Renault kontert Red Bull: "Es geht um mehr Respekt"
Cyril Abiteboul fordert eine "fortschrittlichere Partnerschaft" und gesteht sich ein, dass der eigene Antrieb so schnell nicht wieder siegfähig sein wird
(Motorsport-Total.com) - Zwischen Red Bull und Renault gibt es zum Start in die Saison 2015 mehr Kabale als Liebe. Der neue Antriebsstrang hat nicht genügend Power und offenbart darüber hinaus bekannte Schwächen bei der Zuverlässigkeit. Nachdem die Österreicher mit öffentlicher Kritik an ihrem Antriebspartner nicht geizten, wehrt sich Cyril Abiteboul: Im 'Motorsport-Total.com'-Interview erklärt der Formel-1-Geschäftsführer Renaults, was es so schwierig macht, mit Red Bull zu arbeiten, wieso sein Projekt im Rückstand ist und warum es so schnell nicht aufwärts geht.
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Cyril Abiteboul fordert Geduld, wenn es um neuerliche Grand-Prix-Siege geht Zoom
Frage: "Cyril, ihr musst mit eurem Abschneiden und den Fortschritten im Vergleich zum Vorjahr doch enttäuscht sein, oder?"
Cyril Abiteboul: "Eigentlich nicht. Es gibt Fortschritte. Unser Programm macht tatsächlich Fortschritte. Das Problem ist, dass wir im Winter zu einem späten Zeitpunkt in ein sehr aggressives Entwicklungsprogramm gedrängt wurden. Im Wesentlichen haben wir einige der wichtigen Schritte bei der Antriebsentwicklung überbrückt und verkürzt. Und dann tut man Dinge auf dem Prüfstand, die man eigentlich auf der Strecke erledigen sollte. Was nicht unser normales Vorgehen ist. Das ist ein guter Lernprozess für alle, die dieses Vorgehen wollten"
Frage: "Du sagt, ihr wurdet 'gezwungen'. Sprichst du den Streit um die Tokenregeln an?"
Abiteboul:"Red Bull hat ein sehr aggressives Entwicklungsprogramm. Ich denke, sie wollen, dass wir ihr Modell aus dem Chassisbau übernehmen. Jeder weiß, dass Red Bull immer extrem spät dran ist. Sie haben fantastische Möglichkeiten in ihrer Fabrik, um die Entwicklungszeiten zu verkürzen und so viel Zeit wie möglich zu investieren. Die Sache ist, dass wir einen besseren Job auf der Antirebsseite machen können, aber das ist keine Sache, die man während eines einzigen Winters erledigen kann."
Frage: "Wie lange braucht ihr, um einen siegfähigen Antrieb zu bauen? Ihr habt im vergangenen Jahr drei Rennen gewonnen, aber wenn wir ehrlich sind, war das eher glücklich..."
Abiteboul: "Das ist keine Sache, die in einem Winter erledigt ist."
Frage: "Was dann? Zwei Winter, vielleicht drei?
Abiteboul: "Das kommt darauf an, was wir machen. Das kommt auch darauf an, was Mercedes macht. Vor drei oder vier Monaten war noch nicht klar, dass in der Saison entwickeln dürfen. Da gibt es aus meiner Sicht viele Parameter, aber dass wir einen leistungsmäßig uneingeschränkt siegfähigen Antrieb bauen, wird dieses Jahr nicht passieren. Das wissen wir. Aber um ein Rennen zu gewinnen, braucht es nicht nur den Antrieb, es braucht auch das Auto und die Fahrer. Es ist eine Kombination aus allem."
Frage: "Wie viele Token habt ihr noch übrig?"
Abiteboul: "Zwölf."
Frage: "Wann werdet ihr sie nutzen?"
Abiteboul: "Das werde ich klarerweise nicht beantworten."
Frage: "Seid ihr von Red Bull enttäuscht wegen der Kritik? Sie sind ja euer Partner."
Abiteboul: "Ich sehe die Sache etwas anders. Wir sind zusammen gewachsen, wir haben zusammen gewonnen. Wir lassen sie natürlich gerade im Stich mit Blick darauf, dass es ein Defizit beim Antrieb gibt, das nicht mit der Chassis-Performance wettgemacht werden kann. Ich kümmere mich nicht um ihre Bemerkungen, die nicht viel bringen. Wir evaluieren unser Engagement in der Formel 1 auf der Basis, dass es ein weltweit beliebter Sport ist und ich glaube nicht, dass solche Aussagen der Entwicklung förderlich sind. Es kommt vielmehr darauf an, etwas mehr an der Verbesserung unserer Partnerschaft zu arbeiten."
"Prinzipiell ist unser Antrieb sehr fortschrittlich. Unsere Partnerschaft muss einfach fortschrittlicher sein als sie jetzt ist. Es geht um mehr Respekt, mehr Klarheit darüber, welche Verantwortungen und wie man sich die Kosten teilt. Von der kommerziellen Seite muss es eine bessere Möglichkeit geben, unsere Zusammenarbeit zu strukturieren. Es heißt nicht einfach nur: 'Ihr liefert den Motor und wir zahlen den Preis' oder 'Ihr macht das schon mit den Sponsoren'. Für mich sind die Dinge viel komplexer. Wenn wir uns die Strukturen und die Planung anschauen, dann funktioniert das nicht."
Frage "Die ultimative Lösung wäre es, ein Team zu besitzen. Das bringt Vorteile sowohl finanziell als auch auf politischem Parkett."
Abiteboul: "Das wäre die ultimative Lösung, ja. Alle diese Dinge müssen in Betracht gezogen werden und gegen die negativen Folgen abgewogen werden, die dagegen sprechen. Das muss aber der Vorstand entscheiden."