Michael Schumachers Formel-1-Saison 2000: Sein erster WM-Titel mit Ferrari, legendäre Duelle mit Mika Häkkinen und ein überaus emotionaler Moment in Monza
Es ist vollbracht! Nach vier gescheiterten Versuchen gelingt Michael Schumacher im Jahr 2000 in seiner fünften Ferrari-Saison endlich der ersten WM-Titel mit der Scuderia. Für Schumi ist es nach seinen beiden Triumphen mit Benetton bereits Titel Nummer drei, für die Italiener ist es der erste Fahrertitel seit Jody Scheckter 1979. Bis tatsächlich gefeiert werden darf, ist es für Schumi allerdings ein langer Weg...
Zur Milleniumsaison spendiert Ferrari dem Deutschen erst einmal einen neuen Teamkollegen. Eddie Irvine, der den Titel ein Jahr zuvor knapp verpasste, verabschiedet sich zu Jaguar, der neue Mann heißt Rubens Barrichello. Der Brasilianer wird insgesamt sechs Jahre an der Seite des späteren Rekordchampions fahren. Mit ihm plant Ferrari den Angriff auf den damals großen Rivalen McLaren-Mercedes.
Beim Saisonauftakt in Australien scheint allerdings zunächst alles beim Alten zu sein. Mika Häkkinen, Weltmeister der beiden Vorjahre, stellt seinen McLaren in Melbourne vor seinem Teamkollegen David Coulthard auf Pole. Bereits beim ersten Rennen des neuen Jahres wird klar: Auch in der Saison 2000 läuft es wieder auf das Duell Schumacher gegen Häkkinen hinaus.
Im Rennen am Sonntag hat allerdings der Deutsche die Nase vorne. Beide Silberpfeile fallen mit Motorschaden aus, weshalb es am Ende einen Ferrari-Doppelerfolg gibt: Schumacher siegt vor seinem neuen Teamkollegen Barrichello. Die Zuverlässigkeit spielt in der Anfangsphase der Saison 2000 eine entscheidende Rolle.
Denn beim zweiten Saisonrennen in Brasilien wiederholt sich das Szenario: Häkkinen schnappt sich erneut die Pole, sieht die Zielflagge wegen technischen Problemen allerdings auch in Interlagos nicht. Schumi siegt und liegt im WM-Duell mit dem Finnen bereits nach zwei Rennen mit 20:0 Punkten in Führung. Der Grundstein für den Titel scheint bereits gelegt zu sein.
Beim Ferrari-Heimspiel in Imola will Schumacher den Hattrick. Erneut steht Häkkinen auf Pole, seinen McLaren muss er dieses Mal aber nicht vorzeitig abstellen. Doch Ferrari hat bereits einen Plan: Durch einen längeren mittleren Stint muss Schumi erst später als sein Rivale zum letzten Stopp. So überholt er den Finnen dank der Strategie an der Box und rettet seinen knappen Vorsprung am Ende über die Ziellinie. Nach drei Rennen liegt er in der WM bereits 24 Zähler vor Häkkinen.
Doch McLaren schlägt zurück: In Silverstone feiert man in der Reihenfolge Coulthard vor Häkkinen einen Doppelerfolg (Schumacher wird Dritter). In Barcelona siegt der Finne, während Schumacher nach einem Reifenproblem nicht über Rang fünf hinauskommt. Damit rückt der amtierende Champion in der Weltmeisterschaft wieder bis auf 14 Zähler an Schumacher heran.
Nach diesen beiden Rückschlägen folgt allerdings ein weiteres Highlight in Schumachers Saison: Auf dem Nürburgring siegt er bei wechselhaften Bedingungen vor Häkkinen und baut seinen Vorsprung in der WM wieder auf 18 Zähler aus. Außerdem feiert er nicht nur seinen ersten Sieg auf deutschem Boden seit seinem Triumph an gleicher Stelle 1995, sondern auch seinen ersten Heimsieg als Ferrari-Pilot.
Dem ersten Ausfall der Saison in Monaco folgt anschließend ein weiterer Sieg in Kanada. Erneut lässt sich Schumacher von den schwierigen Bedingungen nicht beeindrucken und triumphiert am Ende trotz eines Drehers im Regen. Nach dem achten Saisonrennen liegt er damit erneut 24 Zähler vor Häkkinen. Es ist der größte Vorsprung, den er während der gesamten Saison auf den Finnen haben wird. Denn anschließend beginnt eine spektakuläre Aufholjagd des McLaren-Piloten...
Die ist einer Ausfallserie von Schumacher in den folgenden drei Rennen geschuldet: In Frankreich erleidet der Deutsche einen Motorschaden, in Österreich wird er beim Start von Ricardo Zonta abgeräumt und auf dem Hockenheimring wiederholt sich das Szenario mit Giancarlo Fisichella. Häkkinen sammelt im gleichen Zeitraum zwei zweite Plätze und einen Sieg. Das Glück scheint sich gewendet zu haben, der Finne liegt nur noch zwei Punkte hinter Schumacher.
Auch beim folgenden Rennen in Ungarn ist kein Kraut gegen Häkkinen und den McLaren MP4/15 gewachsen. Der Finne siegt ungefährdet vor Schumacher, der seine Ausfallserie zwar beendet, nach dem zwölften Saisonrennen allerdings erstmals in diesem Jahr die WM-Führung abgeben muss. Nun liegt Häkkinen zwei Zähler vor Schumacher.
In Spa kommt es anschließend zum spektakulärsten Überholmanöver des neuen Jahrtausends. In Runde 41 von 44 läuft das Führungsduo Schumacher/Häkkinen auf der Kemmel-Geraden auf Ricardo Zonta auf, der bereits eine Runde zurückliegt. Der Ferrari-Pilot geht links am BAR vorbei, Häkkinen auf der anderen Seite - und passiert Schumi gleich mit. Es ist die Entscheidung im 13. Saisonlauf, nach dem Häkkinen in der WM nun sechs Punkte vorne liegt.
Beim zweiten Ferrari-Heimspiel des Jahres in Monza ist Schumacher unter Zugzwang: Er muss unbedingt vor dem Finnen ins Ziel kommen. Bereits am Samstag läuft alles nach Plan und Schumacher stellt seinen Ferrari F1-2000 vor dem Auto seines Teamkollegens auf Pole. Insgesamt holt der Deutsche in diesem Jahr neun Pole-Positions und damit mehr als jeder andere Pilot. Auch im Rennen ist er nicht zu schlagen, vor Häkkinen schnappt er sich Saisonsieg Nummer sechs.
Wirklich emotional wird es auf der Pressekonferenz nach dem Rennen. Mit 41 Karrieresiegen hat Schumacher nun genauso viele Erfolge auf dem Konto wie der sechs Jahre zuvor tödlich verunglückte Ayrton Senna. Als er auf diese Tatsache angesprochen wird, bringt der sonst oftmals so kühl erscheinende Schumacher nur die Worte "Ja, es bedeutet mir viel" hervor, bevor er vor Millionen von TV-Zuschauern in Tränen ausbricht. Es ist der vielleicht bewegendste Moment seiner gesamten Formel-1-Karriere.
Sportlich liegt Schumacher drei Rennen vor Saisonende nur noch zwei Zähler hinter Häkkinen. Erstmals seit 1991 kehrt die Formel 1 wieder in die USA zurück, gefahren wird zum ersten Mal auf der neuen Grand-Prix-Strecke in Indianapolis. Ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase schlägt der Technikteufel bei McLaren wieder zu: Häkkinen erleidet einen Motorschaden und fällt damit erstmals seit dem zweiten Saisonrennen wieder aus. Es ist ein Defekt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt...
Denn Schumacher nutzt den Ausfall seines WM-Rivalens knallhart aus und schnappt sich Saisonsieg Nummer sieben. Lediglich ein Dreher kurz vor Schluss lässt den Atem der Schumi-Fans kurz stocken. Am Ende kann den Deutschen aber auch diese kleine Unachtsamkeit nicht mehr vom Sieg abbringen. Durch den Erfolg liegt er nun acht Zähler vor Häkkinen und kann den Sack damit bereits beim vorletzten Saisonrennen in Suzuka zumachen.
Kampflos will der "Fliegende Finne" seinen Titel in Japan allerdings nicht abgeben. Im Qualifying verpasst er die Pole zwar noch denkbar knapp um 0,009 Sekunden, doch gleich beim Start zieht er an Schumacher vorbei. Häkkinen weiß, dass er gewinnen muss, wenn er seinen Titel ein weiteres Mal erfolgreich verteidigen möchte. Bis zur 37. Runde läuft für den Weltmeister auch alles nach Plan.
Dann entscheidet sich das Rennen einmal mehr an der Box - und damit auch die Weltmeisterschaft. Schumacher kommt drei Runden später als sein Rivale zum Service und übernimmt so die Führung. Anschließend bringt Schumacher seinen achten Saisonsieg souverän ins Ziel und sichert sich damit den Titel. Sein Dank gilt nach dem Rennen vor allem "Superhirn" und Ferrari-Technikchef Ross Brawn. "Du bist großartig, Ross! Du bist großartig, Ross! Ihr alle!", jubelt Schumi nach dem Zieleinlauf im Funk.
Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo beschreibt diesen 8. Oktober 2000 anschließend als schönsten Tag seines Lebens und auch bei seinen Angestellten und Schumis Frau Corinna ist der Jubel groß. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: Es ist lediglich der erste Titel in einer ganzen Ära, die Schumacher und Ferrari in den folgenden Jahren prägen werden. Bis Ende 2004 gewinnt Schumi mit der Scuderia fünfmal in Folge die Weltmeisterschaft und macht sich damit zum mit Abstand erfolgreichsten Formel-1-Piloten aller Zeiten.
Das Saisonfinale in Malaysia ist anschließend das Sahnehäubchen: Mit einem weiteren Sieg krönt Schumacher nicht nur seine eigene Saison, sondern macht Ferrari auch noch zum Konstrukteurs-Weltmeister des Jahres 2000. Nach dem Rennen entstehen die bis heute legendären Bilder, die Schumi und Co. mit roten Perücken zeigen. Auch wenn anschließend noch vier weitere Titel mit Ferrari folgen: Das erste Mal vergisst man nie.
Michael Schumachers Formel-1-Saison 2000: Sein erster WM-Titel mit Ferrari, legendäre Duelle mit Mika Häkkinen und ein überaus emotionaler Moment in Monza