Der Grand Prix von Bahrain 2014 ist das 900. Rennen in der Formel-1-Geschichte - Geprägt wird es von einem harten Mercedes-Duell an der Spitze
Lewis Hamilton lässt gleich am Freitag keine Zweifel aufkommen, wen es in Bahrain zu schlagen gilt. Der Brite dominiert vor dem Qualifying alle Trainingssitzungen und zeigt auch seinem Teamkollegen Nico Rosberg eindrucksvoll, dass er sich nicht hinter dem Deutschen anstellen will. Rosberg schließt indes alle Trainings als Zweiter ab und untermauert die Mercedes-Dominanz.
Am Freitag dürfen sich zudem gleich drei Testpiloten beweisen: Während Giedo van der Garde (Sauber) schon eine komplette Formel-1-Saison aufweisen kann, ist der Einsatz an einem Formel-1-Wochenende für Robin Frijns (Caterham) und Felipe Nasr (Williams) absolutes Neuland. Der Brasilianer absolviert sogar ein doppeltes Programm: Er fährt zudem in der GP2-Serie.
Was die Rookies im ersten Training allerdings verpassen, ist die große Neuerung in Sachir: Zum zehnjährigen Jubiläum der Strecke findet der Großteil des Programms unter Flutlicht statt. Auch für Kimi Räikkönen ist dies in Bahrain ein neues Erlebnis - sollte er im kommenden Jahr wiederkommen, darf er es aber voraussichtlich wieder erleben, denn Bahrain soll ein Flutlicht-Rennen bleiben.
Für Sebastian Vettel beginnt der Samstag dann nicht nach Wunsch: Der Red-Bull-Pilot dreht sich im dritten Training ins Kiesbett und muss die letzten 20 Minuten als Zuschauer verbringen. Doch der Fauxpas hat noch größere Auswirkungen für den Heppenheimer: Weil sein Turbo durch das abrupte Stehen ein Hitzeproblem bekommen hat, strandet der Weltmeister in der Qualifikation als Elfter bereits in Q2.
Und auch für die anderen Deutschen (die nicht in einem Mercedes sitzen) endet der Samstag mit einer Enttäuschung. Nico Hülkenberg verpasst mit einer schlechten Runde den Einzug in Q3, aber der große Pechvogel an diesem Wochenende ist Adrian Sutil: Erst sorgt er mit seiner Aussage, auf eine Trinkflasche verzichten zu wollen, für Wirbel, dann blockiert er im Qualifying Romain Grosjean und wird ans Ende des Feldes strafversetzt - zwei Strafpunkte inklusive. Und dabei haben wir das Pech im Rennen noch nicht angesprochen...
Die deutschen Fahren hält Nico Rosberg hoch: Der Wiesbadener siegt im Qualifying vor Teamkollege Lewis Hamilton und Red Bulls Daniel Ricciardo, der allerdings wegen der unsicheren Freigabe in Malaysia noch zehn Plätze zurück muss. Für Rosberg ist es die fünfte Pole-Position in seiner Karriere, mit der er mit Vater Keke gleichzieht - und es ist gleichzeitig die erste Session, in der er seinen britischen Teamkollegen an diesem Wochenende bezwingen kann.
Weil sich dieser einen dicken Fehler leistet: Hamilton verbremst sich auf seiner schnellen Runde bereits im ersten Abschnitt heftig und kann seine Zeit nicht mehr verbessern. Erstmals in dieser Saison startet der Mann mit der 44 somit nicht von Pole - und hinter seinem Teamkollegen. Doch die Qualifikation hat gezeigt: Fahren sich die Piloten nicht in die silberne Karre, dürfte ihnen der Sieg nicht zu nehmen sein.
Zudem stehen hinter Mercedes vermeintliche Außenseiter in Startreihe zwei: Valtteri Bottas im Williams und Sergio Perez im Force India profitieren von der Strafversetzung Ricciardos und haben die beste Voraussetzung im Kampf um den Titel "Best of the Rest".
Am Start zum Jubiläums-Grand-Prix in Bahrain - übrigens der 900. der Formel-1-Geschichte - setzt sich Lewis Hamilton vor Teamkollege Nico Rosberg in Führung. Dahinter duellieren die Williams von Bottas und Felipe Massa mit Sergio Perez. Der Mexikaner bringt seine Reifen gewaltig zum Qualmen, doch alle Piloten überstehen die erste Kurve ohne große Probleme.
Ein Opfer gibt es in der ersten Runde allerdings doch noch zu verzeichnen: Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne holt sich im Kampf mit einem Lotus einen Plattfuß und muss seine Boxencrew aufsuchen. Der Franzose schimpft hinterher über die rüde Fahrweise seines Kollegen, der ihm das Rennen früh zerstört hat.
Nico Hülkenberg eröffnet früh den Reigen der der Überholmanöver. In Runde vier geht der Emmericher an Fernando Alonso vorbei auf Rang sieben, womit zu diesem Zeitpunkt sieben Mercedes-Fahrer die ersten sieben Plätze belegen. Der Spanier bekommt das Gefühl des Überholtwerdens an diesem Tag noch öfter zu spüren: Vor den Augen von Präsident Luca di Montezemolo fliegt die Konkurrenz reihenweise an den roten Boliden vorbei.
Nur kurze Zeit später schnappt sich Teamkollege Perez den Williams von Felipe Massa, der zwar zu kontern versucht, gegen den starken Force India aber keine Chance hat und wie Teamkollege Bottas sogleich die Box aufsucht. Die weißen Boliden sind auf einer Dreistoppstrategie und kommen den schwarz-grünen Gegnern noch häufiger in die Quere. Perez ist nun erster Verfolger der beiden Silberpfeile, die aber schon lange alleine an der Spitze ihre Kreise ziehen.
Doch von einem gemütlichen Rumrollen kann bei Mercedes keine Rede sein: Immer wieder greift Rosberg seinen führenden Teamkollegen an, der die Attacken immer wieder parieren kann. Dabei schreckt Hamilton auch nicht davor zurück, den Deutschen von der Strecke zu drücken, indem er ihn in Kurve 4 außen verhungern lässt. Die Verantwortlichen dürften schon längst graue Haare bekommen haben, doch so etwas wollen die Fans sehen: Rad-an-Rad-Duelle ohne Berührung.
Längst nicht so einig sind sich Jules Bianchi und Adrian Sutil: Gleich zweimal kommen sich der Marussia und der Sauber in Runde 14 viel zu nahe. Der Deutsche büßt seine Reifenmarkierung am Hinterrad ein und bleibt neben der Strecke stehen, der Franzose erleidet einen Reifenschaden und darf sich über zwei Strafpunkte für sein Manöver freuen. Wenigstens kann Sutil nun wieder etwas trinken.
Es ist der Tag der Teamduelle in Bahrain: Egal ob Mercedes, Force India oder Williams - überall wird gnadenlos mit offenem Visier gekämpft. Nur bei Red Bull ist am Funk zu hören: "Daniel ist schneller als du. Lass ihn bitte vorbei." Der Bitte kommt Sebastian Vettel nach, zumal sein DRS zu diesem Zeitpunkt eh keine Lust mehr hat, seinen Zweck zu erfüllen.
Dahin schielt auch Williams noch, doch die Dreistoppstrategie scheint nicht so gut aufzugehen. Immer wieder muss sich Bottas durch das Feld kämpfen, doch während man sonst fast spielerisch an den Ferraris vorbeigehen kann, lässt sich der Finne vom Bremspunkt seines Landsmanns Kimi Räikkönen überraschen. Nach der Schrecksekunde nimmt der Williams-Pilot allerdings wieder Fahrt auf.
Doch die nächste Schrecksekunde lässt nicht lange auf sich warten: Pastor Maldonado nimmt in Runde 40 aus der Box kommend Esteban Gutierrez auf die Hörner. Der Sauber-Pilot überschlägt sich und bleibt schockiert im Auto sitzen. "Was war das denn?", fragt er am Funk. Das fragen sich die Rennstewards auch und belegen den Venezolaner mit einer Stop-&-Go-Strafe, einer Rückversetzung und drei Strafpunkten.
Das Safety-Car muss auf die Strecke, und der schöne Vorsprung von Mercedes - und auch von Force India - ist weg. Besonders schwierig ist die Situation nun für Lewis Hamilton, der bei seinem letzten Boxenstopp die harten Reifen aufgezogen hat und weiß, dass Rosberg auf weichen Pneus die besseren Karten hat.
Und der Deutsche fackelt nicht lange: Rosberg will den Vorteil seiner weichen Reifen so schnell wie möglich nutzen und reitet erneut wilde Attacken auf seinen Teamkollegen. Doch erneut bleibt Hamilton cool und wehrt alle Angriffe beinhart ab. Mit der Zeit brechen die Pneus bei Rosberg stärker ein und er muss einsehen, dass an diesem Tag kein Kraut gegen den Briten gewachsen ist.
So siegt Hamilton nach Malaysia bereits zum zweiten Mal in Folge, zudem ist es der dritte Mercedes-Sieg im dritten Saisonrennen. Schöne Gesten gibt es auch nach der Zieldurchfahrt: Rosberg und Hamilton umarmen sich herzlich, obwohl sie auf der Strecke nicht gerade zimperlich miteinander umgegangen sind.
Dritter wird sensationell Sergio Perez, der sich in der spannenden Schlussphase gegen den heranstürmenden Daniel Ricciardo behaupten kann. Eine Runde länger, und der Mexikaner hätte wohl den Platz noch an den Australier abgeben müssen, fürchtet er. Doch da nach 57 Runden abgewunken wird, holt Perez den Podestplatz für Force India - es ist der erste für das Team von Vijay Mallya seit dem Sensationsritt von Giancarlo Fisichella in Spa-Francorchamps 2009.
Mit dem überraschenden Ergebnis ist Force India nun übrigens Zweiter in der Konstrukteurs-WM! Natürlich liegt Mercedes mit großen Respektabstand in Führung. Die Silberpfeile sind mit dem erneuten Doppelsieg die großen Gewinner an diesem Tag und können sich in allen Wertungen so langsam absetzen.
Zumal die direkte Konkurrenz massiv schwächelt. Ferrari bietet in Sachir eine unterirdische Vorstellung und muss reihenweise Gegner um Gegner vorbeilassen - laut Vijay Mallya allein Force India viermal! Fernando Alonso und Kimi Räikkönen sind an diesem Tag chancenlos und können glücklich sein, dass sie mit Rang neun und zehn gerade so in die Punkte fahren.
Auch bei McLaren ist der Glanz des Saisonauftakts ab. Kevin Magnussen und Jenson Button müssen ihre Boliden vorzeitig am Streckenrand parken und gehen in Bahrain leer aus. Besonders für den Weltmeister von 2009 ist dies eine große Enttäuschung, denn er feiert an diesem Wochenende seinen 250. Grand Prix.
Und Red Bull? Die können sich immerhin damit trösten, dass sie in der Qualifikation erster Verfolger waren - und es von Rang 13 beinahe noch auf das Podest geschafft hätten. Unterm Strich bleiben die Plätze vier und sechs, doch in Milton Keynes muss man einsehen, dass der Abstand zu Mercedes noch gewaltig ist.