Mercedes-Sieg: Neue Munition für Red Bull?
Ausgerechnet nach dem umstrittenen Reifentest erlebt Mercedes den großen Aufschwung: Fährt Red Bull noch einmal die Geschütze auf?
(Motorsport-Total.com) - Mercedes ist vom FIA-Tribunal nach dem umstrittenen Reifentest mit Pirelli in Barcelona verwarnt worden. Man darf am Young-Driver-Test als Ausgleich nicht teilnehmen und muss ein Drittel der Verfahrenskosten übernehmen. Der Urteilsspruch aus Paris sollte der Schlussstrich unter die Affäre sein, doch Ruhe ist seither nicht eingekehrt. Immer wieder fliegen Giftpfeile zwischen Red Bull und Mercedes hin und her. Beim Weltmeisterteam will man nicht glauben, dass die Silberpfeile keinen Vorteil aus dem Test schöpfen konnten.
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Red-Bull-Teamchef Christian Horner hat die Reifenaffäre abgehakt Zoom
Die Statistik gibt Red Bull einige Munition. Seit den Testfahrten in Barcelona hat Mercedes mächtig aufgedreht. Man fuhr seither nicht nur zwei Rennsiege ein, sondern holte insgesamt in Monaco, Montreal und Silverstone mehr Punkte als jedes andere Team. "Ich kann mir schon vorstellen, was Red Bull jetzt erzählt. Aber es wird natürlich dadurch verfälscht, dass es so viele Safety-Car-Phasen gab", erklärt Formel-1-Experte Marc Surer.
"Es gab dadurch nicht diese Dauerbelastung der Reifen, die Fahrten wurden immer wieder unterbrochen, und man konnte die Reifen schonen. Trotzdem hatte man das Gefühl, dass das Problem bei Mercedes mehr oder weniger im Griff ist", meint der Schweizer. Es sehe "verflixt so aus", als habe das deutsche Werksteam einen Vorteil aus dem Reifentest ziehen können. Der Sieg von Nico Rosberg in Silverstone sei ein weiterer Anhaltspunkt.
"Das ist das Schlechteste, was Mercedes hier hätte passieren können. Hätten sie das Rennen nicht gewonnen, und wären hinter Vettel ins Ziel gekommen, wäre alles in Ordnung. Aber jetzt hat Vettel Pech gehabt. Da ist Red Bull natürlich schon mal enttäuscht. Und dann gewinnt ausgerechnet das Team, das verbotenerweise getestet hat", sagt Surer. Ohne den Getriebedefekt hätte Sebastian Vettel das Rennen vermutlich gewonnen, aber nun strahlt Silber. "Jetzt haben sie wirklich Futter", meint der Ex-Formel-1-Pilot mit Blick auf die Kritiker in Reihen von Red Bull.
"Wir wussten nicht, welche Reifen wir testen. Wir haben im Grunde einfach nur unser Auto zur Verfügung gestellt. Unsere aktuelle Performance hat mit dem Reifentest nichts zu tun", betont Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im Gespräch mit 'Sky Sports F1' noch einmal. "Diese Diskussion wird jetzt nicht wieder losgehen. Wir sind Sportsleute. Ich denke, dass bei Red Bull und auch bei allen anderen Teams Sportsleute sind. Sebastian hätte das Rennen unter normalen Umständen gewonnen. Jetzt hatten sie einen Getriebeschaden oder einen technischen Defekt am Red Bull. Das ist Motorsport."
Hätte Mercedes vor zwei Monaten ein solches Rennen gewinnen können? Vermutlich nicht. Die Frage ist, ob der Aufschwung vom Reifentest herrührt, oder von technischen Entwicklungen am Auto, die völlig unabhängig davon getätigt wurden. "Probleme mit den Reifen hatten wir nicht. Es war hier sehr kühl und windig. Das kommt unserem Auto entgegen. Wenn es mal heißer wird, dann kann es gut sein, dass es wieder schwieriger wird."
Red-Bull-Teamchef Christian Horner zeigt sich am Sonntagnachmittag in Silverstone als fairer Verlierer. Der Brite schreibt den Mercedes-Erfolg nicht den Testfahrten zu. "Der Reifentest ist vorbei, das Urteil steht fest. Wir konzentrieren uns darauf, unser Bestes zu geben. Sie haben das Rennen heute gewonnen, wir nicht", meint der Chef von Sebastian Vettel und Mark Webber. Ob die Diskussion nun endgültig beendet sei, wollen Journalisten wissen. "Ja", antwortet Horner.
Die Scharfschützen in den Wortgefechten zwischen Red Bull und Mercedes sind ohnehin andere. Toto Wolff bezeichnete die Weltmeistermannschaft angeblich als "Brausehersteller" und ernetete dafür harsche Worte von Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko, der "nur über Niki Lauda" mit Mercedes kommuniziert. "Ich glaube, das Verhältnis ist einfach nicht existent, weil wir uns nicht kennen. Dr. Marko kommuniziert mit Niki Lauda. Das ist perfekt. Dafür haben wir Niki, der auf allerhöchster Ebene diese Diskussionen führt und so soll es auch sein", winkt Wolff ab.