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Lorenzo: Von der Angst gebremst
Nach einer Reihe schwerer Stürze gibt Jorge Lorenzo zu, dass ihn die Angst vor weiteren Abflügen auf der Rennstrecke langsamer macht
(Motorsport-Total.com) - Schnell, furchtlos, mit der Faust nach oben gestreckt - so kennt man Jorge Lorenzo. Der amtierende 250er-Weltmeister fuhr am Saisonbeginn dreimal hintereinander auf Pole-Position, gewann in Estoril seinen ersten Grand Prix in der Königsklasse und führte kurzzeitig sogar die MotoGP-WM an. Doch nach elf von 18 Rennen ist alles anders.
© Yamaha
Jorge Lorenzo hat die Leichtigkeit des Seins seit Saisonbeginn verloren
Aus der einstigen Gesamtführung ist ein Rückstand von 98 Punkten auf seinen Fiat-Yamaha-Teamkollegen Valentino Rossi geworden - das Thema WM-Titel hat sich für den spanischen Rookie also praktisch schon erledigt. Das liegt in erster Linie daran, dass er in den vergangenen Rennen nur 20 Zähler geholt hat - in den ersten fünf Läufen lag sein Schnitt pro Event bei 18,8! Zahlreiche Stürze haben Lorenzo aber aus der Bahn geworfen.#w1#
In Shanghai fing alles an
"Die Umstände sind jetzt andere", seufzte der 21-Jährige gegenüber 'Motosprint'. Kleine Rückblende: Mit dem Sturz in Shanghai, bei dem er sich die Knöchel brach, fing alles an; in Le Mans folgten zwei weitere Crashes, dann einer in Mugello und einer in Barcelona, bei dem er sich eine Gehirnerschütterung und eine Handverletzung zuzog. Zuletzt zerbröselten drei weitere Knochen beim Highsider in Laguna Seca.
Irgendwann dazwischen musste er sich wegen eines Kompartmentsyndroms auch noch den Unterarm operieren lassen - nur verständlich, dass all das am Selbstbewusstsein nagt: "Durch die Stürze habe ich auf dem Motorrad Angst", so Lorenzo. "Ich bin nicht mehr die gleiche Person wie am Saisonbeginn. Und wenn dir auf diesem Level nur ein kleines bisschen Vertrauen fehlt, dann bist du sofort erledigt."
Bisher kannte der Rossi-Teamkollege so eine Angst nicht, aber inzwischen gibt er unumwunden zu, in einer Krise zu stecken: "Ich muss die Angst loswerden. Das Beste ist, so viel Zeit wie möglich auf dem Motorrad zu verbringen und so gut wie möglich zu fahren, damit mir bewusst wird, dass das Fahren nicht so gefährlich ist, wie ich momentan glaube. Unser Sport ist gefährlich, aber wenn der Fahrer Vertrauen in sich selbst und das Motorrad hat, dann lässt sich diese Gefahr managen."
Barcelona war der Wendepunkt
Der Knackpunkt sei Barcelona gewesen: "Da habe ich mir gesagt, dass ich nicht so weitermachen kann, dass nicht ein Sturz auf den nächsten folgen kann", gestand Lorenzo. "Ich muss lernen, wo und wann ich Risiken eingehen kann. Und ich muss lernen, langsamer zu fahren." Das Geheimnis sei, immer 95 Prozent zu fahren, aber nie über 100 Prozent und auch nicht nur 20 Prozent. Nur durch diese Konstanz könne man Vertrauen aufbauen.
Klar ist ihm jedoch, dass er diesen Grat schnell finden muss, denn nirgendwo vergisst man schneller als im Motorsport: "Die Leute wissen, wie schnell ich sein kann, wenn alles passt, aber im Moment kann ich nicht zufrieden sein, denn Erfolge sind schnell vergessen. Wenn ich mich nicht bald aufrapple, werden Zweifel aufkommen", gab der Spanier, für den die Sommerpause genau zum richtigen Zeitpunkt kam, zu Protokoll.