Todt: "Teamtaktiken sind Teil von Ferraris Politik"
Der Franzose äußert sich über Teamtaktiken, Nichtangriffspakte, die langfristigen Ziele der Roten und hat einen Tipp für die Konkurrenz
(Motorsport-Total.com) - Als der Große Preis von Europa auf dem Nürburgring am Sonntag nach 1 Stunde 35 Minuten und 7 Sekunden mit der Zieldurchfahrt von Rubens Barrichello als Sieger und Michael Schumacher als Zweitplatziertem für die Scuderia Ferrari beendet war, da freute man sich im italienischen Traditionsrennstall nicht nur über den dritten Doppelerfolg in dieser Saison und die eindeutige Dominanz im Rennen, sondern für viele war es auch ein Sieg der Gerechtigkeit.
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Todt ist zufrieden wie es bei Ferrari läuft und fordert die Konkurrenz heraus
Der von Startplatz 4 ins Rennen gegangene Rubens Barrichello hatte sich unmittelbar nach dem Rennstart nicht nur gegen die Konkurrenz durchgesetzt, sondern auch seinen deutschen Teamkollegen hinter sich gelassen, was für ihn der "Freibrief" zu seinem zweiten Sieg in der Königsklasse wurde. Dass Ferrari auf Grund der Welle an Kritik und Protesten nach der Stallorder auf dem A1-Ring nicht noch einmal so offensichtlich den in der Weltmeisterschaft vorne liegenden Michael Schumacher zum Sieg verhelfen würde, war vielen ohnehin klar. Schließlich hatte Luca di Montezemolo schon in Monaco erklärt, "dass man so etwas nur einmal machen könne."
Todt: Entscheidung in Österreich war richtig
Für Ferrari-Sportdirektor Jean Todt war der Sieg Barrichellos ein Beweis dafür, dass die "Roten" dieses Mal die "richtige" Entscheidung getroffen hatten, indem sie "Rubinho" gewinnen ließen: "Teamtaktiken sind Teil von Ferraris Politik", ließ der Franzose wissen, "und dieses Mal bestand die Teamtaktik darin Rubens gewinnen zu lassen." Dass man beim sechsten WM-Lauf in Österreich dennoch die richtige Entscheidung traf, wegen der man sich heute vor dem FIA-Sportgericht rechtfertigen muss, davon ist Todt nach wie vor überzeugt. Sein Argument: "Österreich war erst das sechste Rennen in der Meisterschaft und unser Vorsprung war kleiner als er es jetzt ist, weshalb wir eine andere Strategie verfolgen mussten als wir dies nun tun müssen, wo Michael nach neun Rennen einen Vorsprung von 46 Punkten in der Fahrerweltmeisterschaft hat."
Da man nun das Risiko, dass die Konkurrenz einen doch noch schnell einholen könnte, wenn man eine Pech-Strähne haben sollte, minimiert hat, konzentriert man sich nun darauf auch Barrichello zum Vizeweltmeistertitel zu verhelfen, verriet Todt weiter. Einen Zweikampf, Mann gegen Mann, zwischen Barrichello und Schumacher, wird es zur Enttäuschung vieler Fans in den noch ausstehenden Rennen aber nicht geben. Bei Ferrari zählt nämlich das Gesamtziel, welches Gewinn der Fahrerweltmeisterschaft mit Michael Schumacher und erneut Konstrukteursweltmeister zu werden lautet. "Es wird kein Ferrari-Pilot gegen den anderen kämpfen, wir treten gegen zehn andere Teams an, nicht jedoch gegen uns selbst", ließ Todt von einem "Nichtangriffspakt" wissen der den eigenen Interessen diene.
Die Konkurrenz sollte genauso hart arbeiten wie wir, empfiehlt der Ferrari-Sportdirektor
Da die auf einer Zwei-Stopp-Strategie setzenden Ferrari-Piloten im Rennen so dominant waren und den Vorsprung in der Markenwertung dank des Doppelerfolges weiter ausbauen konnten, glaubt Jean Todt, dass es für die Konkurrenz schwierig ist mit der gegebenen Situation umzugehen. Allerdings hat der 56-Jährige für die Gegner auch einen Ratschlag parat wie sie dafür sorgen könnten dass es Schumacher und Barrichello auf der Rennstrecke und den Fans vor Ort und zuhause nicht langweilig wird: "Wenn die anderen vor uns liegen wollen, dann müssen sie eben genauso hart arbeiten wie wir es mit Bridgestone getan haben. Es ist ihr Problem. Wir treten gegeneinander an, um herauszufinden welches das stärkste Team ist, welches wir im Moment sind."
Teaminterne Harmonie wichtig, Verstöße gegen Entscheidungen nicht geduldet
Befragt wann während des 60 Runden langen Rennens die Entscheidung getroffen wurde dass sich beide Ferrari-Piloten nicht angreifen und nur noch ihre Positionen halten sollten, erklärte Todt, dass man diese Entscheidung nach dem zweiten Boxenstopp getroffen hatte als man über eine Minute Vorsprung auf den an dritter Position liegenden Fahrer hatte. Wenngleich Michael Schumacher sicherlich gerne seinen Heim-Grand Prix gewonnen hätte, so gab es - ganz im Gegensatz zum Großen Preis von Österreich - zu keinem Zeitpunkt Funkverkehr zwischen dem Kommandostand und den Piloten wo man einen Positionswechsel diskutierte. Musste es auch nicht: "Die Fahrer wissen und akzeptieren dass für uns das Abschneiden von Ferrari an erster Stelle steht. Wichtig ist, dass zu keinem Zeitpunkt jemand gegen die Interessen des Teams verstößt. Im Augenblick sind wir mit der gegenwärtigen Situation im Team zufrieden. Wir hoffen, dass wir den Level an Leistungsfähigkeit wie wir ihn jetzt zeigen noch einige Saison halten können, doch es wird sehr schwierig werden", verriet Todt sinngemäß, dass eine Ferrari-Ära das Ziel sei man aber immer auf der Hut vor der Konkurrenz sein müsse.
Bei dem einen oder anderen Fan mag solch eine angestrebte, über mehrere Saisons dauernde, Ferrari-Dominanz schon Befürchtungen einer "Formel Langeweile" wecken, doch dies wurde auch schon vor dem Beginn dieser Saison befürchtet. Dass sich das Blatt schnell wenden kann, zum Beispiel durch die Reifen, hat sich im Verlauf dieser Saison und auch in der Geschichte des Motorsports gezeigt. Letztendlich ist aber die Konkurrenz gefordert den Abstand auf das Team aus Maranello zu verringern.