-Sauger zum Renault-Turbo. Doch die Umstellung gestaltet sich schwierig, der erhoffte schnelle Sprung nach vorn bleibt aus. Von Startplätzen aus den hintersten Reihen bringt Bellof den Wagen dennoch am Nürburgring auf Rang acht, anschließend in Österreich sogar auf Platz sieben. Im letzten von insgesamt 22 Formel-1-Rennen (GP Niederlande 1985) kommt Bellof nicht ins Ziel.
Aufgrund seines parallelen Engagements in der Formel 1 ist für den aufstrebenden Deutschen kein Platz mehr im Sportwagen-Werksteam von Porsche. Stefan Bellof geht 1985 ausschließlich für das Kundenteam Brun auf die Langstrecke. Für die Privatmannschaft hat er im Jahr zuvor bereits einige Läufe auf dem Weg zum Gewinn des WM-Titels absolviert. Beim Rennen in Spa will Bellof seinem Freund und Teamkollegen Thierry Boutsen unbedingt zu einem Heimsieg verhelfen, aber...
... die Jagd nach seinem ewigen Porsche-Kontrahenten Jacky Ickx endet tödlich. Nach den Fahrerwechseln liegt Bellof auf Rang zwei hinter dem Belgier. Er erhöht sofort den Druck auf Ickx im Werksauto, will - offenbar nach einem Missverständnis - in der schnellen Senke von Eau Rouge am belgischen Nationalhelden vorbei. Die beiden Porsche kollidieren, Bellof verliert beim Einschlag viel zu früh sein Leben.
Vor 30 Jahren verlor Stefan Bellof bei einem Sportwagen-Rennen in Spa-Francorchamps sein Leben. Deutschland trauert bis heute um eines der größten Motorsporttalente.