Von den Helden der Nordschleife bis zu den Dominatoren der Formel-1-Saison 2014: Die Rennsportgeschichte von Mercedes
Am 3. Juni 1934 schlägt die Geburtsstunde des "Silberpfeils". Das Reglement für diese Saison schreibt ein Maximalgewicht der Autos von 750 Kilogramm vor, doch vor dem Eifelrennen am Nürburgring bringen die weiß lackierten Mercedes W25 751 Kilogramm auf die Waage. "Nun sind wir die Gelackmeierten!", soll der legendäre Rennleiter Alfred Neubauer damals gerufen haben.
Doch mit diesem Ausspruch bringt der sein Team - der Legende nach - auf eine Idee.
2009 hat Jenson Button die Ehre, den Mercedes W25 beim "Festival of Speed" in Goodwood zu fahren. Ob sich die Entstehungsgeschichte der Silberpfeile im übrigen genau so zugetragen hat, ist bis heute umstritten. Manche Quellen wissen zu berichten, die Autos seien von Anfang an silbern lackiert worden.
Allerdings war schon zwei Jahre zuvor erstmals von einem "silbernen Pfeil" die Rede. So bezeichnet ein Radioreporter den Mercedes SSKL von Manfred von Brauchitsch, mit dem dieser beim AVUS-Rennen 1932 an den Start geht. Das Auto (hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1931 vom Nürburgring) fährt damals mit unlackierter Verkleidung aus Aluminium.
Der erste offizielle Silberpfeil wird für Mercedes als Erfolgsmodell. Bis Ende 1936 gewinnt der W25 insgesamt 16 Große Preise.
In den 1930er-Jahren wird der Begriff "Silberpfeil" zu einem Synonym für die zu dieser Zeit dominierenden deutschen Rennfahrzeuge. Denn nicht nur der Mercedes W25, sondern auch der Auto Union Typ C, hier 1936 in Budapest mit Hans Stuck am Steuer, präsentiert sich im Silbergewand.
Nachfolger des W25 wird 1937 der W125 mit seinen charakteristischen Kühlöffnungen. Mit zwei Dreifach- und drei Doppelerfolgen erweist sich der neue Silberpfeil als würdiger Nachfolger. Auf diesem Bild lässt es Manfred von Brauchitsch in Donignton fliegen.
1938 setzt Mercedes bei den Grand Prix den W154 ein, der erstmals über einen Zwölfzylinder-Motor verfügt, der über 450 PS leistet. Auch der neue Silberpfeil erweist sich als Volltreffer. Dieses Bild vom Grand Prix von Frankreich in Reims mit drei Mercedes auf den ersten drei Startplätzen, spiegelt die Stärke der Stuttgarter Autos wider. Der W154 siegt bei drei von von Grands Prix.
Der Mercedes W165 wird nur für ein einziges Rennen gebaut: Den Großen Preis von Tripolis in der damaligen italienischen Provinz Libyen. Nach einer überraschenden Regeländerung bleiben Mercedes nur acht Monate zur Entwicklung des Autos. Doch entgegen der Erwartungen der Organisatoren verhilft dieser Trick den italienischen Alfa Romeo nicht zum Sieg. Hermann Lang und Rudolf Caracciola landen einen Doppelerfolg für Mercedes.
Mit dem 300SL, intern auch als W194 bezeichneten Sportwagen, meldet sich Mercedes nach dem zweiten Weltkrieg auf der internationalen Motorsportbühne zurück. Das Auto gewinnt zahlreiche Sportwagen-Renne, unter anderem die Carrera Panamericana und die Targa Florio.
1954 steigt Mercedes mit dem W196 in die vier Jahre zuvor gegründete Formel 1 ein und setzt damit die Geschichte der Silberpfeile fort. Mit Juan Manuel Fangio verpflichtet das Team den Superstar der damaligen Zeit.
Der Argentinier liefert sich im Kampf um die WM-Titel der Jahre 1954 und 1955 ein erbittertes Duell mit seinem Teamkollegen Stirling Moss, bei dem er aber jeweils die Oberhand behält.
Die Erfolgsbilanz des Mercedes W196, der bei einigen Rennen mit einer stromlinienförmigen Verkleidung fährt, ist beeindruckend: Neun Siege und schnellste Runden sowie acht Pole-Positions bei zwölf Grand-Prix-Teilnahmen.
Mit dem 300 SLR wollte Mercedes im Jahr 1955 die 24 Stunden von Le Mans gewinnen, doch das Rennen endet in einer Tragödie. Pierre Leveghs Auto wird nach einem Unfall auf die Tribüne geschleudert. Mit insgesamt 84 Toten ist dies bis heute das größte Unglück der Motorsport-Geschichte. Mercedes stellt Ende 1955 sämtliche Motorsport-Aktivitäten ein, was allerdings keine Reaktion auf den Unfall, sondern bereits vorher beschlossen war.
Erst 34 Jahre später wird die Geschichte der Silberpfeile fortgesetzt. 1989 entscheidet sich Mercedes, das Sauber-Team in der Sportwagen-Weltmeisterschaft werksseitig zu unterstützen. Die Rückkehr wird zum Triumph. 1989 gewinnen Jochen Mass, Manuel Reuter und Stanley Dickens die 24 Stunden von Le Mans.
Am Steuer des Nachfolgemodells Sauber-Mercedes C11 sitzen auch die damaligen Mercedes-Junioren Michael Schumacher und Karl Wendlinger. Doch an die Erfolge des Vorgängers kann dieser Silberpfeil wie auch der 1991 bei einigen Rennen eingesetzte C291 nicht anknüpfen.
1992 wirbt Mercedes in der DTM auf zwei 190E 2.5-16 Evo2 (letztlich erfolglos) für die Austragung der olympischen Spiele 2000 in Berlin. Damit hat auch die DTM ihre Silberpfeile. Mit einem der silberfarbenen Mercedes gelingt Ellen Lohr als bis heute einziger Frau ein Sieg in der DTM.
Ab 1997 wendet sich Mercedes nach dem Aus der DTM wieder dem Langstrecken-Sport zu. Mit dem CLK-GTR und seinem Nachfolger CLK-LM gewinnen zwei silberne Mercedes die Gesamtwertung der FIA-GT-Meisterschaft.
Mit den Nachfolgemodell CLR geraten die 24 Stunden von Le Mans im Jahr 1999 für Mercedes aber zu einem Desaster. Gleich mehrmals hebt das aerodynamisch instabile Auto ab. Peter Dumbrecks mehrfachen Salto im Rennen, der wie durch ein Wunder glimpflich endet, ist vielen Motorsportfans wohl noch lebhaft in Erinnerung.
1997 feiern die Silberpfeile ihr auch in der Formel 1 inoffiziell ihr Comeback. Nach dem Wechsel des Hauptsponsors versieht das Mercedes-Partnerteam McLaren seine Boliden mit einer Lackierung, die bei vielen Erinnerungen an die legendären Silberpfeile weckt. Der MP4/12 erweist sich dieses Erbes würdig und gewinnt, pilotiert von David Coulthard, gleich das erste Saisonrennen in Melbourne.
1998 und 1999 wird Mika Häkkinen am Steuer eines Silberpfeil-McLaren-Mercedes Formel-1-Weltmeister, zudem sichert sich das Team 1998 die Konstrukteursmeisterschaft.
Der nächste Titel folgt erst im Jahre 2008. Nachdem Fernando Alonso und Lewis Hamilton im Vorjahr Kimi Räikkönen die Weltmeisterschaft auf dem Silbertablett präsentiert hatten, ringt Hamilton 2008 im wohl dramatischen Finale der Formel-1-Geschichte Felipe Massa in Brasilien nieder und sichert sich auf den letzten Metern den Titel. Mittlerweile wird der McLaren-Mercedes aufgrund seiner Lackierung auch Chrompfeil genannt.
2010 kehren die Silberpfeile dann auch offiziell in die Formel 1 zurück. Der Stuttgarter Hersteller übernimmt das Team von Ross Brawn und holt den siebenmaligen Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher aus dem Ruhestand zurück.
Der Weg zurück zum Erfolg ist allerdings beschwerlich. Erst 2012 gelingt Nico Rosberg in Schanghai der erste Sieg. Nach 57 Jahren Pause wird die Erfolgsgeschichte der Silberpfeile in der Formel 1 fortgeschrieben.
2014 ist Mercedes zurück an der Spitze der Formel 1: Der W05 ist da mit Abstand beste Auto, Nico Rosberg und Lewis Hamilton machen die WM unter sich aus und machen Mercedes damit genau 60 Jahre nach dem ersten Titel wieder zum Formel-1-Weltmeister.
Von den Helden der Nordschleife bis zu den Dominatoren der Formel-1-Saison 2014: Die Rennsportgeschichte von Mercedes