• 03.03.2022 13:45

  • von Roland Hildebrandt

Ukraine-Krieg: Westliche Marken ziehen sich aus Russland zurück

Automarken wie VW, Mercedes, Honda oder Toyota ziehen Konsequenzen aus der aktuellen Lage in der Ukraine und beenden ihre Geschäfte in Russland

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Der anhaltende Ukraine-Krieg hat auch Konsequenzen für westliche Autohersteller. Insbesondere mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland ziehen sich immer mehr Marken von dort zurück und stoppen ihre lokale Produktion. Auch AvtoVAZ/Lada als größter einheimischer Autoproduzent bekommt die Folgen zu spüren. Wir geben einen Überblick auf die aktuellen Entwicklungen.

Titel-Bild zur News:

Volkswagen-Werk in Russland Zoom

Seitens des Verbands der deutschen Automobilindustrie gibt es ein sehr ausführliches Statement. Dort heißt es unter anderem: "Wir unterstützen ausdrücklich die Sanktionen der EU. Schnelle Hilfe und ein Ende der Kampfhandlungen müssen im Vordergrund stehen, wirtschaftliche Fragen stehen jetzt dahinter zurück.

Wir befinden uns im engen Gespräch mit der Bundesregierung, um ein Bild der Lage zu geben und die praktischen Fragen der Unternehmen z.B. zur Umsetzung der Sanktionen einzubringen. Mit unseren Mitgliedsunternehmen sind wir im ständigen Austausch, um ein Gesamtbild über die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kriegsgebiet und die ökonomische Lage zu erstellen."

Deutsche Hersteller bauten 2021 170.000 Pkw in Russland

Aufschlussreich sind die vom VDA genannten Zahlen: Die deutschen Hersteller haben im vergangenen Jahr etwas mehr als 40.000 Fahrzeuge in beide Länder - Russland und Ukraine - exportiert. Konkret waren es 4.100 Pkw in die Ukraine und 35.600 Pkw nach Russland. Dies entspricht 1,7 Prozent aller aus Deutschland heraus exportierten Pkw. Russland steht bei den Pkw-Exporten aus Deutschland auf Platz 18.

In Russland selbst produzierten die deutschen Hersteller 170.000 Pkw in 2021, die weitgehend auch dort abgesetzt wurden. Der Marktanteil deutscher Hersteller in Russland liegt bei knapp 20 Prozent.

Die deutsche Automobilindustrie - Hersteller und Zulieferer zusammengefasst - unterhält etwa eigene 43 Fertigungsstandorte in Russland und sechs der Ukraine. Zudem gibt es weitere internationale Werke, die Komponenten zuliefern.

In der Ukraine werden viele Kabelbäume gefertigt

Dadurch ergeben sich laut VDA inmitten der immer noch existenten Halbleiterkrise weitere Probleme für die Produktion in Deutschland und Europa. Kurzfristig ergibt sich eine Reduzierung der Zulieferung von Kabelbäumen. Bei den Kabelbäumen handelt es sich um ein komplexes und teils für jedes Fahrzeugmodell individuell angefertigtes Bauteil. Hier gibt es kaum Lagerbestände.

Neben Tunesien versorgt vor allem die Ukraine europäische Hersteller mit diesem Bauteil. Kabelbäume sind komplexe Komponenten, daher kann die Produktion nicht kurzfristig umdisponiert oder anderweitig substituiert werden.

Langfristig wird die Automobilindustrie mit Knappheit und Preisanstieg bei Rohmaterialien konfrontiert sein. Dies betrifft insbesondere die folgenden Rohstoffe aus Russland und der Ukraine:

Nachschub zu wichtigen Rohstoffen gekappt

Neongas: Die Ukraine ist einer der wichtigsten Neon-Lieferanten. Wir erwarten Auswirkungen auf die europäische Halbleiterproduktion, da Chips bereits jetzt Mangelware sind. Bei der Halbleiterproduktion kommen Hochleistungs-Laser zum Einsatz, die unter anderem das Edelgas benötigen.

Palladium: Unter anderem könnte es uns an Palladium aus Russland für Katalysatoren fehlen. Etwa ein Fünftel des nach Deutschland importieren Palladiums kommt aus Russland.

Nickel: Ein wichtiger Rohstoff zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien ist Nickel. Damit ist dieser Rohstoff unersetzbar für den Hochlauf der Elektromobilität. Laut Prognosen wird sich der Bedarf von Nickel vervielfachen. Russland ist unter anderem ein wichtiges Förderland für Nickelerz. Bei weiteren Rohstoffstoffen und Zulieferungen sind die genauen Auswirkungen derzeit noch nicht quantifizierbar, werden aber vom VDA geprüft.

Auch Toyota und Honda ziehen sich aus Russland zurück

Die durch den Krieg hinzukommenden Unterbrechungen bei Zug- und Schiffsverbindungen sowie Einschränkungen im Luftverkehr haben bereits deutliche Auswirkungen auf die Liefer- und Logistikketten, man erwartet eine Verschärfung der Teileversorgung und Produktionsstopps in vielen Werken der deutschen Hersteller. Zusätzlich geraten die Lieferketten etwa nach und aus China unter Druck, weil auch die Landwege durch die Krisenregion einen Transport zunehmend ausschließen.

Auch Toyota und Honda stellen ihre Geschäftstätigkeit in der Ukraine und Russland ein. Stellantis schließt sich mehreren anderen Automarken an, die beträchtliche Spenden für humanitäre Hilfe in der Ukraine leisten.

In einer Pressemitteilung von Toyota heißt es, dass alle Verkaufs- und Kundendienstaktivitäten an 37 Einzelhandelsstandorten in der Ukraine am 24. Februar eingestellt wurden. Toyota nennt außerdem 168 Einzelhandelsstandorte in Russland sowie ein Werk in St. Petersberg, in dem der Camry und der RAV4 hauptsächlich für den russischen Markt hergestellt werden.

Bänder bei Lada stehen still

Das Werk wird am 4. März geschlossen, und auch die Fahrzeugimporte werden aufgrund von "Unterbrechungen der Lieferkette" auf unbestimmte Zeit eingestellt. Ford hatte bereits zum 1. März seine operativen Geschäfte in Russland eingestellt.

Honda hat keine Produktionsstätten in Russland oder der Ukraine, aber der Autohersteller wird den Export von Fahrzeugen und Motorrädern nach Russland einstellen, wie Automotive News berichtet. Ein Honda-Sprecher sagte, der Betrieb werde wieder aufgenommen, sobald sich die Situation normalisiert habe. Dem Bericht zufolge hat auch Mazda die Lieferungen an ein Werk in Russland eingestellt.

BMW stoppt den Export von Neuwagen nach Russland und auch die Produktion im Werk Kaliningrad. Ähnlich verfährt auch Mercedes-Benz. Noch offen ist die Lage bei Kia: Russland ist der viertgrößte Absatzmarkt für den koreanischen Hersteller.

Gut 25 Prozent Marktanteil hat der größte russische Autobauer AvtoVAZ/Lada. Unsere Kollegen von Motor1 Russland berichten, das Unternehmen sei gezwungen, die Fahrzeugmontage in seinen Werken in Togliatti und Izhevsk ab dem 5. März für vier Arbeitstage einzustellen.

Der offizielle Grund dafür ist die anhaltende Knappheit an Mikrochips. Wie die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti meldet, will der Konzern die Löhne bei zwei Dritteln des durchschnittlichen Monatseinkommens halten. Ausfalltage können auch als Urlaubstage genommen werden und werden dann voll ausgezahlt.

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"Der Arbeitsplan für die kommenden Wochen wird zusätzlich bekannt gegeben. Das Unternehmen unternimmt alle Anstrengungen, um die Produktion in den Fabriken in Togliatti und Izhevsk so schnell wie möglich wieder aufzunehmen", so AvtoVAZ. Parallel sind die Listenpreise in Russland für Lada-Neuwagen kürzlich deutlich angehoben worden.

Noch offen ist, wie sich Mehrheitseigner Renault-Nissan mit Blick auf AvtoVAZ positionieren wird. Die Sanktionen gegen Russland dürften in jedem Fall den Geldfluss beeinträchtigen. In Moskau betreibt Renault ein Werk, in dem unter anderem der Arkana, Kaptur und der Duster vom Band laufen. Die Aktie von Renault-Nissan sank in den letzten Tagen auf den Wert von November 2020.

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