Toleman-Benetton-Renault-Lotus
Die Geschichte des heutigen Lotus-Teams beginnt bereits 1981, damals allerdings noch unter anderem Namen: Toleman. Bereits der übergewichtige und nicht konkurrenzfähige TG181 wurde von einem gewissen Rory Byrne designt, der später alle Weltmeister-Autos von Michael Schumacher entwickeln sollte. Doch erst 1984 gelingen erste Achtungserfolge, was nicht zuletzt an einem aufstrebenden Nachwuchspiloten liegt.
Ayrton Senna testet vor der Saison 1984 auch für die etablierten Teams Williams, McLaren und Brabham, entscheidet sich aber für Toleman. Beim Grand Prix von Monaco lässt er erstmals sein Talent aufblitzen, holt im strömenden Regen auf die Führenden auf und belegt den zweiten Platz. Viele sind heute noch überzeugt: Hätte Rennleiter Jacky Ickx nicht vorzeitig abgebrochen, Senna hätte auch Sieger Alain Prost überholt...
Kleiner Ausreißer in unserer History: 1987 gewinnt derselbe Ayrton Senna den letzten Grand Prix für das einst von Colin Chapman gegründete Team Lotus. Doch der damalige Lotus-Rennstall verschwand Ende 1994 von der Bildfläche. Mit jenem Team, das heute als Lotus bekannt ist, hatte Chapmans Lotus-Team bis auf den Namen nichts gemein.
Zurück zum Team aus Enstone: Der italienische Modefabrikant Luciano Benetton steigt 1983 als Sponsor in die Formel 1 ein, 1985 auch bei Toleman, und übernimmt das Team ab 1986 komplett. Gerhard Berger beschert Benetton in Mexiko 1986 den ersten Grand-Prix-Sieg. Später gelingt es dem völlig unerfahrenen Teamchef Flavio Briatore, mit Nelson Piquet einen Dreifach-Weltmeister als Fahrer zu engagieren.
Der ganz große Durchbruch gelingt aber erst mit Shooting-Star Michael Schumacher: Der junge Deutsche debütiert 1991 auf Jordan beim Grand Prix von Belgien, fährt aber schon im nächsten Rennen einen Benetton-Ford. Bis 1994 gelten er und das Benetton-Team als die heißesten Zukunftsaktien in der Königsklasse des Motorsports.
Ayrton Senna, inzwischen zu Williams gewechselt, und Michael Schumacher gehen als WM-Favoriten in die Saison 1994. Senna kommt jedoch beim Grand Prix von San Marino auf tragische Weise ums Leben, sodass der Weg frei ist für Schumacher. Der Deutsche wird in jenem Jahr zum ersten Mal Formel-1-Weltmeister. Allerdings haftet ihm nach einer Reihe von Unstimmigkeiten und Verdächtigungen auch der Ruf des "Schummel-Schumi" an.
Die Skandale können den Erfolgsrun jedoch nicht stoppen, und so setzt Schumacher unter Teamchef Briatore seinen Lauf auch 1995 fort. Schumacher wird, diesmal mit konkurrenzfähigeren Renault- statt Ford-Motoren, ein zweites Mal Champion. Allerdings wechselt er 1996 zu Ferrari - und hinterlässt bei Benetton ein Loch, das so schnell nicht gestopft werden kann.
1996 und 1997 kann die Fahrerpaarung Berger/Alesi nicht an frühere Benetton-Erfolge anknüpfen - auch wegen der in jenen Jahren drückenden Dominanz des Williams-Teams. Gerhard Berger gelingt in Deutschland 1997 der einzige Sieg jener Periode. Ende 1997 verabschieden sich die beiden Routiniers und machen den Weg frei für einen teaminternen Umbruch.
Dieser trägt zunächst einmal den Namen von Alexander Wurz, der insbesondere 1998 unter der neuen Führung von Teamchef David Richards überzeugen kann. Später gelingen vor allem Giancarlo Fisichella immer wieder Achtungserfolge. Der neuerliche Durchbruch bleibt aber aus - vielleicht auch, weil mit Rory Byrne und Ross Brawn zwei Schlüsselfiguren der Schumacher-Ära inzwischen zu Ferrari gewechselt sind.
Nächster Neuanfang: Flavio Briatore kehrt als Teamchef zurück, die Benetton-Familie verkauft an den Renault-Konzern - und ein gewisser Fernando Alonso gewinnt in Ungarn 2003 seinen ersten Grand Prix. Schnell wird klar, dass sich hier eine ähnliche Erfolgskombination anbahnt wie zehn Jahre zuvor mit Schumacher.
Und tatsächlich: Alonso löst Schumacher 2005/06 als bis dahin jüngsten Weltmeister der Formel-1-Geschichte ab. Aber das ist nicht die einzige Parallele: Genau wie Schumacher Ende 1995 verlässt auch Alonso das Team nach zwei gewonnenen WM-Titeln und geht 2007 für McLaren an den Start. Und genau wie elf Jahre zuvor verkraftet der Briatore-Rennstall diesen Verlust nicht.
Mit Heikki Kovalainen glaubt Briatore zwar, einen angehenden Champion unter Vertrag genommen zu haben, doch aufgrund des technisch unterlegenen Fahrzeugs kann der Youngster keine nennenswerten Highlights setzen. Die Karriere von Teamkollege Giancarlo Fisichella befindet sich indes schon auf dem absteigenden Ast.
2008 gewinnt Renault endlich wieder, aber wie: Der Grand Prix von Singapur 2008 geht als "Crashgate" in die Geschichte ein, eines der unrühmlichsten Kapitel in der jüngeren Motorsport-Vergangenheit. Nelson Piquet jun. verursacht beim Nachtrennen absichtlich einen Unfall und löst damit eine Safety-Car-Phase aus, ...
... die Teamkollege Fernando Alonso, nach einem Jahr bei McLaren zurückgekehrt, nutzt, um das Rennen zu gewinnen. Bis heute fragen sich viele, ob der Spanier von der Verschwörung zu seinen Gunsten wusste. Piquet jun., Briatore und Technikchef Pat Symonds taten das und wurden zu jahrelangen Sperren verurteilt.
Also schon wieder Neuanfang: Das Team heißt 2010 zwar weiterhin Renault, der französische Automobilhersteller ist aber nicht mehr werksseitig engagiert. Die neuen Eigentümer heißen Genii Capital, werden von Investor Gerard Lopez geführt und verpflichten als Piloten Robert Kubica, der in jener Saison immerhin dreimal auf das Podium fährt.
Die Saison 2011 beginnt mit einem Schock: Kubica verletzt sich bei einem Rallye-Unfall schwer und fällt das ganze Jahr aus. Doch Witali Petrow, eigentlich ein Paydriver, springt beim Saisonauftakt in Australien unerwartet in die Bresche und landet auf dem Podium. Nach einer enttäuschenden zweiten Saisonhälfte beendet das nunmehr in Lotus umbenannte Team die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft auf Platz fünf. Solide.
Gut 3.000 Fans lassen sich die Live-Präsentation des Lotus-Renault E21 am Abend des 28. Januar nicht entgehen und sind auf YouTube mit dabei. 2013 gibt es eine marginal veränderte Lackierung, eine marginal veränderte Aerodynamik sowie mit Räikkönen/Grosjean eine unveränderte Fahrerpaarung. Aber das Ziel ist klar: "Wir wollen mindestens Dritter in der Weltmeisterschaft werden", kündigt Teamchef Eric Boullier an.