Coulthard: Mercedes-Duell hat Doppelerfolg versaut
David Coulthard glaubt, dass Mercedes mit gemütlichen Fahrern beide Autos ins Ziel hätte bringen können - Zum Unfall-Streit von Perez hat der Schotte eine klare Meinung
(Motorsport-Total.com) - Die Politik des offenen Kampfes bei Mercedes könnte den Silberpfeilen in Montreal einen Doppelerfolg gekostet haben. Der Ansicht ist zumindest Ex-Pilot David Coulthard. Der Schotte war 1998 bereits in einer ähnlichen Situation. Beim Saisonauftakt in Melbourne musste er aus Angst vor einem Ausfall Teamkollege Mika Häkkinen siegen lassen. "Wir hatten einen großen Vorteil gegenüber dem Rest des Feldes, aber wir wussten, dass die Autos vermutlich nicht ins Ziel kämen, wenn wir volle Pulle fahren würden", schreibt er in seiner Kolumne bei der 'BBC'.
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Letzte Rille: Das harte Mercedes-Duell hat mit zum Ausfall geführt, glaubt Coulthard Zoom
"Also war der Deal: Wer auch immer als Erster in die erste Kurve einbiegt, würde das Rennen gewinnen." Und in einer ähnlichen Situation steckte Mercedes am Sonntag in Montreal. Coulthard ist der Meinung: Hätten es die beiden Silberpfeil-Piloten ruhig angehen lassen, dann wäre auch ein Doppelerfolg möglich gewesen. "Mercedes war bislang recht zuverlässig, aber in Montreal ist es bei den Bremsen immer grenzwertig. Und wenn zwei Autos die ganze Zeit hart gegeneinander fahren, dann übt das mehr Belastung auf sie aus."
Der Anfang vom Ende war dabei der hitzebedingte Ausfall des Hybridsystems. Denn dadurch werden die Bremsen noch stärker belastet, da die Bremslast nicht mehr vom Energierückgewinnungssystem mitgetragen wird. Doch trotz der Probleme, die um Runde 35 herum an beiden Mercedes auftraten, haben Nico Rosberg und Lewis Hamilton weiter verbissen gekämpft. "Zehn Runden später sind Hamiltons Bremsen dann ausgefallen, nachdem sie sich während des Boxenstopps aufgeheizt haben", erzählt Coulthard weiter, "und Mercedes sagt, es sei pures Glück, dass das Gleiche nicht auch Rosberg passiert ist."
"Manchmal ist es einfach das Glück des Renngotts", weiß der Schotte aus eigener Erfahrung. Doch der Renngott war am Sonntag nicht auf Seiten von Lewis Hamilton. Der Brite fiel nach dem Saisonauftakt in Australien zum zweiten Mal in diesem Jahr aus und hat nun 22 Punkte Rückstand auf seinen Teamkollegen. Während das für den Briten natürlich nicht zufriedenstellend ist, gibt es für Coulthard aber zwei Dinge, die Hamilton Mut machen sollten.
"Eines ist, dass es im letzten Rennen doppelte Punkte gibt", meint er. "Das andere ist: Während Rosberg die Meisterschaft anführt, ist es fair zu sagen, dass Hamilton in den ersten sieben Rennen der stärkere Fahrer war." Der Brite habe bislang in dieser Saison nichts falsch gemacht und könne sich nichts vorwerfen lassen. "Hamilton war der schnellere, hungrigere Fahrer. Er muss es einfach zusammenhalten und den Vorsprung weiter abhobeln."
Ricciardo, der aufgehende Stern
Das Pech von Mercedes im Rennen von Montreal kam vor allem einem Fahrer zugute: Daniel Ricciardo. Der Australier profitierte von den Problemen der Konkurrenz und fuhr seinen ersten Formel-1-Sieg ein. "Ohne Zweifel ist er der aufgehende Stern der Saison", lobt Coulthard den Red-Bull-Piloten. Der Australier hat alle Nackenschläge bislang wegstecken können - wie die Disqualifikation in Melbourne - und fuhr nun die Früchte des Erfolges ein.
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Daniel Ricciardo ist die positive Entdeckung der Saison 2014 Zoom
Dabei resultiere die Fähigkeit, die Rückschläge wegzustecken, aus einer Vielzahl von Faktoren. Die Red-Bull-Probleme beim Testen haben ihn nicht so sehr mitgenommen, weil er zuvor bei Toro Rosso ebenfalls nur im Mittelfeld gefahren ist, und trotz der Disqualifikation von Melbourne durfte Ricciardo beim Saisonauftakt das Erlebnis genießen, vor seinem Heimpublikum auf dem Podium zu stehen. "Das ermöglicht ihm, klare Gedanken und den Enthusiasmus zu haben, um weiterzumachen und das Auto zu fahren."
Bei Sebastian Vettel sei das genau andersherum: "Vettel ist an Siegen gewöhnt. Er mag die neue Formel 1 mit weniger Abtrieb und Turbo-Hybrid nicht, und er hatte bislang den Löwenanteil der Unzuverlässigkeit von Red Bull." In Kanada musste der Heppenheimer nun zuschauen, wie sein Teamkollege den ersten Red-Bull-Sieg der Saison einfuhr, während er über Rang drei nicht gerade glücklich war.
Perez-Strafe: Stewards haben gute Gründe
Doch es gibt auch Fahrer, die in Montreal noch schlechter aus dem Rennen weggekommen sind - zum Beispiel Felipe Massa und Sergio Perez. Die beiden Piloten lagen eine Runde vor Schluss auf den Rängen vier und fünf, als sie kollidierten und für einen spektakulären Unfall sorgten. Nach dem Rennen flogen die Schuldvorwürfe zwischen Williams und Force India hin und her, doch die Rennkommissare sahen die Schuld bei Perez und drückten ihm eine Strafversetzung um fünf Startplätze auf.
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Der Unfall von Felipe Massa und Sergio Perez ging zum Glück glimpflich aus Zoom
"Das ist eine harte Entscheidung, aber die Stewards mussten einen guten Grund dafür gehabt haben", urteilt Coulthard zu der Szene. Für ihn sah es am TV-Bildschirm ursprünglich so aus, als habe Massa sich beim Überholversuch einfach verschätzt, "aber die Stewards haben Zugang zu Daten der Autos, festen Kameras an der Strecke, Onboard-Aufnahmen und so weiter. Wenn Perez beim Anbremsen von seiner normalen Linie abgewichen ist, dann muss er bestraft werden."
Während Perez die Strafe nicht nachvollziehen kann und Massa die Entscheidung noch zu glimpflich hält, vertraut Coulthard der Entscheidung der Kommissare voll und ganz: "Es ist ja kein Schiedsrichter, der im Eifer des Gefechts auf Elfmeter entscheidet. Die Stewards analysieren die Situation mit den verfügbaren Daten vollständig. Sie haben es zerlegt und wir haben eine Antwort. Und das ist das Ende."