Williams setzt auf den Mittleren Osten
Teamchef Frank Williams erklärt, warum sein Unternehmen in Katar ein Technikzentrum aufgebaut hat und wie man an den dortigen Markt herangeht
(Motorsport-Total.com) - Obwohl Williams seit der Trennung von BMW jahrelang hinterherfuhr und Pastor Maldonados Sieg in Barcelona der erste seit 2004 war, beschäftigt das einstige Erfolgsteam immer noch 520 Mitarbeiter. Hinter Ferrari, McLaren und Red Bull, aber noch vor Lotus und Mercedes ist Williams damit in der Personal-Rangliste der Formel 1 die Nummer vier.
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Der Mittlere Osten ist für Frank Williams ein Formel-1-Markt der Zukunft
Den größten Teil zum Budget trägt die venezolanische Mineralölgesellschaft PDVSA bei, die für die Saison 2012 29,4 Millionen Britische Pfund (umgerechnet 36,3 Millionen Euro) überwiesen hat. Williams ist durch Maldonado an dieses lukrative Sponsoring herangekommen - übrigens auch dank der erfolgreichen Akquise von Adam Parr beim venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chavez. So wirbt Williams auch für Venezuelas nationales Tourismusbüro.
Williams schlägt neue Wege ein
Bruno Senna hat rund um Embratel und Gillette ein wesentlich kleineres Sponsorenpaket geschnürt, und obendrein hat Williams auch noch "eigene" Partner wie Randstad oder Thomson Reuters, die schon seit mehreren Jahren an Bord sind. Trotzdem basiert das Geschäftsmodell der in Frankfurt notierten Aktiengesellschaft nicht nur darauf, den Rennbetrieb durch Sponsoren zu finanzieren, sondern Williams baut sich zusätzlich alternative Standbeine auf.
Im Fokus dieser Bemühungen steht seit einiger Zeit der Mittlere Osten. Williams hat in Doha, der Hauptstadt des arabischen Emirats Katar, ein eigenes Technikzentrum aufgebaut, das neben dem Formel-1-Team und Williams Hybrid Power (WHP) im britischen Grove eines von drei großen Standbeinen ist. Zudem hat Frank Williams höchstpersönlich mehrere Wochen in Katar verbracht, um die Suche nach Partnern voranzutreiben.
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PDVSA aus Venezuela ist derzeit der größte Sponsor des Williams-Teams Zoom
In Katar wirtschaftlich erfolgreich zu sein, gehe nicht über Nacht, gibt Williams im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' zu, "aber wir kommen hin". Um die kommerziellen Ziele zu erreichen, müsse man Nägel mit Köpfen machen und Vorleistungen erbringen: "Wenn du in Katar irgendwo hinkommen willst, tauchst du auf und investierst, zeigst damit, dass du es ernst meinst."
Viel hänge auch davon ab, die richtigen Schritte zu setzen, die den dortigen Machthabern ins Konzept passen: "Stelle Mitarbeiter an, denn das ist eines ihrer Probleme. Dann kannst du hingehen und sagen: 'Seht, was wir gemacht haben!' Nach drei Jahren beschäftigt unser Projekt 20 oder 30 Leute, darunter auch einige lokale Mitarbeiter. Das Zentrum wird langsam aufgebaut."
Bevorzugt einheimische Mitarbeiter
Auf der Williams-Internetseite sind derzeit zwar keine Stellenausschreibungen für den Standort Katar verfügbar, es wird allerdings ausdrücklich erwähnt, dass man sich lokale Bewerber wünscht. Das britische Unternehmen investiert derzeit im Mittleren Osten, um quasi auf Pole-Position zu stehen, wenn die finanzielle "Erntezeit" beginnt.
Denn: "Der Mittlere Osten ist eine sehr wohlhabende Region", weiß der Teamchef. "Dieser Wohlstand und die Ausgaben werden in der Regel von ein bis zwei Leuten kontrolliert. Wenn du an diese Leute herankommst und ihnen deine Geschichte gefällt, bekommst du eine schnelle Entscheidung."
Ganz anders als in der westlichen Welt: "Die Alternative ist, an die großen Konzerne heranzutreten. Zwei von drei sagen, wenn sie sehen, es geht um die Formel 1: 'Danke, aber da waren wir schon und wir kehren nicht zurück.' Oder: 'Das Image passt für unsere Zwecke nicht.' Das ist sicher der längere und schwierigere Weg."
Neuerlich Lob für Adam Parr
Aber Williams befindet sich seit den Maßnahmen, die rund um den Börsengang eingeleitet wurden, wieder im Aufschwung: "Man muss schon zugeben, dass jedes Team mehr Geld gebrauchen könnte", gesteht der 70-Jährige. Aber: "Die Ausgaben sind inzwischen streng reglementiert und wir haben das nötige Budget."
"Wir würden uns einen Titelsponsor wünschen", bedauert Williams, dass der Abgang von AT&T bisher nicht kompensiert werden konnte, "aber es geht uns gut. Adam hat einige gute Deals abgeschlossen." Von Parr, der das Team aus der Position des Vorstandsvorsitzenden verlassen hat, spricht Williams nach wie vor in den höchsten Tönen: "Er ist ein sehr kluger, ein sehr, sehr fähiger Geschäftsmann."
Zufrieden ist er auch mit der Arbeit von Alex Burns, der im Wesentlichen die Nicht-Formel-1-Bereiche managt. "Das sind eher interne Abteilungen als separate Firmen", sagt Williams über das Zentrum in Doha und WHP in Grove. "Die Formel-1-Abteilung könnte auf eigenen Beinen stehen, die anderen beiden auch. Aber sie ergänzen sich gegenseitig."